Geduld bringt Routen … irgendwann

Der Kanton Zürich hat neue Standards für den Veloverkehr erarbeitet. Verpflichtend sind sie aber nur für seine Projekte, Städte und Gemeinden haben ihren eigenen Fahrplan. Ein Lehrstück in Veloplanung.

Nicole Soland

Nicole Soland, Autorin
Kommentar, 31.03.2023

Anfang März teilten die Volkswirtschafts- und die Baudirektion des Kantons Zürich stolz mit, dass sie in einem «mehrjährigen Prozess» neue Standards für den Veloverkehr erarbeitet hätten: «Diese tragen dazu bei, dass die Veloinfrastruktur (…) sicherer und attraktiver wird.»

Für kantonale Vorhaben seien die Standards verbindlich, für kommunale Veloprojekte hätten sie «empfehlenden Charakter». Es sollen unter anderem abgetrennte Velowege «angestrebt» werden. In der Stadt Zürich ist derweil die erste Velovorzugsroute fertig, gleich zwei Stadträtinnen eröffneten die «sichere und einfache Verbindung von Altstetten in den Kreis 4» am 9. März anlässlich einer Medienkonferenz.

Nach mehreren Jahren Arbeit endlich neue Standards, das ist doch mal eine gute Nachricht. Allerdings ist es mit Standards wie mit Strategien: Ob sie wirklich etwas taugen, zeigt sich erst anhand der Umsetzung.

Nehmen wir an, dass Alltagsvelofahrerinnen häufig in ihren Wohngemeinden unterwegs sind und dort eher nicht auf den grossen Durchgangsstrassen fahren (für die der Kanton zuständig ist): Dann müssten die kleineren, kommunalen Strassen umso besser gestaltet sein – und bei diesen haben die neuen kantonalen Standards lediglich «empfehlenden Charakter».

«Wie lange müssen wir denn noch warten, bis wir und unsere Zweiräder endlich als vollwertige Mitglieder der Verkehrsgesellschaft akzeptiert und entsprechend mit brauchbaren Routen versorgt werden?»

In der Stadt Zürich geht zwar durchaus etwas, doch es dauert: Als zwei Stadträtinnen im November 2020 an der Baslerstrasse stolz «Sofortmassnahmen zur Verbesserung der Velosicherheit» präsentierten, erklärten sie auch, diese seien «der erste Schritt zu einer sogenannten Velovorzugsroute».

Bereits am 1. Juni 2016 hatten jedoch zwei Gemeinderäte der Grünen eine schriftliche Anfrage eingereicht: Sie hatten erfahren, dass der Kanton Zürich eine Veloschnellroute von Altstetten bis Killwangen plane, und wollten vom Stadtrat wissen, weshalb «keine Verknüpfung mit der vom Gemeinderat beschlossenen Velostrasse Baslerstrasse – Bullingerstrasse – Stauffacherstrasse vorgesehen» wurde. Antwort des Stadtrats: Diese sei erst «nachträglich» vom Gemeinderat in den Richtplan aufgenommen worden.

Unter uns: Die Baslerstrasse entlang fährt frau seit eh und je auf dem Weg vom Kreis 4 nach Altstetten und umgekehrt. Dass Velofahrerende dort neu Vortritt haben und deutlich weniger längs angeordnete Parkfelder am Strassenrand markiert sind als früher, macht die Fahrt ohne Zweifel angenehmer und sicherer.

Aber wenn es so lange dauert, aus einer bestehenden Verbindungsstrasse, die zumindest bei geübten Personen längst als gut geeignete Route bekannt ist, eine Veloschnellroute zu machen – dann muss die Frage erlaubt sein, wie lange wir denn noch warten sollen, bis wir und unsere Zweiräder endlich als vollwertige Mitglieder der Verkehrsgesellschaft akzeptiert und entsprechend mit brauchbaren Routen versorgt werden.