Durch die Schöllenen ohne Autos

Die Gotthardpassstrasse zwischen Göschenen und Andermatt wurde während der letzten fünf Jahre saniert. Dabei wurde auch ein vom motorisierten Verkehr getrennter Velo- und Wanderweg durch die Schöllenen gebaut. Velojournal hat ihn ausprobiert. 

Fabian Baumann, Redaktor (fabian.baumann@velojournal.ch)
28.06.2019

Die Schöllenen zwischen Göschenen und Andermatt ist eindrücklich. Die Reuss hat sich im Lauf der Jahrtausende mit ihren Wassermassen tief in die Schlucht gefressen. Die Bergflanken ragen steil in die Höhe. Mitten hindurch führt die Gotthardpassstrasse, eine wichtige Verbindung von Norden nach Süden. In den Sommermonaten fahren täglich 8000 Fahrzeuge durch die Schöllenen. Zu Spitzenzeiten, an Wochenenden im Juli und August, türmt sich die Blechlawine auf bis zu 13'800 Fahrzeuge auf.

Neuer Velo- und Wanderweg

Während der letzten fünf Jahre wurde der Strassenabschnitt zwischen Göschenen und Andermatt umfassend renoviert. Unter Federführung des Bundesamtes für Strassen Astra wurde aber nicht nur die Passstrasse instand gesetzt. Gleichzeitig ist eine von der Strasse getrennte Wander- und Veloroute durch die Schöllenenschlucht entstanden.

Sie beginnt kurz vor der Tanzbeingalerie und führt auf gut fünf Kilometern Strecke bis zur Teufelsbrücke. Ab der Galerie besteht für Fahrräder bergauf ein Fahrverbot. Das Benützen der neuen Strecke ist damit selbst für Rennvelos Pflicht. Imposant: Die Route verläuft zum Teil auf Galeriedächern der Passstrasse sowie der Matterhorn-Gotthard-Bahn. Ein neu erstellter Rastplatz, genannt Geissenplatz, lädt zur Rast ein. Es gibt Bänke und einen Grill. Zuvor stand hier ein Gebäude der Armee. 

Wander- und Veloroute durch die Schöllenen.Ab hier geht's für Wanderer und Velofahrerinnen ohne Autos durch die Schöllenen.

Im Bereich der Bätzkehren und bei der Teufelsbrücke wurden Unterführungen gebaut, damit Velos und Fussgänger die stark befahrene Passstrasse gefahrlos queren können. Richard Kocherhans, Leiter der Astra-Filiale Zofingen, freut sich: «Das ist eine ganz grosse Verbesserung der Verkehrssicherheit.»

Laut Astra belaufen sich die Baukosten auf etwa 105 Millionen Franken. Etwa ein Viertel davon entfalle auf die «Langsamverkehrsroute», sagt Projektleiter Willy Reck.

Vorzeigeprojekt mit Schönheitsfehler

Velojournal hat am 27. Juni die neue Strecke befahren. Der Wander- und Veloweg durch die Schöllenen ist gelungen. Beim Bau wurde an beide Nutzergruppen gedacht. Die linke Hälfte des Wegs ist mit Kies belegt, was Wanderer und Bikerinnen freut. Die rechte Hälfte ist asphaltiert. Das kommt Velofahrenden mit dünneren Pneus entgegen. Endlich kann man die Schöllenen unter die Räder nehmen und die imposante Kulisse geniessen – ohne dauernd auf Autos, Lastwagen und die viele Töffs achten zu müssen.

Verschiedener Untergrund auf der Velo- und Wanderroute durch die Schöllenen.Für Biker gibt's Kies, für Gümmeler Asphalt. 

Schade ist, dass der Wander- und Veloweg durch die Schlucht für Radler nur bergwärts zu befahren ist. Die Abfahrt muss auf der Gotthardpassstrasse erfolgen. Beim Astra führt man die Sicherheit als Grund an. Rasante Biker könnten auf dem Weg ins Tal mit entgegenkommenden Wanderern und Velofahrenden zusammenstossen.

Ein klarer Schönheitsfehler ist, dass die tolle Route bei der Teufelsbrücke endet. Wer bis nach Andermatt will, muss den letzten Kilometer bis ins Dorf auf der Strasse fahren – im regen Verkehr.

Trotzdem fällt das Fazit des Redaktors positiv aus. Die neue Route durch die Schöllen zeigt eindrücklich, was möglich ist, wenn bei Strassenbauarbeiten an Fussgänger und Velofahrerinnen gedacht wird.

Fotos: Fabian Baumann