Aline Kuenzler,
Autorin
(aline.kuenzler@velogisch.ch)
News,
17.11.2025
Am Zukunftstag schnuppern Fünftklässler in der Arbeitswelt Velokurier-Luft. Sie lassen den Arbeitsalltag zur Schnitzeljagd werden.
Aline Kuenzler,
Autorin
(aline.kuenzler@velogisch.ch)
News,
17.11.2025
Sonnige Pause am Hauptbahnhof: Zusammen mit Arbeitskollegen werden passende Zugverbindungen für unsere Sendungen abgewartet. (Bild: Aline Künzler)
Unser Morgen des Zukunftstags vom 13. November beginnt in der Zentrale des Veloblitz in Zürich Altstetten. Wie viele Schweizer Betriebe ermöglicht auch die Genossenschaft Veloblitz am nationalen Zukunftstag Schülerinnen und Schplern den Einblick in ihren Arbeitsalltag.
Drei neugierige Fünftklässler packen meinen Kurierrucksack aus. Sie finden darin die Grundausstattung für meine Arbeit als Velokurierin: Reparaturmaterial, Werkzeug, Massband, Verpackungsmaterial, eine Waage und einen Quittungsblock.
Die Kinder nehmen jeden Gegenstand in die Hand, probieren aus, wägen ein Gesamtgewicht von fast fünf Kilo und staunen. Der Rucksack wird zum ersten Aha-Moment. Er zeigt, was der Beruf verlangt: Autonomie, Vorbereitung und Improvisationsfähigkeit.
«Das ist nicht nur Velofahren», bringt es einer der Schüler auf den Punkt. Obschon der Beruf des Velokuriers, der Velokurierin keine Ausbildung erfordert, ist es nicht «einfach velofahren». Schweizweit üben rund fünfhundert Erwerbstätige den Beruf im Sattel aus. In jeder grösseren Schweizer Stadt gibt es seit rund dreissig Jahren Logistikanbieter, die per Velo unterwegs sind.
Viele von ihnen haben sich auf den Transport von Express-Sendungen im Medizinalbereich spezialisiert. Damit diese dringenden Sendungen rechtzeitig ankommen reicht die Ausrüstung im Kurierrucksack aber nicht: Im Dispositionsbüro der Genossenschaft Veloblitz flüstern die Kinder und verstehen rasch, dass auch die Mitarbeitenden hinter dem Bildschirm hochkonzentriert sind.
Auf mehreren Bildschirmen sind Aufträge eingebildet, Farbcodes verraten die Art der Aufträge, nicht nur das Telefon klingelt fast ununterbrochen, sondern auch die Funkanlage knistert pausenlos. Per Funk erhalten die Mitarbeitenden auf der Strasse grobe Infos zu ihren Aufträgen. Alle Details sind im Transportmanagementsystem auf ihren Smartphones abgebildet. Nach einigem gespannten Zuhören können auch die Kids aus dem Rauschen der Funksprüche erste Meldungen verstehen. Nur einer der dreien wagt sich aber, auch selbst einen Funkspruch zu senden und einen Auftrag zu disponieren.
Mit rund fünfzig Vollzeitstellen gehört der Veloblitz zu den grössten Velokurierunternehmen der Schweiz. Da kommen mittags viele hungrige Mäuler zusammen. Zusammen kocht es sich eindeutig leichter und ich bin dankbar um die Hilfe der zwei Zukunfts-Jungs in der Küche. Wir kochen Spaghetti mit Tomaten-Gemüse-Sauce für rund dreissig Personen.
Beherzt schneiden die Fünftklässler nicht nur Rüebli, sondern reiben fast eine halbe Stunde lang Gruyère. «Das ist viel zu viel Käse», sind sie schlussendlich überzeugt. Ein hungriger Kurier kann darüber nur lachen: Er fährt fast hundert Kilometer pro Tag und sagt: «zu viel Käse gibt es nicht». Tatsächlich ist es keine Seltenheit, dass Velokuriere derart weit fahren. Das Einzugsgebiet des Veloblitz reicht von Baden über Bülach bis um den Zürichsee. Der Zmittag und die Hilfe der Kinder wird daher umso mehr geschätzt.
Eine nicht ganz so weite Strecke legen wir auf unserer «Schicht» am Nachmittag zurück. Unsere Fahrt von Altstetten über die Zürcher Innenstadt bis zum Bahnhof ist nicht weit, aber auch für mich umso erlebnisreicher. Sobald die Kinder aufs Velo steigen, wird mein Arbeitsalltag zur Schnitzeljagd. Der unvoreingenommene Blick der Schüler lässt mich den grünen Streifen der Velovorzugroute als unverständliche Markierung und die Beschriftung an Bürogebäuden als Schatzkarte wahrnehmen. Ich bin beeindruck, wie sich die Kinder Hausnummern merken, die richtige Firma im Gebäudekomplex finden und ohne Hemmung auch im Grossraumbüro den Herrn im Anzug ganz einfach fragen: «Wie heisst du?». Viel schneller, als wenn ich jeweils höflich und formell um eine Unterschrift bitte. Erfolgreich sind die Kids auch beim Treppen-Rennen: Schneller als ich im Lift, sogar bis in den dritten Stock sind sie.
Besonders engagiert sind die «Zukunftskinder» am Hauptbahnhof unterwegs: Eine grosse Kiste, gefüllt mit Laborproben tragen die Jungs zu zweit quer durch die Bahnhof. Ganz bequem für mich derart unbeschwert zu arbeiten. Die Sendung laden wir von einem Zug in einen anderen. «Kisten können ja nicht alleine umsteigen», wird mir lehrmeisterlich erklärt. Dieser Transport wird im Rahmen des Angebots von «Swissconnect» ausgeführt. Die Genossenschaft Veloblitz ist Partner dieses nationalen Netzwerks, das etwa achtzig lokale Kurierfirmen vereint. Durch die Kombination von Transporten per Velo, Zug und Auto werden so maximal schnelle und effiziente Transporte in der ganzen Schweiz ermöglicht. Nachdem wir unsere Kiste erfolgreich in einem geschlossenen Abteil im Zug deponiert haben, muss ich lediglich die Kinder überzeugen, selbst aus demselben wieder auszusteigen
«Die Kiste kann nicht alleine umsteigen», deshalb laden Velokuriere bei nationalen Transporten Sendungen von einem Zug in den nächsten. (Bild: Aline Künzler)
Zurück in der Zentrale rechnen wir stolz unsere Auftragszahlen zusammen. Fünf Fahrten für eine erste Schicht – nicht schlecht. Da werden die Kids fast schon frech und bezichtigen einen Büro-Mitarbeitenden des Nichtstuns: «Du hast gar nicht gearbeitet.» Der Satz ist nicht boshaft, aber doch ernst gemeint. Wir diskutieren die Diskrepanz zwischen sichtbarer und unsichtbarer Arbeit.
Für gelingende Transporte als Velokurier braucht es nicht nur starke Wädli und guten Orientierungssinn, sondern auch freundliche Kundenberater sowie konzentrierte Disponentinnen. Die Kids sind sich aber trotzdem einig: «Velo bockt schon mehr als Büro.»

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