Neue Denkweise für lebenswerte Städte

Diskussionen rund um den Strassenverkehr werden oft emotional geführt. Gute Argumente fürs Velo, eine neue Mobilität und viele Hintergrundinformationen zum Thema Verkehr liefert ein Buch, das bald auf Deutsch erscheint.

Laurens van Rooijen, Autor

Laurens van Rooijen, Autor (lvr@cyclinfo.ch)
News, Kultur, 24.07.2024

Am Anfang des Buchprojekts «Gesellschaft in Bewegung» (niederländischer Originaltitel «Het recht van de snelste») stand eine ausgedehnte Recherche der niederländischen Journalistin Thalia Verkade zum Thema Staus im Berufsverkehr.

Wie viel volkswirtschaftlicher Schaden richten diese an und wie könnten diese zum Verschwinden gebracht oder zumindest stark reduziert werden? Im Zuge ihrer Recherche sprach Verkade mit Lokalpolitikern und Verkehrsplanerinnen aus verschiedenen Epochen, von der unmittelbaren Nachkriegszeit bis ins Jetzt.

Dabei kam sie auch in Kontakt mit Marco te Brömmelstroet, der am Zentrum für urbane Studien an der Freien Universität Amsterdam doziert und sich auf Socialmedia wie bei Fachtagungen als «Fietsprofessor» (wörtlich «Veloprofessor») einen Namen für pointierte Aussagen und Meinungen gemacht hat.

Lebensraum statt Strassenraum

Die Gespräche mit te Brömmelstroet veränderten Schritt für Schritt die Perspektive von Verkade: Anstatt sich technokratisch der Frage der Stauminderung anzunähern, begann sie nachzuzeichnen, wie es zur heutigen Dominanz der motorisierten Individualverkehrs kommen konnte, wo dieser an seine Grenzen stösst und wie sich der öffentliche Raum in Städten anders nutzen und umverteilen liesse.

Weg vom Primat des ungestörten und maximierten Verkehrsflusses und hin zu Strassen, die als Lebensraum und Begegnungsort auch von Kindern sicher genutzt werden können. Und die dank weniger versiegelter Flächen auch eine Funktion beim Hochwasserschutz und der Bekämpfung der Überhitzung städtischer Ballungsgebiete liefern.

Dies passt zu Forderungen nach Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit und den Stadtklima-Initiativen in verschiedenen Schweizer Städten.

Nachdenken über Mobilität

Anders als manche Vertreter der Velobranche sehen Verkade und te Brömmelstroet die Lösung nicht in smarten Velos und dem digital vernetzten Verkehr: Verkehr beruhe auf menschlicher Interaktion und diese schaffe wiederum Vertrauen.

Die Stärke des 2020 erschienen und 2022 ins Englische übersetzten Buchs liegt darin, dass die Autoren keine Patentrezepte vorlegen, sondern zu einem grundlegenden Nachdenken über unser Mobilitätsverhalten, die dadurch geprägte Sprache und die Siedlungsplanung aufrufen.

Im Oktober 2024 bringt der Verlag Marmota Maps nun eine deutsche Übersetzung unter dem Titel «Gesellschaft in Bewegung» (ISBN: 978-3-946719-49-6) auf den Markt. Der empfohlene Verkaufspreis für die Hardcover-Ausgabe mit 276 Seiten soll ca. 22 Franken betragen.

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