Das Rennen ist fast Nebensache

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14.05.2018

An den Bike Days in Solothurn fand die erste «E-MTB Challenge» der Schweiz statt. Das Format ist eine Mischung aus Enduro-Rennen, Postenlauf und gemeinsamer Ausfahrt. Und macht viel Spass.

Die Eckdaten des Rennens sind schnell erklärt. Es gibt sechs Wertungsprüfungen – genannt Stages – zu absolvieren. Dazwischen müssen insgesamt zehn Orientierungspunkte gefunden werden. Alle Stages werden gegen die Uhr gefahren. Wer die schnellste Gesamtzeit hat, gewinnt. Für den Transfer gibt es kein Zeitlimit. Wird aber ein Orientierungspunkt ausgelassen, gibt es eine Strafe von zehn Sekunden. Eine den Fahrerinnen und Fahrern am Start ausgehändigte Karte zeigt die Punkte, die es anzupeilen gilt.

Beim Start auf dem Festivalgelände der Bike Days in Solothurn herrscht eine entspannte Atmosphäre. Gut die Hälfte der rund 60 Teilnehmenden startet in der schnellen «Advanced»-Kategorie. Ich bin als «Amateur» gemeldet, was gleich doppelt stimmt: Weder bin ich je auf einem E-Mountainbike gesessen, noch habe ich viel Ahnung vom Biken an sich.


Lockere Start-Atmosphäre

Dass die «E-MTB-Challenge» eine gemeinsame Ausfahrt ist, kommt mir von Anfang an zugut. Vom Start bis ins Ziel bin ich in Gesellschaft von Redaktionskollege Dominic Redli und Fabian Obrist, der das Rennen als «Advanced»-Fahrer bestreitet. Der Niveauunterschied zwischen uns spielt auf den Transferstrecken so gut wie keine Rolle. Die Elektromotoren der Mountainbikes zeigen sich als grosse Nivellierer.

Ganz anders bei den Wertungsprüfungen. Bereits die erste hat es in sich. Es ist eine Uphill-Stage. Auf einem kniffligen Kurs mit engen Kurven und Wurzeln gehts aufwärts durch den Wald. Der Elektromotor hilft ordentlich beim Anstieg. Fahrtechnik und Bikebeherrschung ersetzt er aber nicht. Doch genau diese sind nötig, um hier zu bestehen. Kollege Redli legt die erste Stage als erfahrener Mountainbiker 30 Sekunden zügiger als ich zurück. Und Fabian Obrist, der früher mit Lizenz Querrennen bestritt, nimmt mir fast eine Minute ab. Chapeau!

Auch auf der zweiten Stage gehts aufwärts. Diesmal muss ich sogar absteigen und schieben; trotz Schiebehilfe am E-Mountainbike ein rechter Murks. Nach der zweiten Wertungsprüfung führt uns die Strecke auf der Suche nach den nächsten Orientierungspunkten auf den Weissenstein. Der Weg auf Solothurns Hausberg ist steil, ein Strassenschild warnt vor 22 Prozent Gefälle. Doch der eingebaute Rückenwind lässt uns mehrere hundert Höhenmeter mühelos bezwingen. Fast schamlos überholen wir einen Gümmeler, der sich schnaufend den Berg hoch kämpft. Wir aber plaudern entspannt und haben Musse, die eindrückliche Landschaft des Solothurner Juras zu bewundern.


«Snack Zone» mit Aussicht auf tiefer liegende Gefilde. 

Nach einer Rast in der «Snack Zone» gehts bergab. Der Transfer zur dritten Wertungsprüfung führt teilweise über die Downhillstrecke des Weissensteins. Redli und Obrist legen Tempo vor. Ich hingegen merke, dass meine Komfortzone arg verschoben wird, und bin froh um die guten Bremsen des Bikes. Ich beanspruche sie sogar so stark, dass Redli mahnt: «Du musst die Bremsen zwischendurch auch mal loslassen. Deine Bremsscheiben sind schon so heiss, dass das Öl stinkt.» Mit der Zeit gewinne ich an Sicherheit und befolge seinen Ratschlag. Die Abfahrt wird flüssiger, der Spassfaktor steigt.

Die nächste Stage – eine Wertungsprüfung bergab – kann kommen. Zu meiner Überraschung ist die Downhill-Stage moderat angelegt. Kein Vergleich zur Abfahrt vom Weissenstein. Erneut zeigt sich aber, dass die Fahrtechnik und nicht das Bike die Spreu vom Weizen trennt. Das ändert sich auch auf Stage vier nicht. Wieder geht es bergab. Wieder trennen mich viele Sekunden von meinen zwei Begleitern.


Der Elektromotor hilft, doch ohne Fahrtechnik wird's nichts.

Bei der fünften Wertungsprüfung erwartet uns zunächst ein steiler und kniffliger Anstieg, danach folgt eine Abfahrtspassage. Wer im Anstieg einen Fuss auf den Boden setzt, erhält eine Zeitstrafe. Prompt erwischt es mich. Am Hang verliert mein Vorderrad die Bodenhaftung. Ich gehe aus dem Sattel. Ein kapitaler Fehler. Ich habe keinen Halt und kippe zur Seite. Erneut «darf» ich die Schiebehilfe meines E-Bikes in Anspruch nehmen.

Über die Orientierungspunkte neun und zehn gehts zurück aufs Gelände der Bike Days. Nach einer Pause wartet hier die letzte Wertungsprüfung. Es ist ein Sprint im Schanzengraben, vor den Augen des Publikums. Endlich kann ich den «Turbo»-Modus meines E-Bikes nutzen. 90 Sekunden später ist die «E-MTB-Challenge» vorbei.

Am Ende trennen mich mehr als drei Minuten vom Sieger der «Amateur»-Kategorie. Doch was solls? Gut 26 Kilometer und 1000 Höhenmeter habe ich im Sattel zurückgelegt, die tolle Landschaft rund um Solothurn genossen und viel Spass auf dem Bike gehabt. Ein rundum gelungener Nachmittag und ein Rennformat, das Zukunft hat. Der Akku des E-Bikes ist noch halbvoll. Und auch ich fühle mich nicht erschöpft. Ein kühles Bier genehmige ich mir dennoch. So viel Belohnung muss sein.

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Fotos: Sam Buchli, Dominic Redli