Es ist ein Spagat, den die Stadt Zürich Anfang Jahr versucht hat. Sie informierte die Öffentlichkeit über den Stand der Planung der Rad-WM, die vom 21. bis 29. September 2024 stattfinden wird. Allerdings darf der WM-Parcours, so will es der Weltverband UCI, erst sechs Monate vor den Titelkämpfen offiziell vorgestellt werden.
Die Zürcher können aufgrund der politischen Prozesse aber nicht so lange zuwarten: Sie müssen ihre Verkehrsweisungen kommunizieren, sprich die Strassensperrungen. Auf dass genug Zeit bleibt, um auf mögliche Einsprachen einzugehen.
Der Spagat besteht darin, dass die Stadt mitteilt, welche Strassen für den Verkehr gesperrt werden – dabei jedoch die tatsächliche Rennstrecke nur andeutungsweise skizziert.
Wer aber einigermassen ortskundig ist, kann sich aufgrund der Angaben sehr genau zusammenreimen, wo sie durchführen wird.
Sehenswürdigkeiten am Streckenrand
Dabei handelt es sich um einen spannenden Rundkurs, der vom Zielgelände beim Bellevue an den Sehenswürdigkeiten Münsterhof, Limmatquai und Kunsthaus vorbeiführt, ehe die Strecke steil die Zürichbergstrasse hochgeht und von da weiter Richtung Witikon. Via Zumikon, Küsnacht und Zollikon vollführt der Parcours eine 25 Kilometer lange Runde zurück zum Ziel.
Das verspricht Spektakel, insbesondere mit der steilen Steigung der Zürichbergstrasse, die auch die weltbesten Bergfahrer reizen könnte. Zugleich ist die Rampe so weit vom Ziel entfernt, dass auch weniger bergfeste Fahrer eine Chance haben dürften, bis zum Ziel hin wieder aufzuschliessen.
Dutzende von Einsprachen
Über solche Rennfinessen mag sich rund eineinhalb Jahre vor der Rad-WM aber kaum jemand Gedanken machen in Zürich. Vielmehr sind es die Strassensperrungen, die zu reden geben.
Dass das Quartier Witikon aufgrund seiner Lage während fünf Tagen einigermassen eingeschlossen sein wird, ist klar. Die Stadt stellte zusätzliche Buslinien in Aussicht.
Betroffen sind von den Sperrungen der Individual- und der öffentliche Verkehr: Velofahrende werden ausserhalb des Rennparcours kaum mit Einschränkungen rechnen müssen.
Tatsächlich gingen zahlreiche Rekurse ein. Gegenüber der NZZ sprach das Sicherheitsdepartement der Stadt von 68 Einsprachen gegen die Verkehrsführung, konkret auch vom Kinderspital.
Letzteres überraschte, weil die Stadt mit allen Spitälern vorab die Strecke diskutiert hatte. Bereits an der Medienorientierung war festgehalten worden, dass in medizinischen Notfällen Szenarien bis zu einem Rennabbruch möglich seien.
Es ist nun an der Stadt, das Gespräch zu suchen und Lösungen aufzuzeigen.
Mehr als 50 Medaillensätze
Hört man die Argumente einzelner Rekurrenten, macht es auch den Anschein, als sei diesen das Ausmass der Rad-WM nicht bewusst. Sie gehört zu den grössten jährlich stattfindenden internationalen Sportwettkämpfen.
Das Zürcher OK rechnet mit 1300 Athletinnen und Athleten sowie mit 750'000 bis 850'000 Fans. Insgesamt werden im Herbst 2024 auf dem Sechseläutenplatz mehr als 50 Medaillensätze vergeben, weil erstmals die Rad- und die Paracycling-WM im gleichen Event durchgeführt wird.
Neben Zürich starten Rennen auch in Winterthur, Uster und Gossau. Im Vergleich zur Stadt blieben auf kantonaler Ebene die kritischen Stimmen nach den veröffentlichten Verkehrseinschränkungen rar.
Erstens, weil die Stadt verkehrstechnisch deutlich stärker von der WM betroffen sein wird. Und zweitens, weil die kantonale Sicherheitsdirektion von Regierungsrat Mario Fehr die Weisung still und leise am Freitag vor den kantonalen Wahlen kommunizierte.
Damit über die WM im Vorfeld nicht nur geklagt wird, sind Begleitmassnahmen in Planung. Einige sollen bald anlaufen. So wurde für Mai eine «Zürich Cycling Challenge» angekündigt, bei der es darum geht, sich auf Abschnitten der einstigen «Züri-Metzgete» sowie der WM-1923-Strecke mit anderen zu messen. Überdies plant das OK ein digitales Angebot von Radstrecken für jedes Niveau.