Erste Wahl für die letzte Meile

Der motorisierte Gütertransport mindert die Lebensqualität in Schweizer Städten. Das Beispiel des Zürcher Kurierbetriebs Veloblitz zeigt, wie eine Stadt dank Citylogistik lebenswerter wird.

Aline Künzler

Aline Kuenzler, Autorin (aline.kuenzler@velogisch.ch)
News, 27.06.2024

Der Zürcher Kurierbetrieb Veloblitz liefert seit mehr als 30 Jahren Expressendungen per Velo aus. Anfang Juli 2024 erweitert die Genossenschaft ihr Angebot und bietet nicht nur umweltfreundliche Transporte, sondern auch Lagermöglichkeiten und Feinverteilung für die Citylogistik an.

Mit 130 Mitarbeitenden, einer Flotte von über 20 Cargobikes und der neuen Zentrale mit Hochregallager ist der Veloblitz nun «gerüstet für die Citylogistik», freut sich Tobias Schär von der Geschäftsleitung des Kurierbetriebes.

Nahe an Sendung und Kundschaft

In ihren knallgelben Rucksäcken transportieren die Kurierinnen des Veloblitz «Wichtiges und Dringendes»: Von der Blutprobe, die sofort ins Labor muss über rasch benötigte Medikamente bis hin zur Kündigung und zum Hochzeitsring befördern sie, was nicht bis morgen warten kann. Diese Expresslogistik ist das angestammte Tätigkeitsfeld der flinken Zweiradlogistiker.

Die Velokurierinnen sind aber nicht nur schnell, sondern bündeln ihre Sendungen effizient und bleiben durch kurze Kommunikations- und Transportwege ebenso nahe an der Kundin wie an der Sendung. Diese Eigenschaften machen Velokuriere zu wichtigen Akteuren in der Citylogistik. Die Feinverteilung von Gütern im urbanen Raum, auch bekannt als «letzte Meile», wird zunehmend komplex und fordert dadurch ebenso flexible wie innovative Lösungen.

Ganzheitliche Betrachtung der urbanen Logistik

Der wachsende Versandhandel, die Verdichtung der Städte und der Klimawandel sind zentrale Aspekte, die ein Umdenken des urbanen Transports erfordern. Das war bereits 2021 Ausgangslage für eine Studie der Rapp AG, die von der Städtekonferenz Mobilität in Auftrag gegeben wurde.

Im Rahmen dieser Analysen wurden fehlende Flächen für Be- und Entlad, hohe Lärm- und Schadstoffemissionen, wie auch der Attraktivitätsverlust öffentlicher Räume und nicht zuletzt hoher Energieverbrauch und hohe CO2-Emissionen als Kernprobleme des zunehmenden Güterverkehrs im urbanen Raum identifiziert.

Damit diese Missstände verbessert werden können, muss gemäss der Studie, der Transport nicht isoliert, sondern zusammen die Sammel-, Abhol- und Übergabestandorte betrachtet werden.

Kurze Wege dank lokaler Zusammenarbeit

Genau dies will die Genossenschaft Veloblitz mit dem neuen Logistikangebot tun. Lokale Produzentinnen können ihren Online-Shop beim Kurierbetrieb anbinden und ihr Lager dorthin verlegen. Dann gelangt die Endkundenbestellung direkt zu Veloblitz, welcher Kommissionierung und Auslieferung erledigt. Hierfür stehen in der 2023 ausgebauten Halle in Zürich Altstetten ein Hochregal-, Kühl- und Gefrierlager bereit.

Können Produkte wie etwa der lokale Blumenstrauss erst nach der Kundenbestellung fertiggestellt werden, fährt der Veloblitz beim Produzenten vorbei. Direkt vor Ort beim Blumenladen oder im Hub werden die Sendungen gebündelt, zu Touren kombiniert und gleichentags ausgeliefert.

Das passiere alles mit kürzest möglichen Wegen für Transport und Kommunikation, heisst es beim Kurierbetrieb So fielen grosse Lager, Umschlagsarbeiten und Transporte zu Verteilzentren ausserhalb der Stadt weg.

Von Zürich für Zürich

Trotz der Angebotserweiterung und dem Umzug in die grosszügige Zentrale bleibt der Veloblitz ein KMU. Tobias Schär erklärt, dass die Kuriere nicht nur die Stadt wie ihre Hosentasche, sondern auch ihre Kunden persönlich und die Spezialitäten jeder Sendung genau kennen.

Die individuelle und kundenspezifische Verarbeitung jeder Bestellung ist seit jeher eine Kernkompetenz der Expresslogistiker. Die Mitarbeitenden seines Betriebes seien es sich aus dem Tagesgeschäft mit spontanen Transporten im Medizinalbereich gewohnt, jeder Sendung volle Aufmerksamkeit zu schenken, sagt der Vertriebsleiter des Veloblitz.

Dabei gehört der Umgang mit fragiler Ware in diversen Verpackungen, die persönliche Abgabe und Spezialwünsche zum Alltag einer Velokurierin. Somit bringt der Kurierbetrieb das nötige Rüstzeug mit, nicht nur Laborproben, sondern auch lokale Produkte sicher, effizient und mit persönlicher Note zur Empfängerin zu bringen.

Tobias Schär erzählt, wie der Veloblitz bereits heute mit lokalen Betrieben zusammenarbeitet. Die Kuriere transportieren unter anderem lokal produzierte Schokolade, Gebäck und Würste, aber auch vor Ort reparierte Kaffeemaschinen, Reisekoffer und Textilien.

Nationale und globale Kooperationen

Nicht nur mit lokalen Produzenten, sondern auch mit national und global agierenden Logistikunternehmen arbeitet die Kurierzentrale in Basel zusammen. Auf der Umschlagfläche der Kurierzentrale werden Pakete aus dem Lastwagen auf Cargobikes und Anhänger umgeladen. Diese fahren als Teil des Güterverkehrskonzepts des Kantons Basel-Stadt emissionsarm, leise und platzsparend in die Innenstadt zum Endkunden.

City-Hubs werden Realität

Der Basler Kurierbetrieb, wie auch die Genossenschaft Veloblitz in Zürich haben ihre Zentralen in speziell für Umschlag und lokale Zusammenarbeit vorgesehenen Flächen. Die Kurierzentrale ist Teil des City-Hub «Basel Wolf», während der Veloblitz im neu umgenutzten «Werkstatt-Areal» in Zürich Altstetten sitzt.

Beide Flächen sind bereits in der genannten Studie der Städtekommission Mobilität von 2021 als Praxisbeispiele für zukünftige Logistikkonzepte aufgeführt. Heute sind diese Flächen in Zürich und Basel funktionierende City-Hubs und ermöglichen den Kurierbetrieben ihren Beitrag zu lebenswerteren Städten im Rahmen der Citylogistik zu erweitern.

Im Züricher Werkstatt-Areal werden noch dieses Jahr weitere lokale Produzenten ihre Standorte eröffnen. Tobias Schär freut sich auf weiteres Zusammenarbeiten, um das neue Lager zu füllen.

 

 

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