Überraschung an der Eurobike

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Laurens van Rooijen
16.07.2018

Die weltgrösste Velomesse Eurobike hat immer wieder Überraschungen zu bieten. Dieses Jahr verblüffte die dänische Firma Ceramicspeed mit ihrem neuartigen Antriebssystem die gesamte Fahrradwelt.

Seit den 40er-Jahren des 20. Jahrhunderts, also seit fast 80 Jahren, dominieren an sportlichen Velos Antriebe, bei denen eine Kette mithilfe eines Schaltwerks und eines Umwerfers auf verschiedene Ritzel und Kettenblätter gelegt wird. Solche Systeme bieten einen hohen Leistungsgrad und eine beachtliche Übersetzungsbandbreite bei tiefem Gewicht. Dafür bedürfen sie aber auch regelmässiger Pflege. Und je mehr Ritzel die Hersteller auf die Hinterachse packen, desto ungünstiger wird der Winkel, in dem die Speichen vom Nabenflansch abgehen.

Die dänische Firma Ceramicspeed hat sich bisher damit beschäftigt, diese konventionellen Antriebssysteme zu optimieren – etwa mit Nachrüst-Umwerferkäfigen, deren deutlich überdimensionierte Umlenkrollen entscheidende Wattzahlen einsparen helfen. Das jüngste Projekt, mit dem Ceramicspeed nun an der Eurobike für Aufsehen sorgte und einen der Eurobike Awards zu gewinnen vermochte, nennt sich «Driven» und geht nochmals deutlich weiter.

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In diesem Video des britischen Rennradportals Road.cc wird die Funktion des «Driven»-Antriebs erklärt.

Der Antrieb, den Ceramicspeeds Chief Technology Officer Jason Smith zusammen mit dem Maschinenbau-Institut der Universität Colorado entwickelt hat, kommt ohne Kette oder Schaltwerk aus – und bietet dennoch dreizehn Gänge. Das eigentliche Herzstück des «Driven»-Antriebs ist die Antriebswelle aus Carbon. An deren Enden greifen insgesamt 21 kleine Kugellager in das mit passenden Aussparungen versehene Kettenblatt.

Ceramicspeed Driven
Der neu entwickelte «Driven»-Antrieb von Ceramicspeed am Prototyp eines Zeitfahrvelos. 

Die dreizehn Gänge sind nicht wie bei einer konventionellen Kassette in axialer Richtung aufgereiht. Stattdessen nutzt Ceramicspeed das Hebelgesetz: Je weiter weg von der Achse die Welle greift, desto leichter fällt der Gang aus. Laut Jason Smith beträgt der Wirkungsgrad des Antriebs 99 Prozent – nicht zuletzt dank der geringen Reibung der verwendeten Lager.

Auf eigene Faust werden die Dänen diesen Antrieb aber nicht in Serie bauen können. Eine ganze Reihe von Topmanagern und Entwicklern grösserer Firmen sollen sich das «Driven»-System jedoch sehr genau angeschaut haben. So kann es durchaus sein, dass der Antrieb dereinst an Serienvelos zum Einsatz kommt.

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Velojournal 4/2018:
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Fotos: ZVG