Die Idee hinter den Shimano Service Center Championships ist einfach: Anders als bei den Schweizer Meisterschaften der Velomechaniker richtet sich der Wettkampf an gelernte Fachleute, die schon mitten im Berufsleben stehen. Und gibt diesen eine Gelegenheit, ihr Fachwissen rund um Produkte von Shimano sowie ihr handwerkliches Geschick zu beweisen. Bei der Premiere am Hauptsitz von Shimano-Servicepartner Fuchs-Movesa traten am Montag insgesamt 12 Fachleute an - zehn Männer und zwei Frauen. Während der Dienstälteste auf satte 34 Jahre Berufserfahrung verweisen kann, waren auch zwei Kandidaten mit von der Partie, die noch in der Ausbildung zum Velomechaniker stecken.

Moderator Franco Marvulli (im blauen Anzug) unterhält sich beim Quiz
mit (von links) Florian Lonfat, Samuel Melchert und Théo Mottet.
Unter der launigen Moderation von Franco Marvulli wurde zuerst das Fachwissen der Teilnehmenden im Rahmen eines lockeren Quiz geprüft - wobei das Abschneiden keinen entscheidenden Einfluss auf den Verlauf des weiteren Wettkampfs hatte. Die vier Besten im Quiz qualifizierten sich lediglich direkt für die Viertelfinals, während die übrigen acht im Rahmen der «Last Chance»-Runde erstmals ihr handwerkliches Geschick unter Beweis stellen mussten. Dieses wurde mit Aufgaben geprüft, die nahe am Werkstatt-Alltag liegen und für deren Erledigung jeweils 20 Minuten Zeit zur Verfügung standen - unter den wachsamen Augen einer Fachjury, die sich aus zwei Fumo-Angestellten, einem Worldcup-Mechaniker und einer Vertreterin des Fachhandels zusammensetzte.

Pro handwerklicher Aufgabe standen 20 Minuten zur Verfügung - aber
die meisten Kandidierenden erledigten ihre Aufgaben schneller.
Im praktischen Teil traten jeweils vier Fachleute gegeneinander an, worauf die Jury darüber entschied, welche zwei eine Runde weiter kamen und welche zwei ausschieden. In der «Last Chance»-Runde war zuerst eine Hinterrad-Bremse am Rennvelo zu entlüften, ehe die zweite Gruppe sich an der Demontage und der Revision eines Shadow-Reibungsdämpfers am Schaltwerk versuchte. Danach stand im ersten Viertelfinale der Austausch der Membrane an einem hydraulischen Bremshebel für Mountain Bikes und im zweiten das Pairing beider Di2-Schalthebel mit Schaltwerk und Umwerfer per E-Tube-Cyclist-App auf dem Programm. Nach den beiden Viertelfinals war die Überraschung perfekt, denn von den fünf Kandidaten aus der Romandie schafften vier den Einzug ins Halbfinale.

Da die Jury viel Wert auf die Qualität der erbrachten Arbeit legte und auch das
Vorgehen bewertete, waren Fachwissen und volle Konzentration gefragt.
Damit stand schon vorzeitig fest, dass der erste Sieger der Schweizer Shimano Service Center Championships aus der Romandie stammen würde - wie auch die komplette Dreier-Delegation der Schweiz an den ersten Shimano Service Center-Europameisterschaften, die 2024 zusammen mit den Gravel-Weltmeisterschaften in Belgien über die Bühne gehen werden. Im Halbfinale rückte erstmals das Thema E-Bike in den Fokus: Gefragt war die Erstellung einer kompletten Diagnose nach Fehlerprüfung aller Einheiten eines Steps-Hilfsantriebs - inklusive dem Sichern einer PDF-Dokumentation. Auch für diese Aufgabe benötigte keiner der Kandidaten die ganzen 20 Minuten. Dies machte es für die Fachjury nicht einfacher, über den Einzug ins grosse beziehungsweise kleine Finale zu entscheiden.

Bei den Aufgaben rund um die elektronischen Di2-Schaltungen zeigte sich, dass
Smartphones und Laptops einen festen Platz in modernen Werkstätten haben.
Im kleinen Finale ging es noch um den dritten Startplatz an den Europameisterschaften. Die Aufgabe war knifflig, galt es doch eine Di2-Rennveloschaltung von der Belegung der Schaltknöpfe her an ein vorgegebenes Szenario über SMPCE02 anzupassen und im Synchro-Modus abzuliefern. Dabei zog Florian Lonfat (Tschopp Cycles) gegenüber Jérémy Tachat den kürzeren - auch weil ihm laut eigener Aussage elektronische Schaltungen weniger liegen als mechanische. Im grossen Finale musste der Freilaufköprer einer Microspline-Direct Drive-Nabe auseinander gebaut und wieder zusammengesetzt werden - und das ohne Hilfe der dafür gedachten Spezialzange oder eines Schraubstocks. Dafür wurden weder eine Reinigung noch eine neue Fettpackung verlangt.

Kein Spezialwerkzeug, kein Schraubstock: Im Grossen Finale wurde
das Improvisationsvermögen der Finalisten auf die Probe gestellt.
Sowohl Jonathan Bras wie Dragos Ciubotaru liessen sich davon nicht beirren und erledigten die Aufgabe in weniger als fünf statt der eigentlich zur Verfügung stehenden 20 Minuten. Die Qualität der Ausführung und insbesondere die Sorgfalt beim Ausbau und der anschliessenden Montage der Dichtlippe zwischen Freilauf und Nabenkörper gaben laut der Fachjury den Ausschlag für Ciubotaru. Dieser hatte schon vor Beginn des Wettkampfs selbstbewusst erklärt, dass sein Ziel der Sieg sei. Dagegen war Jonathan Bras bereits vor dem grossen Finale sehr zufrieden mit seinem Abschneiden, freute sich über Rang 2 und das EM-Ticket und meinte zu seinem mageren Abschneiden im Quiz lachend: «Ich bin Mechaniker, kein Quizmaster.»

Zwölf Kandidierende, vier Jurymitglieder plus eine Zeitnehmerin und viele
fleissige Helfer der Fuchs-Movesa AG machten den Wettkampf möglich.
Nach der Siegerehrung bot sich allen Teilnehmenden Gelegenheit, bei einem Umtrunk und dem anschliessenden, japanischen Barbeque Eindrücke und Erfahrungen auszutauschen. Die zweite Austragung der Schweizer Shimano Service Center Championships ist erst für 2025 vorgesehen - schliesslich finden nächstes Jahr bereits die Europameisterschaften statt. Nachdem sich in diesem Jahr relativ kurzfristig etwas über 20 Berufsleute für die Premiere des Wettbewerbs angemeldet hatten, hofft Fuchs-Movesa in zwei Jahren auf ein nochmals erhöhtes Interesse seitens der schraubenden Zunft. Der eigentliche Sieger dürfte der Velomechaniker-Beruf sein, denn mit diesem Wettkampf wird Fachleuten eine weitere Gelegenheit gegeben, ihre handwerkliche Expertise zu zeigen.

Die drei Erstplatzierten der Schweizer «Shimano Service Center Championships» treten
2024 auch an der EM an. Fumo-CEO Richard Merz übergab dem Sieger die Trophäe.
1. Schweizer Shimano Service Center Championships
@ Showroom der Fuchs-Movesa AG, Lupfig
1. Dragos Ciubotaru, Tandem Lausanne
2. Jonathan Bras, La Bicycletterie Peseux
3. Jérémy Tachat, Castella Sports Bulle
Fotos: LvR







