Die Velobranche ist ausgesprochen saisonal und zudem vom Wetter abhängig. Mit konstant schönem Wetter und nur sehr wenig Niederschlägen bot dieses Frühjahr eigentlich ideale Bedingungen - aber dann kamen Mitte März die Coronavirus-Pandemie und die Schliessung der Ladenlokale in die Quere. Inzwischen darf das Zweiradgewerbe wieder den vollen Umfang der Dienstleistungen anbieten. Aber angesichts von gestaffelten Produktionsstopps, zuerst in Fernost und später auch in Europa, und einem Rückstau bei der Containerfracht drohen nun Engpässe bei der Warenversorgung.

Vorbildlich: Beim Velo-Shop Vonäsch in Zollikon hält die Kundschaft den
Abstand von 2 Metern ein und wartet diszipliniert vor dem Ladenlokal.
Trotz geschlossener Verkaufslokale verzeichneten viele stationäre Fachhändler in den vergangenen zwei Monaten rege Geschäfte - allerdings eher im Bereich der Werkstatt als beim Verkauf von neuen Velos. Weil viele Pendler den öffentlichen Verkehr aus Angst vor einer Ansteckung mieden, stieg die Nutzung des Velos während der Phase der einschneidendsten Massnahmen spürbar an. Das zeigen die Zahlen des Projekts Mobis-Covid19 zum Mobilitätsverhalten. Und das bekamen auch die Velohändler zu spüren: Die Werkstätten liefen so weit es die Hygiene- und Distanzvorschriften erlaubten auf Hochtouren, und Reparaturtermine waren oft mit Wartezeiten verbunden.

Ordnungshüter in eigener Sache: Thomas Ernst sorgte vor seinem Fachgeschäft Velo Zürich
als Schweizer Velogardist dafür, dass der Ansturm nach der Wiedereröffnung gesittet verlief.
Seit dieser Woche dürfen die Velohändler auch in der Schweiz die Verkaufslokale wieder für Kundschaft öffnen - die Kollegen in Österreich und Deutschland waren noch früher dran. Der Nachholbedarf auf Seiten der Kundschaft scheint gegeben - der Ansturm auf den Fachhandel ist diese Woche spürbar höher als gewohnt. Um im Ladenlokal die Abstände einhalten zu können, empfiehlt es sich daher, auf die vorgängige Vereinbarung von Terminen zu bestehen. So verzeichnete Thomas Ernst von der Velo Zürich GmbH bereits am Montag 17 Beratungstermine von je einer halben Stunde - während er selbst vor dem Laden als Schweizergardist verkleidet die Einhaltung der Mindestabstände kontrollierte.

Die Aktienkurse asiatischer Branchenschwergewichte wie Shimano, Giant Manufacturing
und Merida Industry haben sich bis Mitte Mai auf Vorkrisen-Niveau oder mehr erholt.
Bild: Google Finance
Positiv ist auch die Entwicklung der Aktienkurse einiger wichtiger Akteure auf globaler Stufe: Die Verunsicherung rund um die Coronavirus-Pandemie und die zunächst in den Keller sackende Konsumentenstimmung hatten im März für einbrechende Kurse gesorgt. Die Erholung setzt jedoch meist bereits im April ein und verstärkte sich im Mai weiter - unter dem Eindruck einer zumindest teilweisen Rückkehr zu einer gewissen Normalität und der Tatsache, dass die Nachfrage nach Velos durch das geänderte Mobilitätsverhalten in Folge der Pandemie dauerhaft steigen wird. So legte der Wert der Aktie der Accell Group um rund 14 Prozent zu, während die Halfords-Aktie gar um 21 Prozent zulegte.

Während die Kurserholung bei der Accell Group etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt, zeigt der Kurs
der Aktie der auf Fahrzeuge und Zubehör spezialisierten Ladenkette Halfords steil nach oben.
Bild: Google Finance
Die Chancen, dass sich die entgangenen Verkäufe während der Hochsaison zumindest zu einem Teil kompensieren lassen und die Velobranche in dieser Krise weniger Schaden genommen hat als andere Zweige, sind somit intakt.







