Peter Hummel
News,
19.09.2022
Die S-Pedelecs Opium und Stromer «ST7» waren die Überflieger der Eurobike. Mit Optik, Ausstattung, Performance und Preis spielen sie in einer neuen Liga. Die E-Bikes haben das Zeug zum neuen Statussymbol.
Peter Hummel
News,
19.09.2022
Die Schweizer sind seit jeher S-Pedelec-Pioniere: Michael Kutter erhielt für seinen «Dolphin» schon vor bald 30 Jahren die Zulassung als schnelles Pedelec.
Und Stromer setzte schon bald nach der Gründung 2010 nur noch auf schnelle Elektrovelos; 2014 wurde das «ST2» lanciert, das erste E-Bike mit voller Konnektivität.
2018 folgte das Modell «ST5» mit Leistungswerten, die top waren: Motor mit 850 W, Akku mit 983 Wh. Wiederum vier Jahre später wurde mit dem «ST7» ein neues Flaggschiff angekündigt.
Und dann das: Gut zwei Monate vor dem offiziellen «ST7»-Launch an der Eurobike verbreiteten sich über Social-Media-Kanäle News über einen Powder-Boliden, der mit dem «ST7» mindestens gleichzuziehen schien: 940 W, 1670 Wh, ABS.
Und die Renderings zeigten eine frappante Ähnlichkeit zum neuen Stromer-Bike. Rasch war in der Szene von Kopie die Rede. Und den Namen Opium gabs doch auch schon mal?
«Wer die heutigen produktionellen Realitäten kennt, weiss bereits, wie unfundiert eine solche Vorhaltung ist.»
George Merachtsakis
Richtig, das war das langjährige Mountainbike der Kultmarke MTB Cycletech, die letztes Jahr auferstanden ist und nun «Opium» als edle E-Bike-Zweitmarke einführt. Erwartung und Spannung auf einen realen Vergleich an der Eurobike waren hoch, zumal die beiden Stände nur wenige Meter auseinander lagen .
Das Opium präsentierte sich auf der Eurobike wie Modern Art, erklärt von George Merachtsakis (rechts). (Foto: Peter Hummel)
In der Tat ist die optische und technische Gleichartigkeit auf den ersten Blick verblüffend. Allerdings muss dieser Eindruck auch relativiert werden: S-Pedelecs, die State-of-the-Art sein wollen, mit viel Power und fettem Akku, werden nun mal recht ähnlich aussehen.
Der Stromer «ST7» kann aber mit einer Weltpremiere aufwarten: Der elektrischen Getriebeschaltung Pinion «C1.12 SmartShift», die per Knopfdruck betätigt wird und vom E-Bike-Akku mit Strom versorgt wird. Sie schaltet sogar unter Last – dank der Elektronik erübrigt sich die nabenschaltungstypische Entlastung beim Gangwechsel.
«SmartShift» wurde von Pinion zusammen mit Stromer entwickelt, weshalb diese Marke auch als Launching-Partner auserkoren wurde; nächsten Sommer kann aber auch Opium statt der vorerst manuellen diese elektrische Version anbieten. Immerhin ist ja MTB Cycletech seit rund 10 Jahren treuer Pinion-Kunde.
Die elektrische Getriebeschaltung Pinion «C1.12 SmartShift» wird per Knopfdruck betätigt und vom E-Bike-Akku mit Strom versorgt.
Opium kann dafür mit dem neuen kabellosen «MCi»-Cockpit von Magura punkten. Beide Modelle verwenden das ABS-System von Blubrake, beide setzen auf ein erprobtes Interface: Stromer auf sein eigenes «Omni», Opium auf das «FIT» aus dem Hause Biketec.
Für Opium-Chef George Merachtsakis war eine ausgereifte Software erste Voraussetzung für dieses Projekt. «Mit diesem System kann ein Kunde bei rund 2000 ‘FIT’-Servicepunkten in Europa Support bekommen.»
Der Patron: George Merachtsakis. (Foto: Peter Hummel)
Mit offenbar identischen Motoren von TDCM mit 940 W Leistung und 52 Nm Drehmoment kommen Opium wie Stromer nahe an die erlaubte 1000-W-Grenze heran. Die Akkus hingegen knacken die 1000-Wh-Schallmauer bei weitem: In den Grundmodellen liefern beide 1440 Wh, beim Opium werden optional auch 1670 Wh und mit Range-Extender gar 2140 Wh angeboten; die Reichweiten der beiden Powermaschinen liegen damit theoretisch zwischen 260 und 340 km – Tesla lässt grüssen.
Die speicherstarken Akkus haben aber ihren «Preis», sprich Gewicht: Bei beiden Modellen wiegen die Akkus rund 7 Kilogramm. Die Heavy-Duty-Pendler wollen offenbar soviel Kapazität wie möglich.
Bei Stromer ist der Akku wie gewohnt entnehmbar, beim Opium ist er fest verbaut. Das habe den Vorteil, dass das Unterrohr steifer und schlanker gebaut werden könne. Zudem wolle seine Kundschaft nicht solch einen schweren Akku in die Wohnung schleppen, erklärt Merachtsakis.
Er glaubt, die Bedürfnisse seiner Klientel gut zu kennen. Schliesslich kommt das Opium alles andere als aus blauem Himmel, sondern hat eine konkrete Vorgeschichte: Vor drei Jahren spürte MTB Cyclectech aus Benelux eine rege Nachfrage für das preisgekrönte S-Pedelec «Code»; allerdings wurde die Akkukapazität als nicht ausreichend erachtet. Drum war klar, dass zum Neustart nur das Beste gut genug sein sollte.
Den Kopiervorwurf quittiert Merachtsakis mit einem Lächeln: «Wer die heutigen produktionellen Realitäten kennt, weiss bereits, wie unfundiert eine solche Vorhaltung ist.»
In der Tat wurde Opium über anderthalb Jahre entwickelt: Das Rahmendesign stammt von Torgny Fjeldskaar, der schon bei BMC, Cannondale und BMW als Designer gewirkt hat; die Rahmenberechnungen erfolgten bei Radiate Engineering in Zürich.
Etwa gleich lange dauerte die Entwicklung des «ST7», wie Projektmanager Philip Henry erklärt. Bei Stromer wirkte die Beratungsfirma Targus zur Prozess- und Qualitätsoptimierung mit.
Natürlich hat man sich in der Branche gewundert, wie es Merachtsakis geschafft hat, als einer der ersten Anbieter das bei Flyer bewährte «FIT»-System und das neue Magura-Cockpit verbauen zu können. Offenbar war es dem gewieften Branchenfuchs Merachtsakis gelungen, seine alten Beziehungen spielen zu lassen.
In der Farbe Platinum kostet der Stromer «ST7» mit rund Fr. 13'500.- so viel wie ein Kleinwagen. (Foto: ZVG)
Wie der Opium-Chef erklärt, habe er einen höheren sechsstelligen Betrag in die Entwicklung investiert, wozu er sich aber nicht mehr auf Investoren verlassen wollte. Von Stromer ist kein Betrag zu erfahren.
Als erstes auf den Markt kommt der Stromer «ST7»; das Bike ist ab Oktober als goldene «Launch Edition» zum Preis von Fr. 13'142.- erhältlich, und ab Januar in Farbe Platinum für Fr. 13'490.-.
Das vergleichbare Modell «S6» von Opium (aber mit dem grösseren 1670-Wh-Akku bestückt) soll ab nächstem Sommer verfügbar sein, zum Preis von Fr. 10‘690.-. Schon im April soll das Einsteigermodell «S3» (mit manueller Pinion-9-Gangschaltung, mit 1440-Wh-Akku, und ABS/Federgabel als Zusatzoption) für Fr. 8990.- auf den Markt kommen.
Die stolzen Preise scheinen kein Verkaufshandicap zu sein: Stromer lässt verlauten, dass die «Launch Edition» bereits ausverkauft sei (ohne Stückzahlen bekannt zu geben) und Opium rechnet aufgrund des regen Interesses in Belgien und den Niederlanden, dass die für nächstes Jahr vorgesehenen 1000 Stück auch schon bald abgesetzt sein werden.
Die Opium-Familie soll aber rasch wachsen, von den Stückzahlen wie Modellen her: George Merachtsakis stellt schon in zwei Jahren einen neuen Überflieger in Aussicht, «der nochmals alles toppen soll».
Lösen Sie jetzt Ihr Velojournal-Abo für das Jahr 2024!
Jetzt bestellenAbonnieren Sie den Velojournal-Newsletter. Als Dankeschön erhalten neue Abonnenten eine Velojournal-Ausgabe kostenlos.
Jetzt abonnieren!
01. Mai bis 22. September 2024
Das Fahrrad – Kultobjekt – Designobjekt
Die Ausstellung stellt erstmals das Thema Fahrraddesign in den Mittelpunkt. Im Fokus liegt damit die...
01. Mai bis 25. Oktober 2024
Radlosigkeit
Monika Romer präsentiert in einem Mix aus gesungenen und gesprochenen Comedynummern ihren neuen...
04. Mai 2024
Wallfahren auf dem Velo
Pilgern lässt sich auch auf zwei Rädern. Die Velowallfahrt von Luzern nach Einsiedeln findet am Samstag, 4....
04. Mai 2024
Flink St. Gallen
«Flink» ist eine Mischung aus Fachkongress und Velojahrmarkt. Die Fachinputs laden Menschen aus der ganzen...
04. bis 05. Mai 2024
Trail Days Basel-Land
Der Velo- und Mountainbike Saisoneröffnungsevent für alle Altersgruppen und Leistungsniveaus.
Zu den TerminenCycljobs ist die Stellenbörse der Schweizer Velobranche. Neuer Job gesucht? Hier finden Sie ihn.
Offene Stellen ansehenHaben Sie Fragen zu Ihrem Abonnement? Gerne helfen wir Ihnen weiter.
Aboservice und Rechnung
Velomedien AG / Velojournal
Claudia Frei
Kalkbreitestrasse 33
8003 Zürich
Telefon: +41 44 241 60 32
administration@velojournal.ch