Wer wie im Tatort Velo fährt

Im altehrwürdigen Tatort sind immer mehr Ermittelnde der Polizei auf dem Velo unterwegs. Das Spektrum reicht von Anbiederung an den Zeitgeist bis zu erhellendem kriminalistischem Spürsinn.

Pete Mijnssen ist Chefredaktor des Velojournals.

Pete Mijnssen, Chefredaktor (pete.mijnssen@velojournal.ch)
Blog, 07.10.2022

Im neusten Zürcher Tatort «Risiken mit Nebenwirkungen» sind die beiden Ermittlerinnen Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zürcher) und Tessa Ott (Carol Schuler) einmal mehr sehr unterschiedlich unterwegs: Grandjean als elegante Romande im schnittigen SUV einer deutschen Marke (Product Placement muss wohl sein), Ott bei Wind und Wetter auf einem Züri-Hipstervelo chinesischer Provenienz.

Als Grandjean ihre Kollegin beim Eindunkeln fragt, ob sie nicht doch lieber bei ihr mitfahren möchte, da sie ja kein Licht am Fahrrad habe, lehnt diese ab. Lieber fährt Tessa Ott auch bei widrigen Bedingungen Velo.

Das wäre an sich für die mitsympathisierende Velogemeinde nachvollziehbar. Wer lässt sich schon vom Klassenfeind im Auto mitnehmen, nur damit dieser sein schlechtes Gewissen erleichtern kann? Eben!

Postpubertäres Gehabe im Zürcher Tatort

Dennoch stört an der Figur Ott, dass sie mit ihrem schon fast pubertären Gehabe – kein Licht, schon gar kein Helm – als polizeiliche Ermittlerin irgendwie fehl am Platz ist. Im realen Leben hätten sie Kolleginnen und Kollegen wohl schon lange gebüsst oder disziplinarisch verwarnt.

Die Krimi-Produzenten verlassen sich anscheinend auf dieses «mier in Tsüri sind halt so cool», über das sich der Rest der Schweiz nervt. Da hilft Otts esoterische Ader, die ihr mitunter beim Falllösen hilft, auch nicht weiter.

Der Gümmeler ist ein Crack

Von ganz anderem Kaliber sind die Kollegen aus Stuttgart in «Der Mörder in mir». Als Thorsten Lannert und Sebastian Bootz auf einer ehemaligen Rennstrecke (mit dem Porsche Carrera 911) den Unfall eines Radfahrers ermitteln, hilft ihnen der Gerichtsarzt Dr. Daniel Vogt (Jürgen Hartmann) auf die Sprünge.

Als «Gümmeler» ist auch er die Strecke abgefahren und sieht sofort, dass die These vom Selbstunfall nicht sein kann. Der obdachlose Radler wurde angefahren, der Fahrer flüchtete, weil er im Stress war.

In der Folge dürfen die Pläne des jungen Karrieristen und seines Familienumfelds unter keinen Umständen gestört werden. Schon gar nicht durch einen mittellosen Radfahrer. Da helfen die Beweise des überzeugenden Dr. Vogt auch nicht weiter.

Der Schluss endet in einer fiesen Gesellschaftskritik der herrschenden Machtverhältnisse; eine der besseren Tatort-Folgen der letzten Zeit.

Wie sich die Zeiten ändern

PS: Kürzlich schaute ich in einen alten Polizeiruf 110 von 1988 rein. Das war damals das DDR-Gegenstück zum Tatort. Die Episode spielt kurz vor dem Mauerfall und gleicht eher einem Theaterstück mit vielen herumfahrenden Ladas im Hintergrund. Hier fährt noch der Räuber (kein Mörder!) und Underdog Rad. So ändern sich die Zeiten.

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