Dr. Ansgar Hudde vom Institut für Soziologie und Sozialpsychologie der Universität Köln hat zwei grosse Trends in Beziehung zueinander gesetzt. Einerseits gibt es immer mehr Menschen, die eine höhere Bildung haben und andererseits fahren diese auch immer mehr Velo.
Hudde hat herausgefunden, dass deutsche Stadtbewohner 2018 wöchentlich im Schnitt rund 70 Minuten pro Woche in die Pedale traten, 1996 waren es nur halb soviel. Bei Personen ohne Abitur (Matur in der Schweiz) aber fällt der Durchschnitt mit 42 Minuten (2018) und 26 Minuten (1996) deutlich geringer aus. Bei Personen ohne Abitur, die in ländlichen en Gegenden leben, hat sich in diesem Zeitraum sogar kaum etwas geändert.
Erklärungsversuch
Eine Teilerklärung für das Phänomen sei, dass Personen mit Hochschulabschluss etwas häufiger in velofreundlichen Städten und Stadtteilen wohnen, erklärt der Soziologe. Die Auswertung der von Hudde gesammelten Daten zeigt zudem, dass sich die Bildungsunterschiede auch innerhalb einer Stadt oder Stadtteilen manifestieren. So nutzen Akademiker in der Stadt fast 50 Prozent häufiger das Velo als Personen ohne Hochschulabschluss.
Hudde zieht daraus den Schluss, dass es klar der Bildungsstand selbst ist, der zur häufigeren Nutzung des Velos führt. Denn die bisherige Forschung zeigte auf, dass das Verkehrsmittel nicht nur nach Kosten oder Effizienz ausgewählt wird, sondern dass die Symbolkraft ebenfalls eine wichtige Rolle spielt.
Das Velo als Statussymbol
Klassisches Statussymbol ist beispielsweise das teure Auto. Es symbolisiert Reichtum und beruflichen Erfolg. Allerdings wird es aber auch mit wenig Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein in Verbindung gebracht.
Mit der Velotrendwelle ist es genau umgekehrt. Personen mit höheren Bildungsabschlüssen werden in der Regel nicht als arm oder erfolglos im Beruf wahrgenommen. Im Gegensatz zu bildungsferneren Schichten auch dann nicht, wenn sie mit einem günstigen Velo unterwegs sind. Im Gegenteil: Wer viel Velo fährt, zeigt sich als modern, gesundheits- und umweltbewusst und gewinnt damit sogar an Status.