Test: City Cycles «Perfetto»

Der Berner Velomarke City Cycles präsentiert mit dem «Perfetto» ein Titan-Gravelbike mit der neuen Fox «Gravel»-Federgabel. Was taugt das edle Stück? Wir sind es gefahren.

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Pete Mijnssen, Mitarbeit Dominik Noli
Ausprobiert, 19.09.2022

Oli Busato preist das exklusive Titan-Rösslein aus seinem Rennstall in den höchsten Tönen. Darauf angesprochen, ob eine Federgabel an einem Gravelbike nicht unnötig ist und dem schlichten Design widerspricht, erklärt er überzeugt: «Die drei Zentimeter Federweg verleihen dem ‘Perfetto’ genau die Traktion am Vorderrad, die im Gelände mit einer Starrgabel fehlen. Damit fährt es sich viel sicherer auf Schotter, Kies oder Waldboden».

Im Direktvergleich habe sich gezeigt, dass das Gefühl von Kontrollverlust am Vorderrad dank Federgabel wegfalle. Auf die Vorzüge von Fahrradrahmen aus Titan soll hier nochmals kurz eingegangen werden: Sie sind leicht, robust (hohe Zugfestigkeit), beständig (keine Rostanfälligkeit), langlebig und bieten hohen Fahrkomfort.

Das Beste vom Besten also, für Carbonverächter sowieso – gebaut für die Ewigkeit. Busato betont, dass das Rad ganz nach Kundenwunsch aufgebaut wird, also etwa auch mit elektronischer Schaltung, Carbonrädern etc.

Gravelbike als Alternative zum Tourenvelo?

Mit dem Aufkommen der Gravelbikes und dem Bikepacking-Trend (kleine Taschen am Fahrrad anstatt grosse am Gepäckträger) gerät das klassische Tourenrad etwas in Vergessenheit, auch bei mir. Dabei habe ich noch mein geliebtes «Papalagi» im Keller stehen, mit vielen Tausend gefahrenen Kilometern auf dem Buckel.

Könnte ein Gravelbike also eine Alternative sein zum 3 Kilogramm schwereren «Papalagi» und gleich auch noch meine gelegentlichen Spritztouren auf dem Mountainbike ersetzen?

Fahren wir mit dem Edel-Titanrad und der neuen Shimano-«GRX Limited»-Schaltung mit Zweifach-Kettenblatt also aufs Terrain. Das «Perfetto» fährt sich sehr angenehm, auch dank des breiten «Flare» Rennlenkers, der sogar für ein Gravelbike weit ausragend ist.

Auch Co-Tester Dominik bilanziert: «Der maximale Flare gibt Sicherheit in der Abfahrtsposition». Die «GRX»-Schaltung ist fein dosierbar und lässt fast keine Wünsche offen. Dominik würde aber einen Einfach-Antrieb bevorzugen.

Das «Überlandvelo» versieht seinen Dienst klaglos – fährt sich ruhig auf Schotter und rollt angenehm auf Asphalt. Auf Waldwegen und kleinen Trails rund spielt das Gravelbike dann seine Trümpfe aus. Tatsächlich schluckt die Federgabel Unebenheiten auf nicht allzu holprigen Trails elegant. Bei steilen Anstiegen fehlt hingegen das letzte Quäntchen Grip.

Streitpunkt Federgabel am Gravelbike

Wie zu erwarten, gibt die Federgabel zu diskutieren. Dominik: «Generell finde ich Gravel mit Federgabel top. Selber fahre ich das Topstone mit der Lefty Oliver. So wie sie hier eingestellt war, wippte mir die Fox-Gabel aber zu fest. Sie sollte ja erst dann ansprechen, wenn ein grösserer Impact auf das Vorderrad einwirkt. Die Fox arbeitet aber mehr wie eine klassische Mountainbike-Federgabel und spricht sehr schnell an. Hätte ich jedoch die Wahl zwischen einer Starrgabel und der Fox, wäre mein klare Wahl die Fox». 

Hinterbau und Geometrie

Beim Hinterbau wünschte er sich etwas mehr Komfort. Die Gestaltung ist ihm zu klassisch und er möchte etwas mehr Flex haben. So käme das Rahmenmaterial noch mehr zum Tragen. Auf den Wunschzettel schreibt er noch mehr Clearence, sprich mehr Platz für breite Reifen (was möglich wäre mit 27.5 Zoll-Räder).

Beide Fahrer rühmen das ausgewogene Fahrverhalten, der Lenkwinkel passt zum Fahrrad. Dominik wünschte sich ein abfallendes Oberrohr, damit ein bikeartiges Kurvenfahren erleichtert wird.

Alles in allem ein vermittelt das City Cycles «Perfetto» ein fast perfektes Fahrvergnügen. Unisono finden beide Tester: «Ein schön gestaltetes, edles und klassisches Rad».

Soll ich nun mein Tourenvelo und das Bike gegen ein Gravelbike eintauschen? Busato runzelt die Stirn beim Vergleich, auch wenn er ihn oft hört. Den Horizont eines Gravelbikes biete weder Tourenrad noch Mountainbike. Gravelbiken sei ein eigenes Genre und sollte auch als solches gesehen werden, sagt Busato.

Verlockend ist dieses Titan-Edelrad auf alle Fälle. Und wenn es nicht viel gefahren wird, könnte man es ja noch immer vererben, so wie Busato es vorschlägt.

City Cycles «Perfetto»

Titanrahmen, Shimano-«GRX Limited»-2x11-Gang-Schaltung, Fox «32 TC» Gravel-Federgabel, ab Fr. 6990.–

Getestet: während der Sommerferien.

+ Schön gefertigtes, edles Titanbike

+ Langlebig, hochwertige Komponenten

+ Viel Komfort, Ösen für Packtaschen

+ Gute Traktion, gutmütiges Fahrverhalten

Mit über 10 kg schwer für ein Gravelbike

www.citycycles.ch