OBike: Vom Container in die Mulde

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Laurens van Rooijen
30.04.2018

Im vergangenen Sommer tauchten sie praktisch über Nacht in verschiedenen Schweizer Städten auf. Mit ihren graugelben Velos sorgte die Bikesharingfirma OBike für einigen Wirbel. Aus den Expansionsplänen des Anbieters scheint nun aber nichts zu werden. Laut der Zeitung «Der Landbote» werden viele der Velos nie auf Schweizer Strassen unterwegs sein, sondern gleich wieder verschrottet.

In China sind stationslose Bikesharingsysteme in den vergangenen Jahren rasant gewachsen. Bei Anbietern wie Ofo und Mobike sind bedeutende Tech-Firmen als Investoren eingestiegen, und Mobike wurde von der UNO gar mit dem Nachhaltigkeitspreis «Champions of the Earth» ausgezeichnet.

Während die Bikesharinganbieter dem Velo als Verkehrsmittel zu einem neuen Leben in China verholfen haben, ist ihr Geschäftsgebaren oft alles andere als nachhaltig: Um weitere Investoren anzuziehen und Konkurrenten zu verdrängen, ist rasches Wachstum gefragt (siehe auch «Milliarden-Deal»). Und weil in den meisten Städten Chinas schon ein Überangebot an Leihvelos bereitsteht, rückt die weltweite Expansion ins Zentrum.

Das gilt so auch für die Firma OBike aus Singapur, deren graue Velos mit orangegelbem Kettenkasten bereits in vielen Städten der Schweiz und Europas unterwegs sind. Gefertigt werden die günstigen Alltagsvelos in China, und nach Europa gelangen sie per Containerschiff über den Hafen Genua. Wegen der verkehrstechnisch günstigen Lage hat OBike in einer alten Lagerhalle im Winterthurer Vorort Hegi ein Lager aufgebaut, das schon bald aus allen Nähten platzte.


Auf die in Winterthur-Hegi gelagerten OBikes warten keine Radlerinnen und Radler, sondern der Schrottplatz. 

Der Plan war ursprünglich, diese Velos Schritt für Schritt im Rahmen der Expansionsstrategie in verschiedenen Schweizer und europäischen Städten in Umlauf zu bringen. Wie «Der Landbote» berichtet, scheint diese Expansion aber nicht wie geplant in Gang zu kommen. Darum habe OBike bis zu 7000 Leihvelos, die in Winterthur-Hegi Staub ansammelten, an einen Zürcher Schrotthändler verkauft, welcher den Posten sogleich an eine Altmetallverwertungsfirma in Osteuropa veräusserte. Somit dürften Tausende Velos nie in den Verkehr gelangen, sondern gleich wieder in die Mulde wandern – aus ökologischer Sicht höchst bedenklich.

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Fotos: Fabian Baumann, ZVG