Laurens van Rooijen,
Autor
(lvr@cyclinfo.ch)
News,
06.12.2022
Zwei Jahre lang hätten die Fahrradhändler jedes Velo und E-Bike zweimal verkaufen können. Nun hat der Wind gedreht. Die Lager von Herstellern und Händlern sind randvoll. Das sind die Gründe dafür.
Laurens van Rooijen,
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(lvr@cyclinfo.ch)
News,
06.12.2022
Leere Lager sind passé, die Regale der Velo- und Komponentenhersteller sind voll. (Foto: Laurens van Rooijen)
Die Corona-Pandemie der letzten Jahre sorgte in der Velobranche zunächst für eine Goldgräberstimmung. Doch während die Nachfrage nach Velo und E-Bikes enorm hoch war, konnten die Hersteller in China und Südostasien sowie in Europa mit der Produktion nicht Schritt halten.
Und weil die Warenversorgung in den Jahren 2020 und 2021 ungenügend war, setzten Fachhändler wie Importeure auf eine weitere Erhöhung ihrer Vororder. Dadurch sah sich die Veloindustrie noch grösseren Rückstanden an Bestellungen gegenüber, die Lieferzeiten stiegen weiter an.
Spätestens mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine und der sich akzentuierenden Energiekrise zeigte sich, dass die Rechnung vieler Akteure in der Velobranche nicht aufging. Als Folge des Kriegs in der Ukraine stieg die Inflation markant an, während die Konsumentenstimmung absackte und grössere Anschaffungen hinausgeschoben wurden.
SRF-Wirtschaftsredaktorin Lucia Theiler hat zu den hohen Lagerbeständen in der Velobranche recherchiert. (Bild: Screenshot SRF)
Wie sich zeigt, konnten die Fahrradhersteller – egal ob in Europa oder in Asien – ihre Produktion nicht annähernd so schnell herunterfahren wie die Konjunktur in den wichtigsten Absatzmärkten auf Talfahrt ging.
Der Vergleich mit einem Öltanker in voller Fahrt drängt sich auf, bei dem weder Vollbremsungen noch schnelle Kurskorrekturen möglich sind.
«Die Accell Group, Specialized oder Trek annullierten die Bestellung von hunderttausenden von Velos und E-Bikes.»
Im Juli, als sich die Branche bei der Premiere der internationalen Velomesse Eurobike in Frankfurt am Main selbst feierte, setzten bereits die Stornierungen grosser Marken bei ihren Produzenten in Asien ein.
Ob Accell Group, Specialized oder Trek, sie alle annullierten die Bestellung von hunderttausenden von Velos und E-Bikes. In der Summe fielen so kurzfristig über 2 Millionen Einheiten aus den Orderbüchern.
Während einer Recherche-Tour des Autors in Taiwan in der Kalenderwoche 45 arbeitete keine Fabrik auf vollen Touren. Dafür können bei reduziertem Betrieb neue Angestellte angelernt werden. (Foto: Laurens van Rooijen)
Angesichts der hohen Lagerbestände bei Fachhändlern wie Importeuren in den Zielmärkten hätte es keinen Sinn gemacht, auch diese Velos noch in den Markt zu drücken. Das hätte nur die Tendenz zu ruinösen Rabattschlachten und zum Verlust von Margen weiter befeuert.
Wegen der kurzfristigen Stornierungen sitzen nun aber nicht nur die Fachhändler in den Absatzmärkten, sondern auch die Produzenten auf beunruhigend hohen Lagerbeständen. Das ist bei Gütern, die nicht klar einem Modelljahr zuzurechnen sind, weniger problematisch.
«Brancheninsider gingen vor wenigen Wochen bei Interviews in Taiwan davon aus, dass Ware für ein volles Jahr entlang der ganzen Wertschöpfungskette auf Lager liegt.»
Richtig hart trifft es die Assemblage-Betriebe, die die ganzen Komponenten und Teile einkaufen, die Rahmen lackieren und mit Aufklebern versehen und Velos wie E-Bikes nach Spezifikation aufbauen. In diese Kategorie fallen auch ganz grosse Akteure wie Giant und Merida.
Einige Hersteller haben auf Flächen wie Parkplätzen behelfsmässig grosse Zelte aufgestellt, um fertige Handelsware auf Paletten vor UV-Strahlung und Regen geschützt zu lagern. (Foto: Laurens van Rooijen)
Brancheninsider gingen vor wenigen Wochen bei Interviews des Schreibenden in Taiwan davon aus, dass Ware für ein volles Jahr entlang der ganzen Wertschöpfungskette auf Lager liegt. Und dass sich die Situation daher nicht vor Ende 2023 bessern dürfte.
Wegen steigender Zinsen und Mieten sowie höherer Heiz- und Stromkosten drohen gar Liquiditätsengpässe, die einige Marktteilnehmer in die Knie zwingen könnten. Das mag nach den Rekordjahren 2020 und 2021 seltsam klingen, ist aber eine bittere Realität.
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