Ein Band fürs Leben

Immer mehr Velos fahren nicht mehr mit Ketten-, sondern mit  Zahnriemenantrieb. Velojournal fasst zusammen, was man zur neuen Antriebstechnik alles wissen muss.

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Marius Graber
30.01.2019

1 | Braucht der Zahnriemen keine Wartung?

Der Zahnriemenantrieb muss weder geölt noch gefettet werden, er läuft daher auch ohne Pflege und selbst nach vielen Schmuddelwetter-Kilometern noch immer leicht und fein. Zudem dehnt er sich im Unterschied zur Kette während des Gebrauchs kaum und muss daher nicht nachgespannt werden. Eine regelmässige Kontrolle der Riemenspannung empfiehlt sich dennoch. Bei starker Verschmutzung kann der Zahnriemen mit Wasser und Bürste gereinigt werden, was die Lebensdauer verlängert.

2 | Reisst der Riemen nicht?

Die Zahnriemen fürs Velo oder E-Bike sind im Innern mit Carbon- oder Aramid-Fasern verstärkt, die in Zugrichtung extrem stark und unnachgiebig sind. Sie verhindern, dass der Riemen sich dehnt oder reisst. Aus der Praxis sind kaum Fälle von gerissenen Riemen bekannt.

3 | Welche Hersteller gibt es?

Neben Gates stellen auch die Firmen Con­tinental und Haberstock Zahnriemen mit entsprechenden Riemenscheiben für Velos und E-Bikes her. Diese Produkte sind aber (noch) kaum an Velos zu finden. So wird der Markt derzeit praktisch ausschliesslich von der amerikanischen Firma Gates bedient. Gates produziert zwei Produktegruppen: Die «CDX»- und die preisgünstigere «CDN»- Linie. Die «CDN»-Komponenten kosten ungefähr die Hälfte der «CDX»-Teile, der Riemen besteht aus Polymer und die Riemenscheiben aus einem Kunststoff-Komposit-Material. Gates gibt deshalb beim «CDN» eine kürzere Lebensdauer an und schliesst den Einsatz bei E-Bikes, Reisevelos und Mountainbikes aus.

4 | Hält er länger als eine Kette?

Die Erfahrung zeigt, dass der Gates-«CDX»-Zahnriemen zwei bis drei Mal länger hält als eine herkömmliche Velokette. Beim «CDN»-Riemen soll gemäss der Firma Gates die Lebensdauer eineinhalb bis zwei Mal länger sein als diejenige einer Kette. Hier liegen aber noch kaum Erfahrungswerte aus der Praxis vor.

5 | Braucht der Riemen mehr Kraft?

Da es dazu kaum Untersuchungen gibt, hat Velojournal selber einen Feldversuch gestartet. Dafür wurde dasselbe Velo auf denselben Strecken mit dem Zahnriemen, einer neuen sowie einer alten, ungepflegten Kette gefahren und die dafür benötigte Kraft mit einem Wattmess-Pedal aufgezeichnet. Fazit: Der Kraftaufwand beim Zahnriemen ist im Vergleich zur Kette praktisch identisch. Die gemessenen Unterschiede im Bereich von 1 bis 3 Prozent sind Messungenauigkeiten zuzuschreiben. Hingegen zeigte sich, dass der Kraftaufwand bei der ausgeleierten, ungepflegten Kette um 10 bis 20 Watt höher liegt als beim Zahnriemen. Das entspricht etwa 10 bis 15 Prozent der Fahrerleistung. Die Resultate verblüffen, fühlt sich doch der Kettenantrieb, wenn man die Kurbel von Hand betätigt, viel leichtgängiger an. Zum Vergleich: Mit schlecht gepumpten Reifen steigt der Kraftaufwand ebenfalls um 10 bis 15 Prozent. Wer auf effizientes Fahren aus ist, sollte daher vor allem den Luftdruck regelmässig kontrollieren. Die Firma Gates weist darauf hin, dass der Leichtlauf des Riemens stark mit der Steifigkeit des Rahmens zusammenhängt.

6 | Spart man mit dem Antrieb Geld?

Muss bei einem Velo mit «CDX»-Zahnriemen der Antrieb ersetzt werden, so kostet das Material rund 300 Franken (Zahnriemen, vordere und hintere Riemenscheibe). Rechnet man die Arbeit hinzu, so liegen die Kosten ungefähr drei Mal höher, als wenn ein Kettenantrieb ersetzt werden muss. Hält der Riemen tatsächlich drei Mal länger, so sind die Unterhaltskosten vergleichbar, mit dem Vorteil, dass man mit Riemen weniger in die Werkstatt muss.

7 | Eignet sich der Zahnriemenantrieb auch für Reisevelos?

Die einfache Reparierbarkeit bei einer Panne und gute Ersatzteilversorgung sind bei Reisevelos starke Argumenet für den konventionellen Kettenantrieb. Allerdings profitiert man auch auf der Reise von den Vorteilen des Zahnriemens. Ein Ersatzriemen gehört dann ins Reise­gepäck.