Julie Nielsen,
Redaktorin
(julie.nielsen@velojournal.ch)
Ratgeber,
14.06.2023
Was beim Occasionskauf von Elektrovelos beachtet werden muss
Wer sich nach Occasionsvelos umschaut, findet eine immer grösser werdende Auswahl an E-Bikes zu günstigen Preisen. Velojournal erklärt, was Sie auf der Schnäppchenjagd beachten müssen.
Es gibt immer mehr gebrauchte E-Bikes auf dem Markt. Mit diesen Tipps finden Sie zum passenden Occasionsmodell. (Foto: ZVG)
Das Angebot an preiswerten Occasions-E-Bikes wird immer grösser. Die rasante Weiterentwicklung lässt viele E-Bikerinnen und E-Biker zu einem neuen Modell greifen, sodass das alte als Occasion auf den Markt kommt.
Mit der zunehmenden Popularität des Elektrovelos steigt das Angebot an Gebrauchträdern.
Ist der Preis realistisch?
Als erste Faustregel beim Kauf eines Occasions-E-Bikes gilt: Auch ein teures Elektrovelo unterliegt einem deutlichen Wertverlust.
Im ersten Betriebsjahr mindert sich der Neuwert um circa 30 %. Nach zwei Jahren ist ein E-Bike noch die Hälfte des ursprünglichen Preises wert und sinkt mit jedem Jahr weiter an Wert.
Der Preis des angebotenen E-Bikes sollte sich also in diesem Rahmen bewegen.
Wenn die Rahmengrösse stimmt, fährt man wesentlich entspannter – auch auf dem E-Bike. (Foto: ZVG)
Passt das E-Bike zu mir?
Elektrovelos gibt es in unterschiedlichen Ausprägungen: E-Mountainbikes eignen sich fürs Gelände, schnelle Elektrovelos zum Pendeln von langen Strecken, SUV-E-Bikes oder Touren-E-Bikes für den Alltag oder das Ziehen eines Kinderanhängers.
Bevor man sich auf die Suche macht, lohnt es sich, zu überlegen, wie das Elektrovelo gebraucht wird und welcher Typ dafür geeignet ist.
Vor dem Kauf sollte man unbedingt eine Testfahrt vereinbaren. Dabei merkt man nicht nur, ob das E-Bike noch gut funktioniert, sondern auch, ob es vom Typ wie auch von der Grösse her zu einem passt.
Das beste Angebot nützt nichts, wenn der Rahmen viel zu gross oder zu klein ist.
Herzstück des E-Bikes: Der Akku
Abgesehen vom Allgemeinzustand steht und fällt vieles mit dem Zustand des E-Bike Akkus. Dieser hat – je nach Grösse und Reichweiten-Ansprüchen – im Durchschnitt eine Lebensdauer von etwa fünf bis sechs Jahren.
Ein Akku altert auch dann, wenn das E-Bike gar nicht gefahren wird. Deshalb ist nicht zwingend die gefahrene Kilometerzahl, sondern viel mehr das Alter des Akkus relevant.
Ein Verlust von etwa 5 % Speicherkapazität pro Jahr ist normal. Entsprechend liegt bei einem vierjährigen Akku die Leistung bei rund 80 % der ursprünglichen Speicherkapazität.
Bei einem Occasions-E-Bike könnten deshalb die Tage des Akkus bald gezählt sein. Deshalb gilt es vorerst abzuklären, ob noch Ersatz-Akkus lieferbar sind und zu welchem Preis.
Die Spanne kann von unter 500 Franken bis zu deutlich über 1000 Franken reichen.
Bei E-Bikes mit Mittelmotoren weit verbreitet: Antriebe des Herstellers Bosch. (Foto: ZVG)
Auf bekannte Antriebshersteller setzen
Beim Kauf eines Occasions-Elektrovelos lohnt es sich grundsätzlich, auf ein Modell mit einem bekannten, weit verbreiteten Elektroantriebssystem zu achten.
Aktuelle Platzhirsche bei den Antriebssystemen sind Bosch, Shimano, Panasonic (etwa Flyer E-Bikes) und Yamaha. Bei diesen Systemen ist die Ersatzteilversorgung (Akku, Displays, Kabel) gewährleistet, und es gibt eine ausreichend grosse Anzahl von Service-Stellen.
Von exotischen Systemen, so schlau und innovativ sie vielleicht wirken mögen, raten wir beim Occasionskauf die Finger zu lassen. Zu ärgerlich wäre es, ein Occasions-E-Bike zu kaufen, das beim ersten kleinen Defekt von niemandem repariert werden kann.
So testet man den Akkuzustand des E-Bikes
Vor dem Kauf lohnt es sich, den Zustand des Akkus zu überprüfen. Reagiert die Motorsteuerung rasch oder mit Verzögerung?
Idealerweise werden das Display und der Akku einmal entfernt und wieder angesteckt. Sind die Kontakte sauber und gleiten die Steckverbindungen schön ineinander?
Wieviel Restkapazität ein Akku noch hat, kann mit einem entsprechenden Diagnosegerät gemessen werden. Noch idealer ist es, wenn man direkt eine Probe aufs Exempel macht und mit dem E-Bike die gewünschten Strecken abfahren und dabei überprüfen kann, ob dies mit dem Akku möglich ist.
Was ein gutes E-Bike ausmacht
Komponenten und Rahmen überprüfen
Rahmen und Allgemeinzustand
Der Rahmen des Elektrovelos sollte keine Risse aufweisen und der Lack überall noch gut sein. Risse und Abblätterungen können darauf hinweisen, dass der Rahmen an der Stelle gestaucht ist. Ist dies der Fall: Finger weg!
Federung
Ist eine Federgabel montiert, sollte überprüft werden, ob sie sich leicht bewegt, aber bei Belastung nicht bis zum Anschlag durchschlägt oder Spiel hat.
Kette
Bei Elektrovelos mit Mittelmotor wird die Kette besonders stark belastet. Mit einer Kettenverschleisslehre kann ermittelt werden, ob die Kette schon bald ersetzt werden muss.
Als Faustregel gilt, dass, wenn das E-Bike mehr als 4000 bis 500 Kilometer auf dem Tacho hat und die Kette noch nie gewechselt wurde, bald ein Ersatz fällig ist.
Ist dies der Fall, sollte der Verkaufspreis so tief sein, dass eine solche Reparatur berappt werden kann.
Bremsen
Gleiches gilt auch für die Bremsen: Wer am Berg wohnt, mit Anhänger oder viel Gepäck unterwegs ist oder selbst ein paar Kilo mehr auf die Waage bringt, sollte darauf achten, dass das Elektrovelo über Scheibenbremsen verfügt.
Beim E-Bike ist der Verschleiss relativ hoch. Ist bei der Bremsscheibe ein deutlicher Absatz zwischen der Fläche, auf der gebremst wird und dem inneren Teil spürbar, so muss die Scheibe wohl bald ersetzt werden.
Auch bei den Bremsbelägen kann mit einer Sichtkontrolle geprüft werden, ob diese noch in gutem Zustand sind.
Licht
In der Schweiz müssen alle Elektrovelos auch am Tag mit Licht unterwegs sein. Deshalb ist es wichtig, auf eine funktionstüchtige Beleuchtung zu achten. Leider lässt sich die Belechtung nicht bei allen Elektrovelos mit wenig Aufwand selbst nachrüsten.
Reifen
Die Pneus sollten an der Lauffläche und der Seitenwand keine Risse oder starken Verschleiss aufweisen.
Probieren geht über Studieren: Das trifft auch auf den Kauf eines E-Bikes zu. (Foto: ZVG)
Die Probefahrt
Ein E-Bike sollte nicht nur nach dem Aussehen gekauft werden. Man sollte sich auch wohl fühlen auf dem Elektrovelo. Die Rahmengrösse und die Rahmengeometrie müssen zum eigenen Körperbau passen.
Ist die Grösse stimmig und lassen sich Sattel und Lenker individuell justieren, steht einem Kauf nichts mehr im Weg.
Safety First
Die beliebten E-Bikes rufen leider auch Betrüger auf den Plan. Deshalb sollte wann möglich auf einem persönlichen Treffen bestanden und das Velo Probegefahren werden.
Mindestens sollte ein persönliches Telefonat oder noch besser ein Video-Call drin liegen. Wer wirklich verkaufen will und es ernst meint, wird sich 5 Minuten Zeit nehmen können.
Verlangen Sie bei Verkaufsabschluss die ursprüngliche Kaufquittung mit der Rahmennummer des E-Bikes. Normalerweise sollte diese bei Elektrovelos, die noch nicht sehr alt sind, noch vorhanden sein.
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