Schnelle E-Bikes: Was ihre Verbreitung hindert oder fördert

Im Vergleich zum restlichen Europa sind in der Schweiz viele schnelle E-Bikes auf den Strassen unterwegs. Der deutsche Zweirad Industrie Verbands (ZIV) versucht nun mit einer Studie herauszufinden, woran das liegt.

Laurens van Rooijen, Autor

Laurens van Rooijen, Autor (lvr@cyclinfo.ch)
News, 05.12.2023

Immer wieder wird in Politik und Medien die «Verkehrswende» erwähnt. Gemeint ist die Umgestaltung von Verkehr und Mobilität hin zu einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Fortbewegung. Dabei spielt Elektromobilität und insbesondere das Elektrovelo eine entscheidende Rolle.

Doch wenn nicht nur kurze, sondern auch mittlere Distanzen mit dem E-Bike statt mit dem Auto zurückgelegt werden sollen, führt kein Weg an schnellen Elektrovelos vorbei, in Deutschland auch als «Speed Pedelecs» oder «S-Pedelecs» bezeichnet. Nur: Der Marktanteil dieser Modelle am Gesamtmarkt für E-Bikes liegt in Deutschland bei rund einem halben Prozent.

Das Land der schnellen E-Bikes

Anders sieht es in der Schweiz aus, wo sich dieser Anteil eher um die 15 Prozent herumbewegt. Mithilfe einer Vergleichsstudie zwischen den Ländern Deutschland, Belgien, Dänemark, den Niederlanden und der Schweiz wollte der deutsche Zweirad Industrie Verband (ZIV) ergründen, warum die schnellen E-Bikes sich in anderen Ländern einer weit grösseren Beliebtheit erfreuen als in Deutschland.

Viele regulative Hürden

Ein wichtiger Befund der Studie «Wo fahren S-Pedelecs» ist, dass eine hohe Dichte an speziellen Regeln und Anforderungen, die schnelle E-Bikes näher an Motorräder als an konventionelle Velos rücken, die Verbreitung dieser Elektrovelo-Kategorie ausbremsen.

So dürfen S-Pedelecs in Deutschland nur auf Velowegen fahren, wenn dies ausdrücklich per Tafel erlaubt wird. Dazu laufen aktuell Versuche in Städten wie Tübingen und Konstanz und in Bundesländern wie Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.

Eine weitere Hürde sind technische Anforderungen wie Hupe und Bremslicht, die aus Sicht der Velobranche schlicht sachfremd sind. Hier zeigt sich exemplarisch, dass schnelle E-Bikes vom Gesetzgeber als «zweirädrige Kleinkrafträder» eingestuft und entsprechend behandelt werden.

Strenge Regeln vor allem in Deutschland

Anders als in Deutschland werden S-Pedelecs in Belgien seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2016 nicht mehr als Kleinkrafträder behandelt, sondern als eigene Kategorie.

Dies und der Boom von Leasing-Angeboten haben die Nachfrage nach schnellen E-Bikes rasant in die Höhe schnellen lassen – vor allem in Flandern.

Ähnlich ist die Situation in den Niederlanden und in Dänemark als Länder, die für fortschrittliche Veloinfrastruktur bekannt sind. In beiden Ländern wurden die Gesetze erst in den vergangenen Jahren angepasst, weshalb noch keine Evaluation seitens der zuständigen Behörden vorliegt.

In beiden Ländern wird aber Kritik laut, wonach die hohen Geschwindigkeitsunterschiede zwischen S-Pedelec-Fahrenden und anderen Veloweg-Nutzenden zu Unfällen führen könnten.

Die Schweiz als locker regulierter Pioniermarkt

In der Schweiz gelten schnelle E-Bikes seit 2012 als «Motorfahrräder» (Mofas), mit denen die Nutzung der Veloverkehrsflächen generell erlaubt ist.

Auch in Bezug auf technische Anforderungen setzt die Schweiz auf das Motto «weniger ist mehr», wodurch die Hürden zur Nutzung von schnellen E-Bikes weiter sinken. Dies trägt dazu bei, dass S-Pedelecs hierzulande über einen Marktanteil von 10 bis 15 Prozent verfügen und gerne auch für längere Arbeitswege genutzt werden. Zudem stammt ein Grossteil dieser schnellen E-Bikes von einheimischen Anbietern wie Stromer, Flyer, Tour de Suisse, Cresta oder Twinner.

Ein zentraler Befund der ZIV-Studie lautet: Je weniger Platz dem Veloverkehr auf den Strassen eingeräumt wird, desto restriktiver werden S-Pedelecs gehandhabt.

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