Wie soll der Velofachhandel noch Umsatz generieren und so für Liquidität sorgen, wenn der Bundesrat per Bundesbeschluss vom 16. März verfügt hat, dass nur noch Reparaturen, aber kein Verkauf mehr zulässig ist? Die Antwort ist so einfach wie kompliziert - und lautet: Verschiebt Eure Verkaufstätigkeit ins Netz! Es ist jedoch kein Geheimnis, dass Online-Einkäufe in der Schweiz noch einen deutlich geringeren Anteil des Gesamtkonsums ausmachen als etwa in Deutschland. In dieser Hinsicht dürfte die aktuelle Coronavirus-Pandemie zu einer beschleunigten Veränderung des Konsumentenverhaltens führen. Und zu einer beschleunigten Anpassung des Angebots seitens des Fachhandels.

Abus Schweiz lenkt Besucher der Website gleich auf die Landingpage - und so zu Patnerhändlern.
Die Massnahmen, mit denen Lieferanten und Importeure den Fachhandelspartnern zwecks Verkaufsförderung unter die Arme greifen, zielen denn auch oft auf das Internet. Ein Beispiel dafür ist der Sicherheitsspezialist Abus: Damit dessen Helme und Schlösser weiterhin den Weg zu Konsumenten finden, hat Abus unter dem Stichwort «Abus beim Velofachhandel kaufen» eine Landingpage auf der eigenen Website eingerichtet. Hier sind Fachhändler aufgelistet, die selbst über eine funktionierende Webshop-Lösung verfügen und Produkte von Abus verkaufen. Diese Liste ist noch nicht vollständig, und interessierte Händler können sich per Mail bei sales@abus.ch melden, um mit aufgenommen zu werden.

Bei Vaude haben sich bisher erst wenige Händler aus der Schweiz auf der Landingpage eingetragen.
Ein ganzes Paket an Massnahmen stellt Vaude seinen Fachhandelspartnern in der DACH-Region zur Verfügung: Der süddeutsche Sportschneider bietet per Landingpage auf der eigenen, stark frequentierten Website eine Plattform zur Einrichtung eines lokalen Lieferdienstes. Wie gross das Bedürfnis nach solchen Lösungen ist, zeigt die Tatsache, dass sich innerhalb weniger Tage rund hundert Fachhändler dafür angemeldet haben. Auch bei der Intensivierung der Online-Geschäftstätigkeit steht Vaude mit Rat und Tat zur Seite. Und ein kulanter Umgang mit Liefer-Vereinbarungen trägt dazu bei, Liquiditätsengpässe zu vermeiden. Zudem erfolgen Lieferungen seit 1. April portofrei - und das nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz.

Weil die Experience Center von Simplon und die Ladenlokale der Fachhandelspartner geschlossen
bleiben müssen, bauen die Vorarlberger die Online-Beratung für Endkonsumenten aus.
Einen eigenen Weg wählt Simplon, um dem Fachhandel trotz geschlossener Ladenlokale zu einer ansprechenden Warenpräsentation zu verhelfen: Gegen Voranmeldung per Mail an office@simplon.com bieten die Vorarlberger eine kostenlose Online-Beratung durch den eigenen Kundendienst an. Dieser Service wird von Montag bis Freitag jeweils von 9 bis 16 Uhr angeboten - und macht umso mehr Sinn, als Velos von Simplon im Baukasten-System konfiguriert und an individuelle Vorlieben angepasst werden können. Um die Online-Beratung so effizient wie möglich zu gestalten, sollten interessierte Endverbraucher im Voraus einige Eckdaten (vollständiger Name, Körpergrösse, Gewicht, Schrittlänge) liefern. Die Auslieferung erfolgt über einen Simplon-Händler.

Komenda unterstütz den Fachhandel auch durch aktive Kommunikation auf verschiedenen
Socialmedia-Kanälen, wobei das Drop Shipping von Veloplace hervorgehoben wird.
Die Komenda AG hat die Fachhandelspartner von Anfang an eng durch die aktuelle Krise begleitet. Die Hilfestellungen umfassten nacheinander Erklärungen zur Korrektur der Öffnungszeiten bei Google, zur Erstellung eines Newsletters über den Mailchimp-Service und dazu, wie sich die Kompetenz in Verkauf und Werkstatt online vermitteln lassen. Auch konkrete Anregungen zum Verkauf unter Beachtung der Hygienevorschriften fehlten nicht. Um die Marge der Werkstatt zu verbessern, wurden zudem die Einkaufskonditionen für oft benötigte Ersatz- und Verschleissteile verbessert.Dazu kommt, dass Komenda als Co-Initiatorin von Veloplace für eine Abwicklung von Verkäufen übers Internet gut aufgestellt ist und diese Schiene in den vergangenen Wochen auch aktiv bearbeitet hat - was mit steigenden Kundenkontakten belohnt wird.

Auch Trek weist über Socialmedia Endverbaucher auf die verbliebenen Möglichkeiten hin,
bietet Fachhändlern Schulungen zu Online-Themen und setzt auf die Ascend-Schnittstelle.
Bei Trek setzt man auch in der ausserordentlichen Lage auf das Händlernetz - und bietet darum Konsumenten die Option Click & Collect, also die Abholung von Online bestellten Waren beim Händler, aber kein Drop Shipping an. Das heisst: Die Auslieferung von Velos und Zubehör erfolgt ausschliesslich über die Händler - auch um deren Kundenbindung zu stärken. Zudem hat Trek den Händlern Schulungen in den Bereichen Social Media sowie Onlineverkauf und -werkstatt angeboten, um sie auf die ungewohnte Situation aufmerksam zu machen. Mit der Retailmanagement-Software Ascend hat man in Dübendorf zudem ein weiteres Hilfsmittel zur Verfügung, um einen schnellen Überblick über die Lieferfähigkeit zu erhalten und Beratungen via Telefon oder Mail so effizient wie möglich zu gestalten.

Scott setzt auf den Online-Shop, um Endverbraucher und Fachhandel per Click & Collect zusammen zu bringen.
Scott Sports setzt in der ausserordentlichen Lage auf die Kombination des eigenen Onlineshops und einem Click & Collect-Modell. Auf der Website wird eigens auf diesen hingewiesen. Über diesen Knala verkaufte Velos werden aber weiterhin über den Fachhandel ausgeliefert. Dieser organisiert die Details der Übergabe der Ware an die Kundschaft unter Beachtung der Hygienevorschriften. Auf der B2B-Plattform hat Scott Sports zudem zahlreiche Informationen und Dokumente zusammengetragen, die bei der ungewohnten Fernberatung per Telefon oder Internet behilflich sein können. Auch wenn Scott Schweiz zurzeit mit reduziertem Pensum arbeitet, ist der Kundendienst für den Fachhandel per Telefon und E-Mail gewährleistet.

Vorfreude ahoi: Auf der Website von Santa Cruz-Importeur Trailworks können Endverbraucher neu
Gutscheine für Anschaffungen nach der Krise kaufen - was dem Fachhandel etwas Liquidität bringt.
Einen originellen Weg, um die aktuelle Konsumflaute zu überbrücken, hat Santa Cruz-Importeur Trailworks gewählt: In einem ersten Schritt wurden Fachhändler um Rückmeldungen gebeten, wo der Schuh am ehesten drückt. Bei Bestellungen von Velos, die während der Schliessung der Ladenlokale eingehen, gibt es einen Gutschein über CHF 300.- für Bekleidung von Santa Cruz dazu. Und als neuste Idee lanciert Trailworks über die eigene Website Gutscheine: Diese können im Wert von CHF 100.- bis 1000.- bei Santa Cruz-Händlern gekauft und später für alle Produkte und Dienstleistungen dieses Händlers eingelöst werden - ein schneller Weg, um den lokalen Fachhandel zu unterstützen und für Liquidität zu sorgen. Zudem bietet Trailworks Drop Shipping als Option an.

Belimport reagiert mit einer Rabattaktion auf die Coronavirus-Schockstarre, und
die passenden Vorlagen für Socialmedia-Kampagnen werden mitgeliefert.
Bei Belimport hat man wegen der Coronavirus-Pandemie komplett auf Home Office umgestellt, sichert aber weiterhin vollumfänglich den Service für Ersatz- und Verschleissteile. Auch die Verkaufsberater stehen dem Fachhandel telefonisch oder per E-Mail zur Verfügung. Die Tessiner raten Fachhändlern, aktiv zu kommunizieren und die Kundschaft nicht nur auf die offene Werkstatt, sondern auch auf die Möglichkeit der Übergabe neuer Velos auf diesem Weg hinzuweisen. Zudem stellt Belimport den Handelspartnern nun auch digitale Vorlagen für Socialmedia-Kampagnen zur Verfügung und sucht die Nachfrage über eine Rabattaktion für Merida-Velos anzukurbeln. Die Auslieferung erfolgt dabei konsequent über den Fachhändler.

Willi Felix trotzt der Coronavirus-Pandemie mit viel persönlichem Einsatz.
Auch bei der Agentur Felix macht man sich Gedanken, wie man dem Fachhandel in dieser schwierigen Zeit helfen kann. «Aktuell sind Transporte innerhalb Europas sehr schwierig, und vereinzelt mussten Lieferanten die Produktion wegen der Coronavirus-Pandemie ganz stoppen. Bei Hope ist dies im Moment der Fall, aber zum Glück verfügen wir über ein grosses Lager. Wenn ein Velo von Rotwild verkauft worden ist, bemühen wir uns, dieses dem Händler so schnell wie möglich zu liefern », so Willi Felix. In der Ostschweiz bietet die Agentur Felix bei Bedarf auch einen Bringservice an. Drop Shipping, also die Auslieferung direkt an Endkonsumenten, wäre technisch ebenfalls möglich, werde aber seitens der Händler laut Felix bisher nur ganz selten verlangt.

Bei Velocorner finden sich momentan viele Neuräder und aktuelle Auslaufmodelle:
Das virtuelle Schaufenster scheint sich schon herum gesprochen zu haben.
Wer sich im Internet nicht sattelfest fühlt und auch ohne oder mit nur sehr einfach gehaltener Website weiterhin Velos verkaufen will, sollte sich das Angebot von Velocorner nochmals genau anschauen: Am Rande der Infotech präsentierte sich dieses Start-Up vor allem als Online-Schaufenster für Occasionen und Ladenhüter, die sonst keinen Platz im Ladenlokal finden. In Zeiten der Coronavirus-Epidemie bietet sich das Geschäftsmodell von Velocorner aber auch an, um das komplette Sortiment eines stationären Fachgeschäfts zu präsentieren und so weiterhin Kundschaft anzusprechen. Auch wenn die erzielte Marge wegen der Provision für Velocorner geringer als gewohnt ausfallen dürfte: Lieber etwas weniger als gar nichts in der Kasse.







