Die E-Bike-Preisspirale

Der E-Bike-Markt boomt seit Jahren. Doch mit der wachsenden Beliebtheit und der rasanten technologischen Entwicklung steigen auch die Preise. Und das nicht zu knapp, wie unsere Auswertung zeigt.

Fabian Baumann, Redaktor (fabian.baumann@velojournal.ch)
E-Bike, News, 19.08.2025

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Wer heute ein E-Bike kauft, sieht sich einer riesigen Preisspanne gegenüber, die von erschwinglichen Einsteigermodellen bis zu luxuriösen High-end-Maschinen reicht. Diese konkurrieren nicht selten preislich mit einem Kleinwagen. Doch was treibt diese Entwicklung an? Ein genauerer Blick zeigt, dass es vor allem die Technologie, die Spezialisierung und die Diversifizierung sind, die die Preisschilder prägen.

Ein Blick zurück: Die stetige Kletterpartie der Preise

Als Basis dient die Elektrovelo-Marktübersicht, die Velojournal seit bereits 15 Jahren regelmässig veröffentlich. Für die Preisentwicklung wurden die letzte zehn Jahre eingehend betrachtet. Dabei zeichnet sich ein klares Bild: E-Bikes sind im Durchschnitt deutlich teurer geworden.

Lag der Durchschnittspreis eines von Velojournal vorgestellten Elektrovelos im Jahr 2016 noch bei 4643 Franken, stieg er im aktuellen Modelljahrgang auf stolze 5574 Franken: plus 20 Prozent. Etwas weniger stark hat sich der Medianpreis der E-Bikes entwickelt. Doch auch dieser liegt mit 5295 Franken aktuell gut 17 Prozent über jenem vor zehn Jahren. 

Fanden viele Modelle im Jahr 2017 noch in einem Bereich von 3000 bis 6000 Franken den Weg in den Velohandel, etablierten sich aber bereits damals Nischen für teurere Spezialräder wie Cargobikes, die die 9000-Franken-Marke knacken konnten.

Bis 2020 hatten sich die Preise gefestigt und für viele Kategorien leicht erhöht. Pendler-E-Bikes kosteten oft zwischen 4000 und 7500 Franken, während sportliche High-end-Modelle wie das Trek «Domane+ LT 9» bereits die 12’000-Franken-Grenze überschritten.

Der Fahrradboom während der Covid-19-Pandemie in den Jahren 2021 und 2022, gepaart mit globalen Lieferkettenproblemen, befeuerte die Preise weiter. Die Nachfrage explodierte, was zu langen Wartezeiten und weiter steigenden Kosten führte. Modelle wie der Stromer «ST5 ABS» lagen 2021 bereits bei über 10’000 Franken. Im E-Mountainbike-Segment erreichte beispielsweise das Rocky Mountain «Instinct Powerplay Carbon 90» im Jahr 2022 einen Preis von fast 14’000 Franken. 

Obwohl sich die Angebotssituation ab 2023 merklich entspannte, blieben die Preise auf einem hohen Niveau. Für das Modelljahr 2024 und den Ausblick auf 2025 setzt sich dieser Trend fort. Spitzenmodelle wie der Twinner «T1 Pro LE» (ab Fr. 14'750.–) oder das Opium «S-LR» (ab Fr. 10'490.–) zeigen, dass im High-end-Segment kaum Grenzen gesetzt sind. Gleichzeitig gibt es aber auch weiterhin gute Einsteigermodelle wie das Diamant «365 Acera» für rund 2000 Franken, was die enorme Spreizung des Marktes unterstreicht. 

Der Akku als Preistreiber

Einer der grössten Kostentreiber bei E-Bikes ist zweifellos der Akku. Seine Kapazität, gemessen in Wattstunden (Wh), bestimmt massgeblich die Reichweite und ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. 

Der Standard wächst

Galt vor wenigen Jahren noch ein 400- bis 500-Wh-Akku als Norm, wurden um 2020 bereits 625-Wh-Akkus zum weitverbreiteten Standard. Heute haben sich Kapazitäten von 750 Wh bis 800 Wh für viele leistungsstarke Touren- und Pendler-E-Bikes etabliert. 

Das Ultra-High-end-Segment

Parallel dazu hat sich eine Nische schnelle Elektrovelos aufgetan. Diese sind teils mit sehr grossen Akkus bestückt und werden von den Herstellern als Autoersatz – mit ähnlich hohem Verkaufspreis – angepriesen. Schon 2017 boten Marken wie Riese & Müller «Dual Battery»-Systeme mit 1000 Wh an. Dieser Trend hat sich verstärkt: Aktuelle Modelle wie das Opium «S-LR» erreichen mit einem Range-Extender über 2100 Wh. Der Schweizer Hersteller Speedped kann seine schnellen E-Bikes sogar mit einer Akkukapazität von bis zu 2700 Wh bestücken. Solche Kapazitäten ermöglichen enorme Reichweiten, treiben den Preis aber auch in die Höhe.

Zwischen maximaler Power und federleichter Unterstützung

Die Preisentwicklung spiegelt eine klare Polarisierung des Marktes wider. Auf der einen Seite stehen die bereits erwähnten, leistungsstarken E-Bikes mit riesigen Akkus. Auf der anderen Seite hat sich ein stark wachsendes Segment etabliert, das genau das Gegenteil anstrebt: die sogenannten «Light Support»- oder «Light Assist»-Elektrovelos. 

Diese Modelle zielen auf ein natürliches Fahrgefühl und ein geringes Gewicht ab, oft unter 20 kg. Erreicht wird dies durch kleinere, leichtere Motoren (z. B. von TQ, Mahle oder Fazua) und bewusst kleinere Akkus mit Kapazitäten zwischen 236 Wh und 400 Wh. Optisch sind diese Velos kaum noch von herkömmlichen Fahrrädern zu unterscheiden. Günstig sind sie deswegen aber nicht zwingend: Um das Gewicht zu senken, kommen oft teure Materialien wie Carbonrahmen und hochspezialisierte, leichte Antriebskomponenten zum Einsatz, was die Preise im mittleren bis oberen Segment ansiedelt.

Wenn 10’000 Franken die neue Norm sind

Der auffälligste Trend ist das Wachstum eines Ultra-High-end-Segments, in dem Preise von mehr als 10’000 Franken keine Seltenheit mehr sind. Diese Entwicklung wird durch die Integration neuester Technologien vorangetrieben, die das E-Bike sicherer, komfortabler und wartungsärmer machen sollen. Motor-Getriebe-Einheiten wie die Pinion «MGU», die Schaltung und Motor kombiniert, werden immer beliebter. Sie sind zwar teuer in der Anschaffung, bieten aber in Kombination mit einem Riemenantrieb ein nahezu wartungsfreies System. Features wie ABS für E-Bikes, elektronische Schaltungen und voll integrierte Designs, bei denen Akku und Motor nahtlos im Rahmen verschwinden, sind mittlerweile Kennzeichen von Premium-Modellen. Viele, insbesondere Schweizer Hersteller, bieten umfangreiche Konfigurationsmöglichkeiten an. Kunden können ihr Elektrovelo individuell zusammenstellen, was die Endpreise aber nicht selten auch über die beworbenen «Ab-Preise» treibt.

Für jeden Geldbeutel das passende E-Bike?

Die Preisspirale im High-end-Bereich wird sich voraussichtlich weiterdrehen, angetrieben durch technologische Innovationen und den Wunsch nach mehr Leistung, Reichweite und Integration. Doch die gute Nachricht ist: Der Markt differenziert sich so stark wie nie zuvor. Trotz der teuren Spitzenmodelle bleibt das Einstiegssegment um 2000 bis 3000 Franken stabil und zugänglich. 

Für Käuferinnen und Käufer bedeutet das vor allem eines: eine grössere Auswahl, die es ermöglicht, das passende E-Bike für die eigenen Bedürfnisse und das eigene Budget zu finden – vom leichten Stadtflitzer bis zum reichweitenstarken Touren-Kraftpaket.

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