Laurens van Rooijen,
Autor
(lvr@cyclinfo.ch)
News,
04.12.2020
Der europäischen Velobranche stehen guten Zeiten bevor. Eine Studie von drei Fahrradverbänden prognostiziert für die nächsten Jahre enormes Wachstum. Dafür sorgen der E-Bike-Boom und Investitionen in die Infrastruktur.
Laurens van Rooijen,
Autor
(lvr@cyclinfo.ch)
News,
04.12.2020
Das Jahr 2020 war in vielen Belangen aussergewöhnlich. Die Covid-19-Pandemie hat der Fahrradbranche hohe Umsätze beschert. Die Nachfrage nach Zweirädern war stellenweise so hoch, dass manche Beobachter Velos gar scherzhaft als das neue WC-Papier bezeichneten.
Doch ist die starke Nachfrage nur ein kurzfristiges Phänomen, oder darf die Velobranche dauerhaft mit mehr Volumen und höheren Umsätzen rechnen? Der Industrieverband Cycling Industries Europe (CIE) hat zusammen mit dem europäischen Branchenverband Conebi und der Velo-Lobby European Cyclists’ Federation (ECF) eine neue Methode erarbeitet, um das künftige Marktvolumen aufgrund aktueller Trends sowie bereits getätigter oder angekündigter, pandemie-bedingter Investitionen in den Veloverkehr abzuschätzen.
Laut der Einschätzung von CIE, Conebi und ECF steht die Velobranche vor einer Phase starken Wachstums, getragen von E-Bike-Verkäufen und neuer Infrastruktur. (Grafik: ZVG)
Im Rahmen einer Online-Konferenz wurden am Mittwochmorgen die ersten Befunde präsentiert. Diese haben es in sich: Innerhalb der nächsten zehn Jahre erwarten CIE, Conebi und ECF, dass die Anzahl der jährlich verkauften Velos um rund 10 Millionen Einheiten auf 30 Millionen Stück anwachsen wird ‒ ein sattes Plus von 47 Prozent.
Dieses Wachstum kommt vor allem durch Verkäufe von E-Bikes zustande: Für diese sieht die Prognose ein enormes Wachstum der jährlichen Abverkäufe voraus, von 3.7 Millionen Stück im Jahr 2019 auf 17 Millionen Stück im Jahr 2030. Laut der am Mittwoch präsentierten Studie könnte die Marke von 10 Millionen verkauften E-Bikes schon im Jahr 2024 fallen.
Allein in Paris sind seit März 2020 650 Kilometer neue, abgetrennte Velospuren entstanden. Im Bild Bürgermeisterin Anne Hidalgo (Mitte) bei der Einweihung einer neuen Spur. (Foto: Henri Garat)
Ein weiterer Befund der Studie ist, dass der Abverkauf konventioneller Velos in den kommenden Jahren nicht mehr so stark unter der Konkurrenz von E-Bikes leiden wird. Für die kommenden drei Jahre erwarten CIE, Conebi und ECF im nicht elektrisierten Segment eine Stabilisierung des Marktvolumens und danach eine weniger starke Abnahme als in den vergangenen Jahren.
Und das, obwohl in zehn Jahren wohl weniger Velos ohne Hilfsantrieb verkauft werden dürften. Diese Prognosen beruhen auf der Annahme, dass weiter in die Infrastruktur investiert werden wird, um das Velofahren für alle sicherer zu machen. Allein seit März 2020 wurden in Europa insgesamt 2300 Kilometer Velospuren erstellt, wofür eine Milliarde Euro investiert wurde.
Ein Bild aus der neuen Montagehalle von Gazelle in den Niederlanden. Ein Beispiel für das sogenannte Reshoring und die Investition in die Fertigung nah an den Zielmärkten in Europa. (Foto: ZVG)
Um das prognostizierte Wachstum stemmen zu können, muss die Veloindustrie ebenfalls in den Ausbau ihrer Fertigungskapazitäten investieren. Der durch Antidumping-Strafzölle der EU verstärkte Trend zum «Reshoring», also der Rückverlagerung der Produktion von China nach Europa zwecks Erhöhung der Flexibilität, Verringerung der Lieferzeiten und Vermeidung von Zöllen, dürfte daher noch eine ganze Weile anhalten. Gespannt sein darf man zudem, ob der Ausbau der Fertigungskapazitäten auch Investoren von ausserhalb der Velobranche anlocken wird.
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