David Pinzon,
Autor
(pinzon@cyclinfo.ch)
News,
25.06.2024
Kluge Köpfe arbeiten in einem alten Fabrikgebäude an der Zukunft der (Velo)Mobilität. Vom Monitor zum 3-D-Drucker bis zur Drehbank. Vom Labor auf die Strasse.
David Pinzon,
Autor
(pinzon@cyclinfo.ch)
News,
25.06.2024
Eingeklemmt zwischen Zürichs meistbefahrener Transitstrasse und dem imposanten Polizei- und Justizzentrumsneubau steht noch immer ein Überbleibsel aus Zürichs industrieller Vergangenheit. In diesem mit reichlich Industriecharme ausgestatteten Gebäude an der Hohlstrasse wird mit Leidenschaft an der Gestaltung der Velozukunft getüftelt.
Das geschichtsträchtige Gebäude dient heute als Ort für bahnbrechende Innovationen. Denn hier bei Radiate Engineering & Design entstehen Ideen, die weit über das gewöhnliche Tüfteln hinausgehen. In ihrem Labor werden Ideen entwickelt, berechnet, akribisch getestet und schliesslich in die Produktion überführt.
Die Radiate-Gründer Jonas Schmid, Frederic Poppenhäger und Timothy Habermacher (v. l. n. r.). (Foto: ZVG)
So ist zu beobachten, dass in der Schweiz erneut eine Veloindustrie entsteht. Die einst dominierenden Traditionsunternehmen sind zwar verschwunden, die Produktion mag ihren Weg gen Osten der Welt gefunden haben.
Dem Trend zum Trotz starteten der visionäre ETH-Ingenieur Timothy Habermacher und der versierte Kommunikationsprofi Frederic Poppenhäger vor acht Jahren ein ambitioniertes Projekt: Die Entwicklung und Produktion der leichtesten Rennvelo-Laufräder aus Vollcarbon.
Nicht nur das – diese innovativen Laufräder sollten zudem mit modernen Scheibenbremsen ausgestattet sein. Obwohl man in der Welt der Mountainbikes bereits seit geraumer Zeit die Vorzüge der Scheibenbremsen schätzte, hielten sich damals bei den Rennvelos hartnäckig die traditionellen Felgenbremsen als «state of the art».
Als sie 2015 die Firma Radiate gründeten, nahmen sie Jonas Schmid und Simon Grob mit auf die Reise. Beide ebenfalls ETH-Absolventen mit Fachrichtung Maschineningenieurwesen wie Habermacher. Zusammen entwickelten sie das ehrgeizige Projekt, ein Scheibenbremsen-Rad aus 100 % Carbon zu entwickeln, das leichter sein sollte als die Konkurrenz.
Der Weg zur Realisierung begann mit intensiven theoretischen Berechnungen. Doch die Herausforderungen liessen nicht lange auf sich warten. Zahlreiche Tests verliefen nicht wie erhofft. Rückschläge mussten überwunden werden, was den Gründergeist aber nicht schwächte.
Durch unermüdliche Analysen und Neuberechnungen kamen sie der Lösung schliesslich immer näher. Um das gewünschte Gewicht zu erreichen, wurde an allen Stellen, wo es rechnerisch möglich war, Material eingespart. Das Ergebnis war eine vollständige Neukonstruktion – ein neuer Denkansatz.
Es gelang, Felge, Speichen und Nabe neuartig in einem einzigen Element funktional zu integrieren und den dafür notwendigen Herstellungsprozess zu entwickeln. Das Resultat: Ein kompletter Radsatz wiegt 1000 g.
«Es ist faszinierend, neue Produkte und Technologien zu entwickeln.»
Frederic Poppenhäger
Nach Entwicklung und ausgiebigen Prototypentests präsentierten die Gründer 2015 den Radsatz auf Messen, den Medien und weckten damit das Interesse der Velobranche. Auch Investoren zeigten Interesse. Damit stellte sich die Frage, ob Radiate zu einem etablierten Laufradhersteller werden sollten. Doch statt Verkäufer zu werden, entschied man sich, bei der Entwicklung zu bleiben.
Die Technologie wurde an einen Industriepartner verkauft. Fortan wollte sich Radiate Engineering & Design für die Zukunft breiter aufstellen. Poppenhäger erinnert sich: «Wir wollten unsere Kompetenzen erweitern und für verschiedene Industriezweige arbeiten».
Diese Strategie zahlte sich aus. Das Jungunternehmen avancierte zu einem führenden Dienstleister in den Bereichen Verbundwerkstoffe und simulationsgetriebener Produkteentwicklung.
Es hat sich für die Zukunft auf drei Standbeine gestellt: als Entwicklungsbüro für die Fahrradindustrie, im Bereich unbemannte Aviatik und in der Medizinaltechnik.
Der Weg von einem vielversprechenden Prototyp bis hin zu einem etablierten Unternehmen war nicht leicht. Durch ihre beharrliche Arbeit und den innovativen Ansatz haben es die Gründer von Radiate jedoch geschafft, sich erfolgreich in verschiedenen Industriesegmenten zu positionieren.
Heute sind sie stolz darauf, als Pioniere in der Verbundwerkstoffindustrie und als Vorreiter in der Entwicklung zukunftsweisender Produkte wahrgenommen zu werden. Die erfolgreiche Abwicklung von Aufträgen hat in den vergangenen Jahren ein nachhaltiges Wachstum ermöglicht. Radiate zählt 12 hochqualifizierte Mitarbeitende aus aller Welt, darunter Ingenieurinnen und Ingenieure, Simulationsprofis, Industriedesignerinnen und Konstrukteure.
Vor knapp zwei Jahren bezog das Unternehmen sein Hauptquartier an der Hohlstrasse und richtete ein hochmodernes Prototyping-Labor ein – ein weiterer Innovationsschritt für das Unternehmen.
Was steckt hinter dem Erfolgsgeheimnis von Radiate? Ihr Ansatz liegt darin, eine gesamtheitliche Perspektive einzunehmen und digitale und physische Elemente bei der Produktentwicklung miteinander zu verschmelzen. Bereits frühzeitig setzten sie auf die Integration von Simulationstechnologien in den Konstruktionsprozess, was sich als kluger Schachzug erwies.
Die Verwendung dieser fortschrittlichen Technologien ermöglichte es, den Produktentwicklungsprozess drastisch zu verkürzen und gleichzeitig Kosten zu reduzieren. Dadurch können die Ingenieure und Designerinnen in Rekordzeit Konzepte produzieren, diese unmittelbar testen und validieren, was wiederum die Entwicklung neuer Produkte beschleunigt und zu einer äusserst effizienten Arbeitsweise führt.
Dank diesem innovativen Ansatz hat Radiate ihren Platz an der Spitze der Branche fest etabliert. Das Unternehmen tritt damit den Beweis an, dass die Verknüpfung von modernster Technologie mit kreativem Design auch in einem Hochpreisland wie der Schweiz der Schlüssel zum Erfolg sein kann. Mit einem hochmotivierten Team, das sich leidenschaftlich für Spitzenleistungen einsetzt, will man weiterhin den Markt revolutionieren.
Ein wichtiger Fokus wird in Zukunft auf der Entwicklung von Produkten liegen, die nicht nur innovativ, sondern auch nachhaltig sind. Denn eines ist klar: ob es nun um Rohstoffe, Recycling oder den Energieverbrauch in der Produktionsphase geht – Nachhaltigkeit wird immer mehr zu einer treibenden Kraft für die Velobranche. Das Team bei Radiate setzt sich daher mit der Integration von Nachhaltigkeit in jedem Schritt des Entwicklungsprozesses auseinander und betrachtet dabei verschiedene Handlungsfelder und Möglichkeiten.
In der Konzeptphase werden Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt, während man auf ein modulares Design und ausgewählte Materialien in Bezug auf Umweltbilanz und Langlebigkeit setzt. Dank simulationsgetriebener Entwicklung wird Material gespart, werden weniger Prototypen benötigt und der Lebenszyklus der Produkte verlängert, was unter dem Strich wiederum der Ressourcenschonung dient.
Dieser Artikel erschien zuerst im Fachmagazin Cyclinfo.

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