Kultmarke im personellen Umbruch

Eklat bei MTB Cycletech: Butch Gaudy, Begründer des Berner Labels, wurde von seinem langjährigen Arbeitgeber und Markeninhaber George Merahtzakis freigestellt. Anfängliche Hoffnungen auf eine Einigung auf Mandatsbasis haben sich zerschlagen.

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Peter Hummel
28.03.2012

Butch Gaudy gilt als Pionier und Doyen der Schweizer MTB-Szene. 1981 brachte er als einer der Ersten das Mountainbike nach Europa. Weil er vor zehn Jahren nach dem Scheitern der Marke Cilo einen schlagkräftigen Vertrieb suchte, schloss er sich der Firma Velobaze in Schlieren an. Dieser kam nach der damaligen Ungewissheit um GT eine andere reputierte Bike-Marke gerade gelegen. Gaudy trat die Markenrechte gegen eine jährliche Lizenzgebühr ab, blieb aber Marken- und Produktverantwortlicher am angestammten Domizil Bern. Inhaber George Merahtzakis unterschied sich mit seinem kaufmännisch orientierten Naturell ziemlich von Butch, dem Kreateur – ein Gespann, das sich scheinbar ideal ergänzte. Gleichwohl war es schon länger ein offenes Geheimnis, dass das grosse Potenzial und der Kultstatus der Marke nicht mit den relativ bescheiden gebliebenen Stückzahlen korrelierten.

Die Zäsur

Letztes Jahr offenbarte sich dem Umfeld, dass die Chemie definitiv nicht mehr stimmte. Hauptstreitpunkt war das Aufgleisen des internationalen Vertriebs des revolutionären E-Bike-Projekts GreenWheel. Vor diesem Hintergrund kam es zum Bruch: Auf Jahresende flatterte Gaudy die Kündigung per Ende März mit sofortiger Freistellung ins Haus, was er gleichwohl als Schlag ins Gesicht empfand. Eine wahrlich schlechte Regie, nachdem «Mr. MTB Cycletech» anlässlich seines letztjährigen 60. Geburtstags ja selbst die Absicht hegte, nächstens kürzertreten zu wollen. In der Velobranche gibt es kaum eine Marke, die so stark mit ihrem Spiritus Rector verbunden war wie MTB Cycletech mit Butch Gaudy.

Wie weiter?

So sorgt man sich vor allem um die Zukunft: Wer tritt anstelle von Gaudy als Nachfolger in die grossen Fusstapfen? Mit der Spezifizierung für 2013 ist nun Kilian Iannucci betraut, der schon seit zwei Jahren dem PM assistierte. Anfangs bestand dennoch eine gewisse Hoffnung, dass sich die beiden auseinandergelebten Partner nochmals zusammenraufen würden, da sie ja beide ein wirtschaftliches Interesse am Gedeihen der Marke haben. Eine angedachte Mediation kam aber nicht zustande, weil George Merahtzakis auf der Kündigung beharrte. Stattdessen haben nun die Anwälte das Sagen.

Mit Verkaufsleiter Markus Zuber und Entwickler Tinu Schütz sind zwei wichtige Köpfe der ersten Stunde weiterhin aktiv. Sie trugen im Hintergrund stets einen wesentlichen Teil zum Erfolg der Marke bei. Zuber ist neuerdings noch mit Kommunikationsaufgaben betraut: Tinu Schütz, dem es etwa zu verdanken ist, dass MTB Cycletech als wohl kleinste Marke mit einem Mountainbike von Weltlevel aufwarten kann (Modell «Opium»), will angefangene Aufgaben fürs laufende Modelljahr zu Ende führen. Eine weitere Tätigkeit für Velobaze lässt er aber noch offen.

Merahtzakis blickt in die Zukunft

Ungeachtet, wie gross die personelle Zäsur schliesslich sein wird, gibt sich Merahtzakis selbstbewusst: «Es bleibt unser Anspruch, hochwertige, stilsichere Fahrräder mit einem herausragenden Design herzustellen.» Zudem würden die Händler von «Änderungen im Fertigungsprozess» profitieren. Konkret ist damit gemeint, dass er auf nächstes Jahr das seit Längerem verfolgte Projekt einer Schweizer Montage endlich realisieren will.

Bei der kürzlich in Konkurs gegangenen Mondia Fahrrad AG in Strengelbach (die allerdings unter der Zweitfirma Mondia Vertriebs AG weiterproduziert) böte sich derzeit eine ideale Gelegenheit dazu. Zum andern betont Merahtzakis, dass seine Firma ja nicht mit MTB Cycletech stehe und falle: Im Vertrieb seien auch noch die Marken GT (auf die mehr als die Hälfte des letztjährigen Absatzes von 9000 Velos entfalle), Yakkay, Solo, Derny und Gocycle, die von den Veränderungen bei MTB Cycletech nicht betroffen sind.

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www.mtbcycletech.com