Aline Kuenzler,
Autorin
(aline.kuenzler@velogisch.ch)
Test,
21.11.2025
Unscheinbar, aber unverzichtbar: Lenkergriffe entscheiden mit über Sicherheit und Fahrgefühl auf dem Velo. Ein Langzeittest mit Velokurierinnen zeigt, welche Materialien Regen, Sonne und täglicher Belastung trotzen.
Aline Kuenzler,
Autorin
(aline.kuenzler@velogisch.ch)
Test,
21.11.2025
Die Lenkergriffe: links vor dem Test, rechts danach. (Foto: Mirjam Graf)
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Sie sitzen still in der ersten Reihe und erhalten kaum Aufmerksamkeit: die Lenkergriffe. Erst wenn ein Griff rutscht oder abfärbt, rückt er ins Bewusstsein. Dabei entscheiden Lenkergriffe massgeblich mit, wie sicher und komfortabel die Velofahrt ist. Als Verbindung zwischen Lenkerin und Zweirad übertragen sie Lenkimpulse, dämpfen Schläge und sorgen für sicheren Halt.
Viele Griffe lassen sich mit wenig Aufwand auch von Laien austauschen. Dabei hat man rasch die Qual der Wahl zwischen unzähligen Formen und Materialien. Der Werkstoff beeinflusst nicht nur den Komfort, sondern auch Langlebigkeit und Witterungsbeständigkeit. Welche Materialien beständig sind, zeigt der Härtetest.
Neun Monate Dauereinsatz, über vier Jahreszeiten, mit Regen, Sonne, Frost und täglicher Belastung: Sieben verschiedene Lenkergriffe mussten im Alltag von Zürcher Velokurierinnen beweisen, was ihre Materialien aushalten. In Zusammenarbeit mit der Genossenschaft Veloblitz hat Velojournal Griffe aus unterschiedlichen Werkstoffen im täglichen Gebrauch getestet. Über die gleiche Zeitdauer wurden dieselben Modelle unbenutzt im Freien gelagert.
Geprüft wurden der «WCS True Grip» von Ritchey mit Neopren-Schaummaterial, der mit Lederband umwickelte Brooks-Griff «Slender», der «GP-1 BioKork» mit 40 Prozent Korkanteil der Marke Ergon sowie der neuste Griff von SQLab, der «710 2.0» aus Soft-TPE, einem Elastomer. Ebenfalls aus einem Elastomer, nämlich aus Kraton, besteht der «Ergofix»-Griff der Marke BBB, der zusätzlich über eine Gel-Einlage verfügt. Hingegen mit Schaumstoff ummantelt ist der Griff «Vice Grips» der Marke Velo, und aus einer weichen Gummimischung mit stark gerippter Oberfläche ist der Griff «Milan» von Veloplus gefertigt. Alle Produkte werden für den Alltags- und Freizeitbereich empfohlen und mit einer Klemmung an den Lenker geschraubt.
Bereits wenige Wochen nach Testbeginn traten in den Wintermonaten erste Unterschiede zutage. Schaumstoff- und Neoprenmaterialien saugten sich bei Schneeregen oder anhaltender Nässe am stärksten voll. Insbesondere der «WCS True Grip» blieb auch nach der Fahrt lange feucht, was Hände und Handschuhe durchnässt. Andere Materialien wie Kork oder Leder trockneten deutlich schneller. Ob mit oder ohne Handschuhe: Der Brooks-Griff mit Lederband wurde vermehrt als «rutschig» oder «glitschig» beschrieben, was den Velokurierinnen wenig sicheren Halt bot. Dafür zeigte das Leder auch nach den nassen Wintermonaten keine Abnutzungserscheinungen. Ebenso wenig setzten Kälte und Nässe den Elastomer- oder Schaumstoffgriffen zu. Einzig am Korkgriff von Ergon traten nach den ersten zwei Monaten Dauereinsatz leichte Verfärbungen auf.
Im Frühling rückte die Haptik der Griffe stärker in den Vordergrund. Ohne Handschuhe zählen Griffigkeit und Komfort doppelt. Kork wurde optisch zwar als wenig ansprechend, für die Hände aber als «wärmend» und «federnd» beschrieben. Beste Griffigkeit bieten gemäss den Velokurieren der Schaumstoff-Griff «Vice» von Velo sowie der BBB-Griff «Ergofix» mit Gel-Einlage. Aufgrund ihres geringen Durchmessers wurden die Griffe «Milan» sowie der SQLab-Griff als teilweise wenig bequem beschrieben. Letzterer ist aber als einziges Produkt im Test in drei Grössen erhältlich und begeisterte dafür Velokurierinnen, die oft an eingeschlafenen Händen leiden. Diese Beschwerden scheint der ergonomische Griff zu beheben. Fortgeschrittene Abnutzung nach vier Monaten zeigten der Griff von Veloplus, dessen gerippte Oberfläche sich teilweise ablöste, sowie der Ritchey-Griff. Letzterer liess sich bald mit mittlerem Kraftaufwand drehen. Dabei bewegte sich nicht die Klemmung des Griffes, sondern das aufgeklebte Schaummaterial.
Bewegen Sie den Slider, um die Veränderung der Griffe zu sehen.
Die zunehmende Belastung der Sommermonate durch Schweiss, UV-Strahlung und Hitze setzte den meisten Griffen zu. Auch ohne Benutzung zeigten sich nach sechs Monaten Lagerung im Freien Risse am Neoprengriff «WCS True Grip». Der Korkgriff von Ergon wurde an oft angefassten Stellen dunkler und «speckig». Kraton, wie beim BBB-«Ergofix», bewährte sich: Das rezyklierte Elastomer blieb griffig und dämpfte zuverlässig. Auch der Soft-TPE-Griff von SQLab hielt seine Form und Griffigkeit, während die Veloplus-«Milan»-Gummimischung weiter an Griffigkeit verlor, leicht abfärbte, aber noch funktionstüchtig blieb. Der Brooks-Griff überstand die fordernden Sommermonate nicht und musste demontiert werden. Die Verklebung des Lederbands bröckelte, und das Band löste sich vom Griff. Laut Hersteller könnte das Leder wieder angeklebt werden.
Im Herbst traten weitere Eigenheiten der Griffe zutage. Gebrauchsspuren zeigten sich inzwischen an allen Modellen. Während sich der SQLab-Griff und das Produkt von BBB lediglich «etwas weicher» anfühlten und beim Wiegetritt nachgaben, hatte sich der Korkgriff komplett verfärbt, fühlte sich aber unverändert an. Der «Vice»-Griff von Velo wurde lediglich leicht spröde und ein wenig weicher. Nicht ganz bis zum Testende hat es der weiche Griff «Milan» mit gerippter Gummioberfläche geschafft. Das Material hatte sich derart stark abgelöst, dass an einer Stelle der nackte Kunststoff des Griffkerns zum Vorschein kam. Veloplus erklärt, dass sich der Griff an Gelegenheits- und Alltagsvelofahrerinnen richtet und nicht für den Einsatz beim Velokurier mit derart grosser Belastung konzipiert sei. Kaum abgewetzt, aber hart und rissig fühlte sich dagegen das Neoprenmaterial des Ritchey-Griffs zum Testende an.
Fünf von sieben Griffen haben vier Jahreszeiten unter Dauerbelastung überstanden und sind zum Testende noch funktionstüchtig. Jedes Material hat Stärken und Schwächen. Schaumstoff punktet mit tiefem Preis und angenehmer Dämpfung, ist aber empfindlich gegenüber Nässe. Das Lederband sieht edel aus, bietet aber wenig Halt und kann sich ablösen. Ein natürliches, warmes Gefühl erhält man mit einem Korkgriff, der aber optisch rasch altert. Gummimischungen sind griffig, können allerdings je nach Härte abfärben oder sich gar ablösen. Elastomere wie Kraton oder Soft-TPE vereinen viele Vorteile: Sie sind langlebig, wetterbeständig und formstabil.
Die Haptik bleibt Geschmackssache, doch im Alltag zählt auch Materialqualität und Verarbeitung. Teuer bedeutet dabei nicht unbedingt langlebig. Ein fest verbundenes Obermaterial, das weder aufquillt noch abfärbt oder sich vom Griffkern ablösen kann, sorgt für Langlebigkeit bei verschiedenen Witterungen über alle Jahreszeiten hinweg
Die Lenkergriffe wurden von Januar bis Oktober in der Genossenschaft Veloblitz täglich benutzt. Dies entspricht einer Nutzungsdauer von rund 830 Stunden und 8000 Kilometern pro Griffpaar. Damit liegen die Belastungen deutlich über einem durchschnittlichen Alltagsgebrauch. Die Velokurierinnen füllten regelmässig Fragebögen zur Haptik und Griffigkeit der Produkte aus. Um eine gleichmässige Benutzung der Griffe zu gewährleisten, wurden sie mehrmals zwischen Lastenvelos der Marken Omnium und Bullitt getauscht und die Abnutzung dabei dokumentiert. Gelagert wurden die Lastenvelos bei Raumtemperatur. Ein weiteres Griffpaar wurde ohne Benutzung während derselben Zeitdauer im Freien gelagert, die Veränderungen wurden dokumentiert.
Preis: Fr. 22.90
Material: Elastomer Kraton mit Gel-Einlage
Preis: Fr. 24.90
Material: Gummimischung
Preis: Fr. 29.90
Material: Schaumstoff
Preis: Fr. 31.90
Material: Neopren-Schaummaterial
Preis: Fr. 53.–
Material: Bio-Kork 40 %
Preis: Fr. 93.–
Material: Lederband
Preis: Fr. 39.90
Material: Elastomer Soft-TPE

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