Eine Kultmarke kehrt zurück

Nach dem Konkurs der Herstellerfirma Velobaze im Jahr 2021 verschwand die Marke MTB Cycletech. Nun ist sie auferstanden – unter der Ägide des langjährigen Inhabers und Hauptaktionärs George Merachtsakis.

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Peter Hummel
16.11.2022

MTB Cycletech ist wohl die traditionsreichste Mountainbike-Marke der Schweiz. 1984 wurde sie vom US-Schweizer Butch Gaudy gegründet und war jahrelang Kult, weil er es trefflich verstand, den «Westcoast-Spirit» mit eigenständigem Swiss-Design zu vereinen.

2012 kam es zum Abgang des Gründers Gaudy. Kurz darauf sollte die Umstellung auf eine Produktion nach Kundenwunsch in Bassersdorf am Stadtrand von Zürich den Adler – das traditionelle Logo der Marke – wieder auf profitable Flughöhe bringen. 2020 schied der langjährige CEO George Merachtsakis selber aus. Er wurde von den zu Hilfe geholten Financiers ausgebootet. 

Die neuen Mehrheitsaktionäre machten die Rechnung aber ohne den Wirt: Weil Merachtsakis im alleinigen Besitz der Markenrechte war, untersagte er ihnen gerichtlich die weitere Verwendung dieses etablierten Brands. Der plötzliche Konkurs von Velobaze als Herstellerfirma von MTB Cycletech im Frühling 2021 machte diese Klage aber obsolet.

Merachtsakis hatte inzwischen längst zur Revanche ausgeholt: Statt sich seiner baldigen Pensionierung zu erfreuen, hatte er in Fehraltorf, 13 Kilometer vom bisherigen Standort entfernt, die Firma Revolt Zycling gegründet und nochmals eine ähnliche Etagenproduktion zur Herstellung von MTB-Cycletech-Velos aufgebaut, von der Lackierung bis zur kompletten Montage. Bei seinen früheren Lieferanten hatte er zeitig das Material bestellt, zudem konnte er die Konkursmasse von Velobaze en bloc aufkaufen.

Lieferfrist: zwei Wochen

Während die ganze Industrie über Lieferengpässe stöhnte, war Merachtsakis dadurch in der komfortablen Lage, in den vergangenen Monaten Velos auf Wunsch auszuliefern. Dies bewog viele treue MTB-Cycletech-Händler, ihre zwischenzeitlichen Vorbehalte abzulegen und beim neu-alten Produzenten wieder zu ordern, zumal in den drei Kategorien Touring, City und E-Bikes die bisherige Modellvielfalt geboten wurde – darunter viele MTB-Cycle­tech-Klassiker wie «Andale», «Oxymoron», «Papalagi» oder «Tool», aber auch die preisgekürten E-Bikes «Code» und «Souplesse».

Die Stromvelos machen inzwischen auch bei MTB Cycletech einen Anteil von mehr als der Hälfte aus – Tendenz stark steigend mit der Erweiterung durch die Premium-Linie «Opium». Um die schnellen Elektrovelos ordnungsgemäss in den interessanten Benelux-Markt exportieren zu können, soll durch den TÜV die EU-Zulassung als «Kraftfahrzeughersteller» erworben werden.

In diesem Raum sollen in nächster Zeit einige Dutzend neue Händler dazustossen; gegenwärtig verzeichnet MTB Cycletech etwa 80 Händler in der Schweiz, ein Dutzend in Deutschland, zwei in Österreich und einen in Belgien.

Der Betrieb von Revolt Zycling ist noch sehr schlank und umfasst lediglich zehn Personen. Auch ein knappes Jahr nach Betriebsaufnahme sei die Lieferfähigkeit immer noch ausserordentlich gut, beteuert Merachtsakis, im Normalfall werde innert zwei Wochen geliefert.

Einzig gewisse Shimano-Teile seien auch in Fehraltorf Mangelware; um die Kunden trotzdem schnell bedienen zu können, werde gelegentlich ein Velo ohne solche Shimano-Komponenten ausgeliefert, falls der Händler bereit sei, sie über eigene Kanäle zu beschaffen.