Woom: Reshoring mit Hindernissen

Der österreichische Kindervelo-Hersteller Woom verzeichnete während der Pandemie ein starkes Wachstum – und wollte die Fertigung nach Europa zurückholen. Doch die Reshoring-Ambitionen wurden deutlich reduziert.

Laurens van Rooijen, Autor

Laurens van Rooijen, Autor (lvr@cyclinfo.ch)
News, 12.09.2022

In normalen Zeiten sind die Geschehnisse in der Velobranche für Aussenstehende von geringem Interesse. In der Wirtschaftsberichterstattung finden sie kaum statt.

Die markant erhöhte Nachfrage im Zuge der Corona-Pandemie hat das geändert – was sich vor zehn Tagen in der Samstagsausgabe der NZZ zeigte: Auf fast einer kompletten Seite legte der in Wien stationierte Wirtschaftskorrespondent Daniel Imwinkelried an Hand des Kindervelo-Spezialisten Woom dar, warum die als Reshoring bekannte Rückverlagerung der Fertigung aus Fernost und näher hin zu den Absatzmärkten kein Selbstläufer ist.

Woom wollte die Kindervelos für den europäischen Markt in Polen fertigen, aber diese Pläne gerieten zuletzt arg ins Stocken.

Ein globales Produkt mit globalisierter Fertigung

Ein Faktor, der dem zunächst geplanten Reshoring nach Polen im Weg steht, ist die Tatsache, dass nicht nur die meisten Velorahmen, sondern auch die Teile und Komponenten der Kindervelos nach wie vor in Fernost gefertigt werden.

Ein Hersteller wie Woom mit einem Umsatz von zuletzt 86 Millionen Euro ist alleine zu klein, um verschiedene Akteure entlang der Lieferkette zu einer Umverlagerung der Fertigung und entsprechenden Investitionen zu bewegen.

Zudem stellt sich wegen der höheren Arbeitskosten im EU-Raum das Problem, dass eine fortgeschrittene Automatisierung der Fertigung unumgänglich ist. Die dafür benötigten Roboter sind aber wegen Engpässen bei der Versorgung mit Halbleitern und elektronischen Bauteilen kaum binnen sinnvoller Zeit lieferbar.

Inflation drückt Nachfrage und Investitionsbereitschaft

Auch die zuletzt anziehende Inflation, die die Nachfrage spürbar dämpft, sowie die steigenden Leitzinsen, wodurch sich Kredite für Investitionen verteuern, sprechen im Moment laut Woom gegen eine konsequente Umsetzung der Reshoring-Pläne.

So verbleiben laut Imwinkelried zwei treibende Faktoren, die nach wie vor für ein Reshoring zumindest eines Teils der Fertigung sprechen, zum Beispiel der Assemblage: Einerseits die Resilienz der Lieferkette, also die Frage, inwiefern diese auch in Krisen und Ausnahmesituationen funktioniert und rentiert. Wer die Produktion breiter abstützt, kann Krisen eher trotzen.

Und andererseits die Nachhaltigkeit, wo kürzere Wege und mehr Kontrolle über die Art der Gewinnung des Stroms, mit dem produziert wird, klar für eine Produktion nah an den Absatzmärkten sprechen.   

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