Ein Macher ist nicht mehr

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Laurens van Rooijen
19.04.2018

Die Nachricht, wonach Andy Rihs schwer erkrankt sei, machte bereits vor einem Jahr die Runde. Nun ist der Industrielle, der mit dem Aufbau der BMC Holding, seinem Engagement für das Velodrome Suisse und dem Sponsoring im Radsport auch in der Velobranche bleibende Spuren hinterlassen hat, nach langer Krankheit verstorben.

Mit Andy Rihs verliert die Schweiz einen Patron der alten Schule: 1966 übernahm er zusammen mit seinem Bruder Hans-Ueli und einem weiteren Geschäftspartner den Hörgerate-Hersteller, den sein Vater gegründet hatte. Unter dem Namen Phonak machte er dieses Unternehmen, das heute Sonova heisst, zu einem globalen Akteur und Innovationsleader. Sein Engagement in der Velobranche begründete er mit seiner persönlichen Affinität zum Rennrad.

Bereits 1998 stieg Rihs als Teilhaber bei BMC ein, ehe er das Unternehmen im Jahr 2000 übernahm und beträchtliche Summen in die Entwicklung neuer Produkte steckte. Durch den Zukauf der Marken Bergamont und Stromer entstand die BMC Holding, zu der auch die Fachhandelskette Squadra Mondo gehörte.

Parallel dazu investierte Andy Rihs viel Geld in Profi-Rennradteams. Dabei endete der erste Anlauf mit dem Team Phonak nach spektakulären Erfolgen und dem vermeintlichen Gewinn der Tour de France durch Floyd Landis 2006 im ganz grossen Dopingknall. Erst im zweiten Anlauf gelang es Rihs, mit dem BMC Racing Team dauerhaft auf die Erfolgsschiene einzuschwenken. Mit dem Gewinn der Tour de France durch Cadel Evans 2011, dem Weltmeister-Titel für Philippe Gilbert 2012, zwei Weltmeister-Titeln im Mannschaftszeitfahren 2014 und 2015 sowie Olympia-Gold 2016 und dem Sieg bei Paris-Roubaiux 2017, jeweils durch Greg van Avermaet, durfte Rihs einige der grössten Erfolge feiern, die der Sport zu bieten hat. Auch in der Mountainbike-Disziplin reüssierte BMC auf Weltcup-Niveau, nicht zuletzt dank der Verpflichtung von Julien Absalon.

Parallel zum Radsport engagierte sich Andy Rihs zusammen mit seinem Bruder Hans-Ueli als Investor beim Stade de Suisse, ehemals Wankdorf, und beim Berner Fussballclub Young Boys. Auch dieses Engagement scheint in dieser Saison voll aufzugehen.

Weil die BMC Holding nicht die erwünschten Profite einfuhr und die 2010 in der Schweiz für 40 Millionen Frnaken hochgezogene, weitgehend automatisierte Carbonrahmen-Fertigung nur Geld kostete und kaum etwas einspielte, setzte Rihs 2015 mit Erwin Steinmann einen erprobten Sanierer ein. In der Folge wurde die Marke Bergamont an die Scott Sports SA und die Squadra Mondo-Ladenkette an die International Retail Corporation des Investors Beat Zaugg verkauft.

BMC kommt laut CEO David Zurcher seit 2016 ohne finanziellen Support von Rihs über die Runden, und auch die myStromer AG hängt seit dem Einstieg neuer Investoren nicht mehr am Tropf von Andy Rihs. Anders sieht es beim BMC Racing Team aus: Dessen Zukunft steht noch in den Sternen.

Dass Andy Rihs schwer erkrankt war, hatte der Blick bereits im März 2017 gemeldet. Laut einem offiziellen Communiqué verstarb Andy Rihs am Abend des 18. April im Beisein seiner Familie in der Klinik Susenberg in Zürich, wo er zuletzt wegen seiner schweren Krankheit behandelt worden war. Die Velojournal-Redaktion spricht Andy Rihs' Familie und den engsten Freunden ihr herzliches Beileid aus.

Siehe auch
Interview mit Andy Rihs: «Ich produziere lieber Wein als Red Bull»
Velopatron schwer erkrankt

Foto Titel: Martin Platter / Inhalt:  ZVG