Das Ausmass der Misere bei Pierer Mobility

Bereits Ende Oktober hat der E-Bike-Hersteller Pierer Mobility die Umsatzprognose zurückgezogen und Restrukturierungsmassnahmen angekündigt. Nun wird das volle Ausmass der finanziellen Misere bekannt.

Laurens van Rooijen, Autor

Laurens van Rooijen, Autor (lvr@cyclinfo.ch)
News, 19.11.2024

Mit den unter dem Dach von Pierer New Mobility operierenden Marken Husqvarna Bikes, Gas Gas, Felt Bicycles und Johansson Bikes sowie der inzwischen wieder selbständig operierenden Marke R Raymon legte Pierer Mobility im E-Bike-Segment einen wahren Blitzstart hin.

Innerhalb weniger Jahre nach Markteintritt lieferte das österreichische Unternehmen bereits mehr als 100'000 E-Bikes aus – 2023 gar 157'358 Stück. Im Vergleich zu vielen Mitbewerbern fielen auch die Zahlen zum Jahr 2023 noch überraschend gut aus: Die Velosparte vermochte ihren Umsatz nochmals um ein Drittel zu steigern.

Wie sich nun zeigt, war der Abschwung aber nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. Nach der Motorrad-Abteilung rutschte 2024 auch die E-Bike-Sparte in die Verlustzone, worauf Pierer Mobility zunächst bei der Motorrad-Fertigung und dann auch bei der E-Bike-Sparte hunderte von Stellen abzubauen begann.

Pierer: Verlust in dreistelliger Millionenhöhe

Wegen des schlechten Geschäftsgangs musste Ende Oktober die Umsatzprognose für das laufende Jahr zurückgezogen werden.

Zugleich wurde der Vorstand von sechs auf nur noch zwei Personen reduziert. Im Unternehmen verblieben Stefan Pierer und Co-CEO Gottfried Neumeister.

Vergangene Woche haben österreichische Medien nun konkrete Zahlen zur Misere im ersten Halbjahr publiziert. Diese sind in der Tat alarmierend: So gab der Umsatz von Pierer Mobility im Vergleich zum Vorjahr um 27 Prozent auf EUR 1 Milliarde nach. Und nach den ersten beiden Quartalen resultierte ein Verlust von EUR 195 Millionen – im Vorjahr hatte noch ein Gewinn von EUR 96,9 Millionen resultiert.

Zu diesem Verlust trug die Pierer-New-Mobility-Sparte satte EUR 117 Millionen bei, während der Motorradbereich für weitere EUR 78 Millionen Verlust sorgte.

Schulden in Milliardenhöhe

Dies hat auch Folgen für die Nettoverschuldung: Lag diese Ende 2022 noch bei unter EUR 300 Millionen, stieg sie bis Mitte 2024 auf EUR 1,5 Milliarden an.

Laut der Bank Vontobel sei es wahrscheinlich, dass Pierer Mobility nun über den indischen Partner Bajaj Auto International Holdings oder durch die Ausgabe zusätzlicher Aktien an frisches Kapital zu gelangen versuche.

Diese Aktien haben seit Januar 2022 bereits 90 Prozent ihres Werts eingebüsst. Als weitere Massnahme kündigt Pierer Mobility eine Reduktion der Produktionsmengen an, um die Lagerbestände bei sich selbst wie auf Händlerebene auf ein wirtschaftlich nachhaltiges Niveau abzubauen. So sollen Kosten und Absatz ab dem Geschäftsjahr 2025 auf einem tieferen Niveau stabilisiert und das Unternehmen wieder in die Gewinnzone geführt werden. 

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