Braucht es eine Fahrprüfung für E-Biker? Die Antwort lautet nein!

Das Astra will mit der Einführung einer Fahrprüfung die steigenden E-Bike-Unfälle reduzieren. Dabei gäbe es bereits heute genügend Möglichkeiten, um die Verkehrssicherheit zu verbessern.

Fabian Baumann, Redaktor (fabian.baumann@velojournal.ch)
Kommentar, 13.11.2023

Das Bundesamt für Strassen Astra will E-Bikerinnen und -Biker eine Fahrprüfung absolvieren lassen. Diese Massnahme soll die Elektrovelounfälle auf Schweizer Strassen senken und somit zur Verkehrssicherheit beitragen.

Derzeit lässt das Bundesamt prüfen, ob die Vorteile einer Fahrprüfung für E-Bikes die Nachteile überwiegen würden. Will heissen: ob ein gesetzlich vorgeschriebener Praxistest Personen vom Umstieg auf Elektrovelos abhalten würde. Das berichteten die Sonntagszeitungen.

E-Bike-Unfälle steigen seit Jahren an

Dass die Elektrovelounfälle in der Schweiz seit Jahren zunehmen, ist unbestritten. Die Unfallstatistik spricht eine klare Sprache. Klar ist auch, dass das Astra dem Unfallgeschehen nicht tatenlos zuschauen kann.

«Dass die Elektrovelounfälle in der Schweiz seit Jahren zunehmen, ist unbestritten.»

Laut Astra verunfallten allein in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres 51 Personen mit einem schnellen E-Bike (zwei Getötete, 49 Schwerverletzte), mit einem langsamen Elektrovelo verunfallten 211 Personen (8 Getötete, 203 Schwerverletzte).

Fest steht auch, dass Seniorinnen und Senioren bei schweren E-Bike-Unfällen proportional übervertreten sind.

Ist eine Fahrprüfung die Lösung?

Dass das Bundesamt für Strassen E-Bike-Unfälle reduzieren will, ist zu begrüssen. Das Astra macht es sich aber zu einfach, wenn es dazu einfach eine Fahrprüfung für Elektrovelos einführen will.  Massnahmen, um die Verkehrssicherheit von Personen auf Elektrovelos zu erhöhen, gäbe es bereits zu genüge.

So verpflichtet das Veloweggesetz sowohl den Bund als auch die Schweizer Kantone und Gemeinden dazu, das Fahrrad als Verkehrsmittel stärker zu beachten und dafür zu sorgen, dass das Velo- und E-Bike-Fahren sicherer und einfacher wird. Die Basis dafür bildet ein nationales Velowegnetz von guter Qualität, das bis Ende des Jahres 2042 gebaut sein soll. Dass eine gute – und vor allem Fehler verzeihende – Infrastruktur massgeblich dazu beiträgt, schwere Velo- und E-Bike-Unfälle zu reduzieren, beweisen die Niederlande.

Sicherheit könnte schon heute verbessert werden

Der Bund hätte es in der Hand, bei der Umsetzung mehr Tempo zu machen und dafür zu sorgen, dass die Veloinfrastruktur in der Schweiz ihrem Namen gerecht wird. Und zwar nicht erst in 20 Jahren.

Eine weitere, sehr rasch umsetzbare Möglichkeit zur Verbesserung der Verkehrssicherheit liegt bei Temporeduktionen. Gemäss der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) ereignen sich schwere Unfälle häufig innerorts. In gut der Hälfte der Fälle sind Fussgängerinnen oder Velofahrer betroffen. Viele Todesfälle, sowie schwere Verletzungen lassen sich laut BfU mit einer einfachen Massnahme verhindern: generelles Tempo 30 innerorts.

«Das Astra täte gut daran, vorhandene Lösungsansätze zu wählen und voranzutreiben, anstatt die Probleme auf die individuelle Ebene zu verschieben.»

Verhältnismässig einfach umsetzbar, bislang in der Schweiz aber chancenlos, wäre auch die Einführung eines Mindestüberholabstands für Velo- und E-Bike-Fahrende. Länder wie Österreich, Frankreich oder Spanien machen vor, dass eine solche Regelung problemlos einführbar ist.

Die Möglichkeiten, E-Bike-Fahrende im Strassenverkehr besser zu schützen und damit schwere Unfälle zu reduzieren, sind da. Das Astra täte gut daran, vorhandene Lösungsansätze zu wählen und voranzutreiben, anstatt die Probleme auf die individuelle Ebene zu verschieben und Fahrprüfungen für E-Bikerinnen zu fordern.

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