Sichere Velorouten in Zürich: Die Bilanz nach 5 Jahren

Fünf Jahre nach der klaren Annahme der Velorouten-Initiative ist das Fazit ernüchternd: Nur ein Bruchteil des geplanten Zürcher Velonetzes ist realisiert. Und selbst die umgesetzten Routen entsprechen nicht den Vorgaben.

Fabian Baumann, Redaktor (fabian.baumann@velojournal.ch)
News, 26.09.2025

Das Votum des Stimmvolks war klar und deutlich. Mit einem Ja-Stimmenanteil von 70 Prozent sprachen sich die Zürcherinnen und Zürcher im September 2020 für die Volksinitiative «Sichere Velorouten für Zürich» aus. 

Die grösste Schweizer Stadt erhielt damit – und das nicht zum ersten Mal – den Auftrag, die Veloinfrastruktur zu verbessern. Die angenommene Initiative verpflichtet die Limmatstadt dazu, bis zum Jahr 2031 ein sicheres und sichtbares Veloroutennetz von mindestens 50 Kilometer Länge zu erstellen. Die Velorouten sollen grundsätzlich frei vom motorisierten Verkehr sein. 

Mageres Zwischenfazit: 4 von 50 Kilometern sind gebaut

Die Bilanz zur Halbzeit fällt ernüchternd aus. «Bisher sind erst 4,3 Kilometer realisiert – und selbst diese entsprechen kaum dem Initiativtext», fasst Yvonne Ehrensberger, Geschäftsleitern von Pro Velo Zürich zusammen. Als Beispiel nennt sie die Bullingerstrasse, auf der Velofahrende regelmässig im Autostau stecken, was auf einer Veloroute «eigentlich niemals geschehen dürfte». 

Stadt missachtet eigene Standards

Dass Infrastrukturprojekte durch Einsprachen und andere Rechtsmittel verzögert würden, sei normal und nicht der Verwaltung anzulasten. Nicht einfach so hinnehmen wolle man aber die Tatsache, dass die Stadt ihre selbst erstellten Velostandards missachte. Dort sei unter anderem festgehalten, dass auf Streckenabschnitten mit mehr als 2500 Motorfahrzeugen pro Tag kein Mischverkehr herrschen dürfe. Doch obwohl auf der ersten Velovorzugsroute der Stadt im Abschnitt Hardau auf der Bullingerstrasse täglich gut 5000 Autos gezählt würden, passiere nichts. 

Velofahrende als «Fleischbremsen»

Auf derselben Route, nur wenige Hundert Meter weiter, soll es noch ärger für Velofahrende werden. Dort plant das Tiefbauamt, die Velostreifen am westlichen Ende der Baslerstrasse zurückzubauen. Die Fahrspur soll auf drei Meter pro Seite verengt und mit einem begrünten Streifen in der Mitte versehen werden. 

Yvonne Ehrensberger kritisiert die Pläne scharf: «Durch eine Verengung der Strasse sollen die Velofahrenden den Durchgangsverkehr auf der Velovorzugsroute selbst vertreiben, als Fleischbremsen. Und das bei einem täglichen Durchschnittsverkehr von knapp 6000 Autos.» Dass eine schmale Fahrspur nicht zu weniger Autoverkehr führe, sehe man täglich auf der Bullingerstrasse, fügt Ehrensberger gegenüber Velojournal. 

Die Velolobby hat gegen die Pläne der Stadt Einsprache erhoben. Nachdem diese abgelehnt wurde, hat Pro Velo nun Rekurs bei der nächsthöheren Instanz eingelegt. 

 

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