Thomas Geisler, Fabian Baumann
News,
25.02.2021
Was passiert mit alten Veloschläuchen, Ketten und sonstigen Teilen? Und wohin kommt ein ausgedienter oder kaputter Carbonrahmen? Velojournal präsentiert einige Beispiele.
Thomas Geisler, Fabian Baumann
News,
25.02.2021
Alte Veloschläuche können teilweise wiederverwertet werden, Reifen wandern in den Abfall. (Foto: www.pd-f.de / Kay Tkatzik)
Veloschläuche können mit Flicken selbst repariert werden. Doch irgendwann helfen selbst die Flicken nicht mehr und der Schlauch muss entsorgt werden. Der Hausmüll bietet sich als naheliegende Möglichkeit an – und das ist auch legal. Da aber die Produktion des Schlauchmaterials Butyl ressourcenaufwendig ist, geht das Wegwerfen in der heimischen Tonne sehr zu Lasten der Umwelt. Dennoch gibt es hierzulande – abgesehen von der privaten Weiterverwendung als Bastelmaterial – derzeit keine andere Lösung für alte Veloschläuche.
Anders in Deutschland, den Niederlanden und Grossbritannien. Der deutsche Reifenhersteller Schwalbe sammelt in diesen Ländern ausgediente Schläuche und führt sie dem Recycling zu. Velofahrende können einen kaputten Schlauch im nächsten Fahrradladen abgeben, von wo aus die alten Produkte an Schwalbe weitergeschickt werden. Über fünf Millionen Schläuche sollen so bereits einem vollständigen Recycling-Kreislauf zugefügt worden sein.
Die Wiederverwertung von Reifen gestaltet sich hingegen schwieriger. Geschredderte Reifen finden mitunter als Granulat auf Sportplätzen Verwendung. Ein Materialkreislauf ist laut Schwalbe aber nicht möglich, da die Pneus aus verschiedenen Materialien bestehen. Hat ein Pneu ausgedient, wird er darum am besten mit dem Haushaltabfall entsorgt.
Zahnriemen und Kette können beide ein Velo antreiben, müssen aber unterschiedlich entsorgt werden. (Fotos: Arne Bischoff, Sebastian Hofer / pd-f)
Ein weiteres bekanntes Verschleissteil ist die Fahrradkette. Verschliessene Ketten können nicht wiederaufbereitet werden. Da sie aber aus Stahl bestehen, müssen sie als Altmetall entsorgt werden und finden so wieder den Weg zurück in den Wertstoffkreislauf. Als langlebige und nachhaltige Alternative zur Kette hat sich mittlerweile der Riemenantrieb etabliert. «Ein Riemen hält zweieinhalb bis dreimal länger als eine handelsübliche Fahrradkette. Dadurch fällt auch weniger Abfall an», sagt Jens Küchler vom Riemenantriebshersteller Gates.
Gemeinhin wird angenommen, dass Carbon-Teile nicht im Abfall entsorgt, sondern als «Sondermüll» behandelt werden müssen. Dem sei nicht so, sagt Franz Herkendell, Mitautor des Lehrbuchs Fachkunde Fahrradtechnik. Schon der Ausdruck «Sondermüll» sei nicht korrekt, erläutert Herkendell gegenüber Velojournal. «Der Begriff Sondermüll ist nur noch im Volksmund gebräuchlich, korrekt heisst es <Gefährliche Abfälle>. Carbon oder kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe fallen jedoch nicht darunter. Sie dürfen in kleinen Mengen im Restmüll entsorgt werden.»
«Carbonrahmen kennen nahezu keine Ermüdung. Danach folgt statistisch Aluminium, Titan und als Schlusslicht Stahl.»
Frank Herkendell, Mitautor des Lehrbuchs Fachkunde Fahrradtechnik
Der Fachmann sagt, dass vieles für die Verwendung von Carbon spricht. Sofern ein Carbonrahmen, eine Gabel oder ein Lenker nicht durch einen Sturz oder durch eine fehlerhafte Konstruktion unbrauchbar würden, seien sie mit Abstand die langlebigsten Fahrradbauteile. «Sie kennen nahezu keine Ermüdung. Danach folgt statistisch Aluminium, Titan und als Schlusslicht Stahl», so Frank Herkendell.
Wenn ein Carbonrahmen dennoch ans Ende seiner Lebensdauer komme, könne man ihn auch einer Berufsschule spenden. Im Rahmen des Velomechaniker-Unterrichts könnten Rahmen aufgesägt und so die Herstellung und viele Baumethoden studiert werden. Es sei höchst spannend, die Entwicklungen der Carbontechnik von innen zu sehen. Ausserdem liessen sich vor dem aufschneiden Impactschäden an verschieden dicken Laminatbereichen simulieren. «Das alles hilft sehr, mehr Kenntnisse als Mechaniker zu sammeln und Hemmungen zu verlieren», fügt Herkendell an.
Alternativ bietet Veloplus ein Carbon-Recycling an. Carbonteile und Rahmen können in einer Filiale kostenlos abgegeben werden. Die Ladenkette arbeitet mit einer deutschen Firma zusammen, welche Carbonteile rezykliert. Dazu werden die Teile einem speziellen Verfahren unterzogen, bei dem der Harzkleber verbrannt wird aber die Fasern erhalten bleiben. Diese werden anschliessend der kunststoff-verarbeitenden Industrie weiterverkauft.
Carbonrahmen lassen sich jedoch auch reparieren. Der Berner Marcel Bieri hat sich auf Lackierungen sowie Reparaturen von Carbonrahmen spezialisiert. Im Laufe der Jahre hat er mehrere hundert Schäden an Velorahmen behoben. Bislang hätten alle Reparaturen gehalten. Auf seine Arbeit gewährt er fünf Jahre Garantie. Ausser die Wünsche seiner Kunden zu erfüllen, will er mit seiner Firma aber auch ein Zeichen gegen die heutige Wegwerfgesellschaft setzen sowie einen Beitrag für den Schutz der Umwelt leisten: «Ein Grossteil der Schäden ist reparierbar», sagt er aufgrund seiner Erfahrungen.
Bei noch intakter Bekleidung gilt: spenden ist besser als wegwerfen. (Foto: vaude | pd-f)
Nachhaltigkeit und Recycling spielen in der Bekleidungsbranche schon seit längerem eine wichtige Rolle. Ein bekanntes Beispiel ist der Outdoor- und Bike-Bekleidungsausrüster Vaude vom Bodensee. «Für uns steht ein langer Lebenszyklus der Produkte im Vordergrund. Um das zu erreichen, haben wir verschiedene Massnahmen ergriffen, damit Kundinnen und Kunden ihre Velobekleidung nicht gleich wegwerfen müssen», so Pressesprecherin Anna Rechtern.
Bereits bei der Produktion achtet das Unternehmen darauf, Umweltbelastungen zu vermeiden. Dazu zählt beispielsweise die Nutzung von recycelbaren Materialien wie Kaffeesatz oder Fischernetzen, die beispielsweise in Velohosen zum Einsatz kommen. Der Hersteller unterhält ausserdem einen eigenen Ebay-Shop, um der Kundschaft einen einfachen Wiederverkauf benutzter Kleidung zu ermöglichen. Zudem wird mit der gemeinnützigen Altkleidersammlung Fairwertung kooperiert, die mit den gespendeten Bekleidungsstücken soziale Projekte unterstützt.
Die Stromspeicher von Elektrovelos müssen korrekt entsorgt werden. (Foto: Fabian Baumann)
Die Akkus von Elektrovelos müssen fachgerecht entsorgt werden. Zum einen enthalten Lithium-Ionen-Akkus Wertstoffe, die zurückgewonnen werden können. Andererseits geht von den beschädigten Akkus Brandgefahr aus. Die Stromspeicher gehören darum keinesfalls in den Hauskehricht. Durch die Müllpresse im Kehrichtfahrzeug können die Akkus beschädigt werden und in Brand geraten. Nicht mehr funktionsfähige, aber unauf-fällige E-Bike-Akkus dem Händler zurückbringen oder in einer Batteriesammelstelle (Gemeinde/Detailhandel) abgeben, die über Stahlfässer zur Lagerung verfügt. Auffällige Akkus (gequetscht, gebläht) nur an bedienten Sammelstellen (E-Bike-Händler, Gemeinde, Kundendienst des Detailhandels) abgeben und die Mitarbeiter vor Ort darüber informieren.
Alte Velohelme werden derzeit nicht rezykliert und müssen darum in den Abfall. (Foto: www.pd-f.de / Arne Bischoff)
Velohelme sollten über den Hausmüll oder den Recyclinghof entsorgt werden. Wenn sie ein integriertes Rücklicht haben, sind sie als Sondermüll zu behandeln, da Rücklicht und Batterie separat zu entsorgen sind. Gleiches gilt für nicht mehr benutzbare Airbag-Helme von Hövding, die ebenfalls zum Recyclinghof zu bringen sind.
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