Felix Schindler
News,
02.04.2024
Was passiert, wenn auf der Plattform «Bikeable» Meldungen zu Zürich erfasst werden? Der Verantwortliche für Velosicherheit bei der Stadt Zürich, Dave Durner, erklärt es und sagt, was nützt und was weniger hilft.
Felix Schindler
News,
02.04.2024
Wo gehts lang? Velofahren ist in Zürich nicht immer intuitiv. Die Plattform Bikeable möchte das ändern. (Foto: ZVG)
Sie sind eine von zwei Personen, die den Bikeable-Account der Stadt Zürich betreuen. Was passiert genau, wenn Nutzerinnen und Nutzer einen Spot auf der Plattform melden?
Dave Durner: Wir erhalten die Meldung als E-Mail und entscheiden zuerst, welche städtische Dienstabteilung zuständig ist. Was Planung und Bau betrifft, gehört eher ins Tiefbauamt, wenn es eher um Signale, Markierung und Ampeln geht, dann sind wir zuständig, die Dienstabteilung Verkehr. Das ist bei ungefähr zwei Dritteln aller Meldungen der Fall.
Wie geht es dann weiter?
Wenn es um die Sicherheit der Velofahrenden geht, kümmere ich mich normalerweise selbst darum. Sonst nehmen wir mit den zuständigen Fachleuten Kontakt auf. Sie prüfen die Meldung und teilen uns mit, ob man das Problem sofort beheben kann, ob man das Anliegen in die Planung aufnimmt oder ob man nichts machen kann.
«Sofort beheben» klingt gut. Wie oft kommt das vor?
Zugegeben, nicht sehr oft.
Das heisst: In der Regel kann man «nichts machen» oder «im Moment nichts machen»?
Das klingt jetzt schon sehr hart. Es gibt immer wieder Massnahmen, die wir direkt umsetzen können. Kürzlich schlug jemand vor, man müsste aus der Clausiusstrasse links auf den Velostreifen zwischen ETH und Uni abbiegen können. Das macht Sinn, aber gemäss der aktuellen Signalisation darf man nur rechts abbiegen. Die zuständige Projektleiterin schaute sich die Situation vor Ort an, innerhalb von 48 Stunden war die Beitafel «Ausgenommen Velo» bestellt. Sobald sie angebracht ist, veröffentlichen wir auf Bikeable ein Foto davon.
Sie gehen immer vor Ort?
Nicht immer, aber oft. Wie gefährlich eine Situation ist, kann man nicht vom Schreibtisch aus beurteilen.
«Es gibt immer wieder Massnahmen, die wir direkt umsetzen können.»
Daver Durner, Verantwortlicher Velosicherheit, Stadt Zürich
Was ist ein typisches Beispiel für eine Meldung, bei der man nichts machen kann?
Kürzlich regte jemand an, einen Velostreifen auf der Bergstrasse zu machen. Damit wir einen Velostreifen auf einer Spur realisieren können, auf der auch ein VBZ-Bus fährt, brauchen wir mindestens 4,5 Meter Platz, in Kurven mehr. Wenn wir dort einen Velostreifen markieren, kann der 33er-Bus den übrigen Verkehr nicht mehr kreuzen. Aber: Auf der Bergstrasse wird Tempo-30 eingeführt, das wird die Situation deutlich entschärfen.
Dave Durner ist Verantwortlicher Velosicherheit bei der Stadt Zürich. (Foto: Felix Schindler)
«Geht nicht» hören die Velofahrenden sehr oft, seit Jahrzehnten schon.
Ich verstehe den Ärger. Ich möchte auch, dass es schneller vorwärts geht. Aber wir müssen unterschiedliche Interessen gegeneinander abwägen. Die kleinen Randsteine sind für Velos ärgerlich. Für Menschen, die sich mit einem Blindenstock orientieren müssen, sind sie wichtig. Und wenn der Ausbau der Veloinfrastruktur mit den Interessen des öffentlichen Verkehrs kollidiert, dann kommen weitere Herausforderungen dazu.
Müsste die Stadt Zürich nicht auch mal unkonventionelle Lösungen in Betracht ziehen? In Groningen zum Beispiel werden viele Kreuzungen so geregelt, dass die Velofahrenden aus allen Richtungen gleichzeitig fahren können, während alle Autos stehen bleiben.
Rundumgrün funktioniert gut für Velo- und Fussverkehr, ist in der Schweiz aber rechtlich nicht vorgesehen. Das kann blöd herauskommen, wenn man es trotzdem macht. Ein Beispiel: Die Stadt entwickelte unkonventionelle, aber gut funktionierende Markierungen für Tempo-30-Zonen. Später entschied ein Gericht, dass die städtischen Markierungen nicht den Vorgaben des Bundes entsprechen. 2005 mussten die sinnvollen Markierungen für 1 Million Franken durch konforme Markierungen ersetzt werden. Das heisst: Auch unkonventionelle Lösungen führen nicht unbedingt zum Ziel.
Zurück zu Bikeable: In den Meldungen werden Sie gelegentlich frontal angegriffen. Wie gehen Sie damit um?
Manche Beiträge mögen etwas angriffig sein, aber ich halte auch diese für wichtig. Es braucht Leute, die immer und immer wieder darauf hinweisen, wo die Mängel sind, wo es Verbesserungspotenzial gibt. Es ist ok, wenn diese Leute genervt sind.
Lässt sich zwischen den Zeilen nicht gelegentlich eine gewisse Frustration herauslesen?
Es kommt schon vor, dass ich gewisse Meldungen nicht mehr nachvollziehen kann, aber das kommt relativ selten vor.
Zum Beispiel?
Wenn der Ton sehr abschätzig wird, ist das nicht unbedingt hilfreich. Ich leite die Meldungen an die zuständigen Fachleute weiter. Wenn diese als Idioten bezeichnet werden, löst das eine gewisse Abwehr aus.
Manchmal bleiben Meldungen auch unbeantwortet. Warum?
Bikeable ist nicht immer der richtige Kanal. Meldungen über falsch parkierte Autos sind bei der Stadtpolizei besser aufgehoben. Bei fehlenden Veloabstellplätze würden wir gerne reagieren, aber unsere Ressourcen sind beschränkt und müssen sicherheitsrelevante Probleme priorisieren.
«Die grösseren Probleme kennen wir. Aber durch Bikeable erfahren wir oft sehr schnell von akuten Mängeln. Die Meldungen helfen aber auch dabei zu verstehen, wo den Leuten der Schuh drückt.»
Dave Durner
Worauf sollte man achten, wenn man einen Beitrag schreiben möchte, der möglichst viel bewirkt?
Abgesehen von einer sachlichen und möglichst präzisen Schilderung des Problems: Bitte prüft, ob eine Meldung bereits erfasst wurde. Mehrere Meldungen zum gleichen Thema beanspruchen mehr Ressourcen, aber am Ende ist das Ergebnis dasselbe. Das gleiche gilt für identische Meldungen auf Bikeable und Züri wie neu. Das führt nur zu Doppelspurigkeiten.
Unter dem Strich: Wie viel profitieren die Velofahrenden von der Zusammenarbeit zwischen Bikeable und der Stadt Zürich?
Die grösseren Probleme kennen wir. Aber durch Bikeable erfahren wir oft sehr schnell von akuten Mängeln. Die Meldungen helfen aber auch dabei zu verstehen, wo den Leuten der Schuh drückt. Und schliesslich können wir als Stadt Zürich auch zeigen, dass wir die Leute ernst nehmen.
Welche Entwicklung würden Sie sich wünschen, damit die Wirkung der Plattform verbessert werden kann?
Je mehr Leute die Plattform nutzen, desto besser wird sie. Und je mehr Gemeinden mitmachen, desto relevanter wird sie für die Velofahrerinnen und -fahrer. Viele Leute pendeln mit dem Velo auch aus angrenzenden Gemeinden wie Kilchberg oder Opfikon in die Stadt Zürich. Wenn sie einen Spot melden, der diesseits der Stadtgrenze liegt, wird die Verwaltung aktiv – ein paar Meter weiter passiert nichts. Es wäre toll, wenn die politischen Grenzen für die Velofahrenden keine Rolle spielen würden.
Felix Schindler arbeitet für Moveable: Der erste Schritt zu nachhaltigen und lebenswerten Städten ist die Förderung der aktiven Mobilität. Deshalb unterstützt Moveable Städte dabei, ihre Infrastruktur für aktive Mobilität sicher und attraktiv zu gestalten. Als gemeinnütziger und politisch unabhängiger Verein entwickelt und betreit Moveable Plattformen zur Förderung von aktiver Mobilität.
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