Wenn einer ein Reise tut …

… und eine Kamera dabei hat, kann die Idee aufkommen, einen Film zu drehen. So hat es Felix Starck gemacht, der in «Pedal the World» von seiner Weltreise erzählt. 

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Bruno Angeli
Film, 26.06.2019

Felix Starck brach 2013 im Alter von 23 Jahren mit dem Fahrrad zu einer Weltreise auf. Mit im Gepäck: seine Kamera. Aus den Aufnahmen schnitt er einen Film zusammen. Der Streifen erzielte beachtlichen Erfolg: 200 000 Zuschauer sahen ihn sich im Kino an, es gibt den Film auf DVD, und er ist sogar über den Streaming-Dienst Netflix verfügbar. Mit derart grossem Publikums­interesse hatte niemand gerechnet, zumal «Pedal the World» streng genommen gar kein Dokumentarfilm ist.

Schon bald kommt es anders

Den zu Beginn vom Macher angegebenen Wunsch, dem Sinn des Lebens auf die Spur kommen zu wollen, kann der Film nicht einlösen. Starck bleibt bei seinen in die Kamera gesprochenen Ein- und Ansichten oberflächlich. Geplant war zunächst eine zweijährige Weltreise, die Starck zusammen mit seinem Freund Flynn durchziehen wollte. Doch dann kam alles anders. Nach dem Start in Deutschland löste sich das Reisegespann bereits in Budapest wieder auf. «Jeder hat nur drei bis vier enge Freunde auf der Welt, mit denen er so eine Reise machen kann. Und selbst da würde es jeden Tag mal knallen. Wir kannten uns erst ein paar Monate. Daher war es ziemlich naiv, gemeinsam zu einer Weltreise aufzubrechen», so Starck.

Viele Fragezeichen

Gerne erführe man im Film mehr über die Hintergründe der jäh geplatzten Reisegemeinschaft. Darüber schweigt sich der Autor/Regisseur aus. Genauso wie über die weiteren Gefährten, die im Verlauf der Reise kamen und gingen. Sie bleiben im Film anonyme Begleiter. Wollte der angehende Filmemacher etwa ihre Privatsphäre schützen? Auch viele Begegnungen, von denen Starck nach seiner Rückkehr schwärmte und die er gegenüber den Medien preisgab, bleiben im Film unerwähnt. Die interessantesten Episoden erfährt man nicht im Film, sondern über die Presse. Warum verschweigt er im Film etwa jene unliebsame Begegnung mit Polizisten in Kambodscha, die ihn um seine Reisekasse brachte? Nach Erscheinen des Films kritisierten Reise­rad­experten Starck für die vielen Stunden, die er während seiner Weltreise im Flugzeug sass. Doch er ist kein typischer Velotourenfahrer. Er sieht sich als Reisenden. Gut möglich aber, dass die zahlreichen Flugetappen ein Grund für den dünnen Plot sind. Aus einem Aluminiumtubus heraus, der mit 900 km/h und auf rund 10 000 Metern Höhe unterwegs ist, gibt es nicht viel zu ­erzählen.

Neues Projekt

Dass er von seiner 365-tägigen Reise und den knapp 18 000 Kilometern durchaus etwas mitgenommen hat, erzählte er in einem Interview, das er nach seiner Rückkehr «Spiegel Online» gab: «Ich werde nie vergessen, was ich auf der Reise gelernt habe. Ich kann viel mehr wertschätzen, meckere weniger, wenn etwas mal nicht so läuft. Wenn ich etwa beim Arzt zwei Stunden warten muss, weil das Wartezimmer voll ist – vor zwei Jahren wäre ich noch ausgeflippt, heute lässt mich das kalt.» Felix Starcks aktuelles Filmprojekt nennt sich «Expedition Happiness». Dieses realisierte er zusammen mit seiner Freundin, der Sängerin Selima Taibi, bekannt auch unter ihrem Künstlerinnennamen Mogli. Dabei reisen die zwei mit einem Schulbus quer durch Amerika. Vielleicht ist das seine Reisegeschwindigkeits-Kompromisslösung.  


 


«Pedal the World»

Deutschland, 2015

Regie, Kamera, Erzähler und Hauptdarsteller: Felix Starck
Sprache: Deutsch
Bemerkungen: DVD und Streaming, z. B. Netflix