Fabian Baumann,
Redaktor
(fabian.baumann@velojournal.ch)
News,
22.09.2022
Trotz technischer Fortschritte ist der Tote Winkel – besonders bei Lastwagen – für Velofahrende eine grosse Gefahr. Ein Kurs von Pro Velo Region Wohlen setzt bei den Jüngsten an und sensibilisiert Kinder nachhaltig.
Fabian Baumann,
Redaktor
(fabian.baumann@velojournal.ch)
News,
22.09.2022
Es ist das Horrorszenario einer jeden Lastwagenfahrerin, eines jeden Chauffeurs: Während das mehrere Tonnen schwere Gefährt an einer Kreuzung nach Rechts zum Abbiegen gelenkt wird, erfasst es eine Person, die sich im Toten Winkel befindet.
Solche Unfälle, von denen sich in der Schweiz jedes Jahr dutzende ereignen, enden oft mit gravierenden Folgen. Für die Jahre 2017 bis 2021 sind in der Unfallstatistik des Bundesamtes für Strassen Astra insgesamt 39 Rechtsabbiegeunfälle zwischen einem Nutzfahrzeug und einem Velo (inkl. E-Bike) erfasst. 13 Personen wurden dabei schwer verletzt, fünf Personen beim Unfall getötet.
Um die Gefahr des Toten Winkels zu reduzieren, kommen in modernen Fahrzeugen immer mehr technische Hilfsmittel zum Einsatz. Seit Juli 2022 müssen alle neuen LKW-Typen in der EU mit einem Abbiegeassistenten ausgerüstet sein. Ab Juli 2024 gilt diese Regelung dann für alle neu in Verkehr gesetzten Lastwagen mit einem Gewicht von mehr als 3,5 Tonnen.
Für die Jahre 2017 bis 2021 sind in der Unfallstatistik des Bundesamtes für Strassen Astra insgesamt 39 Rechtsabbiegeunfälle zwischen einem Nutzfahrzeug und einem Velo (inkl. E-Bike) erfasst.
Eine Nachrüstpflicht für bereits im Einsatz stehende schwere Güterfahrzeuge besteht aber nicht. Die Schweiz will die Regelungen der EU ohne Anpassung übernehmen. Die Vernehmlassung läuft bis am 20. Oktober.
Der Rückspiegel des LKWs «verschluckt» Personen, die sich im Toten Winkel befinden. (Foto: Fabian Baumann)
Auf technische Hilfsmittel verlassen können sich Velofahrende aber nicht. Schon alleine deshalb, weil es noch viele Jahre dauern wird, bis alles LKWs mit Tote-Winkel-Warnsystemen ausgerüstet sein werden. Mit einem Kurs setzt Pro Velo Region Wohlen darum bei denjenigen Velofahrenden an, die im Strassenverkehr zu den Verletzlichsten zählen: den Kindern.
Bereits seit 2007 führt der Regionalverband den «Toter Winkel»-Kurs für Schulpflichtige der 2. bis 6. Klasse durch. Während der Corona-Pandemie musste der Kurs pausieren. Im September konnte er nach längerer Pause wieder durchgeführt werden. Das Interesse war gross. Sowohl der Kurs am Morgen als auch jener am Nachmittag waren mit jeweils 24 Kindern ausgebucht.
Auf die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer warten vier Posten: stehender LKW, fahrender LKW, Velo-Parcours, Helm- und Velo-Check. Beim Besuch von Velojournal stand eine bunte Kinderschar bereit. Eingefunden haben sich alle auf dem Areal eines grossen Camionneurs in Villmergen. Das Speditionsunternehmen stellt für den Kurs auch den stehenden Lastwagen zur Verfügung, an dem der Tote Winkel hautnah erlebt werden kann.
Während sich einige Kinder vor und einige rechts neben den Lastwagen stellen, darf jeweils eine Schülerin oder ein Schüler im Führerstand Platz nehmen. «Die Kinder sehen, dass die Spiegel des Lastwagens die Gspändli, die sich im Toten Winkel befinden, einfach verschlucken», sagt Joel Furrer. Der Lastwagenfahrer unterstützt zusammen mit LKW-Fahrlehrer Stephan Jaeggi den Kurs ehrenamtlich.
Joel beantwortet die Fragen der Kinder zum Lastwagen und hält den Eifer jenes Burschen im Zaum, der am liebsten jeden Knopf und jeden Schalter des grossen Fahrzeugs ausprobieren würde.
Mit dem Fahrschul-LKW dürfen jeweils zwei Kinder auf eine kurze Runde – und erleben so einen Perspektivenwechsel. (Foto: Fabian Baumann)
Während bei Joel Furrer der Tote Winkel erlebbar wird, dürfen abwechslungsweise zwei Kinder im Führerstand neben Stephan Jaeggi platznehmen. Im mit Kindersitzen ausgerüsteten Fahrschul-LKW gehts auf eine Runde durchs Industrieareal.
Auch der Velojournal-Redaktor darf mit und staunt – wie die Kinder – über den Perspektivenwechsel: Einerseits ist die Weitsicht aus der Führerkabine eindrücklich, anderseits ist es beängstigend, wie viel direkt vor dem Lastwagen und auf der rechten Seite im Toten Winkel «verschwindet».
«Wenn wir so auch nur einen Unfall verhindern können, hat sich der Aufwand mehr als gelohnt.»
Stephan Jaeggi, Lastwagen-Fahrlehrer
Nicht umsonst sagt Jaeggi, dass Fahrten im Stadtverkehr am Nervenkostüm zerren. «Trottis, Velos, Fussgänger, Verkehr; und dann die Kreuzungen, bei denen Velos bei Rot rechts abbiegen dürfen.» Jaeggi arbeitete mehr als zwei Jahrzehnte lang als Chauffeur, bevor er sich als Fahrlehrer selbstständig machte.
«Ich weiss, wie schwer es für einen Verein ist, so einen Kurs zu organisieren», entgegnet Jaeggi auf die Frage, warum er ehrenamtlich mit seinen LKW der Kurs von Pro Velo unterstützt. Und fügt an: «Wenn wir so auch nur einen Unfall verhindern können, hat sich der Aufwand mehr als gelohnt.»
Funktionieren die Bremsen, wie gut ist der Zustand der Reifen und wackelt auch nichts? Andreas Kyburz kontrolliert die Velos der Kinder. (Foto: Fabian Baumann)
Auf dem Velo-Parcours wird derweilen fleissig das Geschick auf zwei Rädern trainiert. Es geht im Slalom um Pylonen oder über eine Wippe. Gar nicht so einfach ist es, während der Fahrt den Tennisball zu ergreifen, der auf der Spitze einer Pylone liegt, und danach auf der nächsten Pylone wieder abzulegen. Die Aufgabe gelingt meist nicht auf Anhieb. Doch die Mädchen und Jungen haben sichtlich Spass auf dem Parcours.
Der Sicherheit auf zwei Rädern dient auch der vierte und letzte Posten. Andreas Kyburz kontrolliert die Velos der Kinder und erklärt ihnen, was es alles am Fahrrad braucht. Dass ein Sattel beispielsweise nicht vorgeschrieben ist, nehmen die Schülerinnen und Schüler mit Staunen zur Kenntnis. Danach wird noch der Helm kontrolliert. Zwei Finger breit über der Nase soll er sitzen, die Riemen unter dem Kind nicht «lödelen», aber auch nicht einschneiden.
Am Ende stellt sich die Frage, was den Mädchen und Jungen denn nun am besten gefallen hat? «Der Parcours» hallt es aus den einen Kindermündern, «das Fahren im Lastwagen» aus anderen. Und wieder ein junger Teilnehmer entgegnet: «Der stehende LKW war auch cool, weil die anderen plötzlich verschwunden sind.» Der Kurs hat offensichtlich Anklang gefunden und sein Ziel wohl nicht verfehlt.
Das Video der Koordinationsstelle Veloverkehr des Kantons Zürich erklärt, warum man nie im toten Winkel von Autos oder Lastwagen anhalten sollte. Der Clip richtet sich an Kinder, doch auch Erwachsene dürfen die Ratschläge berücksichtigen.
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