Kommentar: Vertriebsstrukturen kommen in Bewegung

Die Bedeutung des Markteintritts von Wiener Bike Parts für den Schweizer Velohandel ist nicht zu unterschätzen. Je nachdem, was der deutsche Grosshändler in die Schweiz liefern wird, kann das die hiesige Vertriebslandschaft schwer beeinflussen. Schweizer Vertreiber sind der Entwicklung aber nicht hilflos ausgeliefert – eine Analyse von Cyclinfo-Redaktor Urs Rosenbaum

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Branche, 17.08.2015

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Der Teilegrosshandel der Winora-Gruppe ist der erste grosse Zubehör- und Komponentenvertreiber aus den Nachbarländern, der sich nun mit ernsthaften Ambitionen im hiesigen Markt anmeldet und aktiv auf die hiesigen Händler zugeht. Hier kommt nicht einfach ein weiterer Anbieter, der noch ein paar Teile anbietet, sondern ein professionell aufgestelltes Handelsunternehmen mit jahrzehntelanger Erfahrung im hart umkämpften deutschen Markt. Bisher waren EU-Aussengrenze mit diversen Hürden für den Handel, die andere Währung und die zusätzlichen Sprachen abschreckend genug, damit internationale Anbieter einen Bogen um unsere kleine Alpennation machten. Doch die internationale Logistik ist mit etwas Geschick eine bewältigbare Hürde, das haben zahlreiche Veloanbieter bereits bewiesen. Es war daher nur eine Frage der Zeit, bis auch Teilevertreiber kommen würden. Unter diesen Voraussetzungen ist es gut denkbar, dass bedeutende Mitbewerber wie Hartje, Lindlau oder BBF dem Beispiel von E.Wiener Bike Parts folgen werden.

Vertriebsstrukturen auf dem Prüfstand
Diese können zwei gewichtige Argumente für sich in die Waagschale werfen: Zum Einen sind es die oft günstigeren Preise, die durch tiefere Infrastrukturkosten und in den Nachbarländern und das grosse Geschäftsvolumen möglich sind und die durch starke Wechselkurs-Schwankungen wie im letzten Winter noch verstärkt werden. Nachdem Endkunden bereits vom Einkaufstourismus profitiert haben, stehen so auch dem Handel vergleichbare Möglichkeiten zur Verfügung. Zum Andern ist es die Breite des Angebots: Gerade in Deutschland sind Zubehör- und Teilevertriebe weniger streng an einen einzigen Anbieter gekoppelt; dass ein Grosshändler ganz offiziell diverse Marken nebeneinander an den Handel liefern, ist gang und gäbe und hat zur Folge, dass verschiedene Handelshäuser ihren B2B-Kunden ein breites Angebot von über 10'000 Aritkeln anbieten können. Dass dieses Argument zählt, zeigt ein Blick ins Nachbarland Österreich: Nachdem die deutschen Vertreiber auch in diesen Markt zu liefern begannen, verschwanden zahlreiche österreichische Vertreiber, und viele Marken haben unterdessen nur noch gemeinsame Vertriebsadressen für beide Nationen.

Wie stark der Einstieg von Wiener Bike Parts die Schweizer Grosshandelslandschaft durchschütteln wird, hängt zu einem grossen Teil daher auch davon ab, welche Artikel der Vertreiber in den hiesigen Markt liefern wird. Sind es nur seine Eigenmarken und einige kleinere, unbedeutende Brands, so wird sich der Effekt in Grenzen halten. Sind es aber namhafte Komponenten- und Zubehörmarken, kann das den angestammten Vertreibern im hiesigen Markt das Leben durchaus schwer machen. Sollten dadurch bisherige, auf Länder beschränkte Vertriebsvereinbarungen ausgehebelt werden, wächst den bisherigen Alleinanbietern zusätzliche Konkurrenz auch im Inland: Denn wird eine Marke von einem internationalen Vertreiber in den Markt geliefert, schmelzen die Argumente dahin, warum nicht auch mehr als ein Schweizer Handelsunternehmen diese Teile darf.

Chancen für die hiesigen Vertreiber
Schweizer Vertreiber sind durch diese Entwicklung gefordert, aber nicht per se die Verlierer. Denn auch sie können einige Vorzüge für sich beanspruchen, mit denen ein deutscher Vertreiber kaum mithalten kann: Erstens ist das die Geschwindigkeit: Aus einem internationalen Lager werden Bestellungen nicht gleich schnell zum Händler geliefert werden können wie von einem lokalen Distributor. Das Argument der kurzen Wege wird Zweitens auch bei Servicefällen schwer ins Gewicht fallen, wo Waren vom Händler für Reparaturen oder Austausch zurück zum Lieferanten müssen. Und Drittens dürfen die kulturellen Unterschiede nicht unterschätzt werden: Auch wenn in Deutschland mehr oder weniger dieselbe Sprache gesprochen wird wie im Grossteil des Schweizer Markts, gibt es doch andere Erwartungen an den persönlichen Umgang unter Geschäftspartnern und die daraus folgenden Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit. Wenn die Sortimente vergleichbar werden, kann das der entscheidende Punkt sein, warum ein Schweizer Händler auch weiterhin an der Partnerschaft mit lokalen Lieferanten festhalten wollen. Ihre Meinung ist gefragt:
Welche Folgen hat der Markteintritt von Wiener Bike Parts für Schweizer Velofachhändler und die Schweizer Vertriebsfirmen? Benutzen Sie für Ihre Einschätung die untenstehende Kommentarfunktion oder, wenn sie Ihre Ansichten nicht mit allen Lesern teilen möchten, senden Sie uns eine vertrauliche Nachricht an mail@cyclinfo.ch
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