Im Westen viel Neues

Mit dem Velo durch den unbekannten westlichen Teil Spaniens: Von Faro bis Bilbao entlang der portugiesischen Grenze, durch Olivenhaine, Korkeichenplantagen, grosse Städte und menschenleere Weite.

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Tania Lienhard
Reisen, 20.03.2025

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Das ist verrückt!» Wir sitzen nördlich von Bilbao in unserer Ferienwohnung. Vor uns ausgebreitet eine Spanien- und eine Portugalkarte. Wir lassen die vergangenen sieben Wochen Revue passieren. Sieben Wochen, in denen wir mit Mountainbikes von Faro im Süden Portugals bis hierher gefahren sind. Wir haben es geschafft, und das fast ohne Pannen: Zweimal fiel die Kette raus, einmal hatte ich einen platten Vorderreifen. 

Angefangen hatte alles im März: Wir verglichen auf der Papierkarte und online Stassen und Streckenprofile, rechneten aus, wie viele Kilometer wir pro Tag je nach ­Gelände fahren wollten, und reservierten Unterkünfte – aufgrund der oft geringen ­Bevölkerungsdichte mit entsprechend wenigen Übernachtungsmöglichkeiten blieb uns kaum etwas anderes übrig. Zwischendurch standen aber auch Städte auf dem Plan: Faro, Mérida, Salamanca, Valladolid. Jeden fünften Tag wollten wir eine kleine Pause einlegen. Wir hatten nämlich vor, die Reise – und das Meer – zu geniessen. Da wir nur in Portugal am Atlantik sein würden, danach bis Bilbao aber nicht mehr, beschlossen wir, in Nova Vila de Cacela gleich zu Beginn drei Nächte zu buchen.

Ein Land fürs Herz

In Portugal angekommen, sind wir froh über die Entscheidung, hier die erste Woche zu verbringen. Das Land ist unglaublich velo­freundlich. Das merken wir schon am Flughafen in Faro: Direkt neben der Gepäckausgabe steht uns eine Velostation mit allem, was wir zum Zusammensetzen der Bikes brauchen, zur Verfügung. 

Schon am ersten Bike-Tag von Faro nach Nova Vila de Cacela haut uns Portugal dann auch landschaftlich um. Das sanfte, spezielle portugiesische Licht trägt uns. Es ist Ende Mai, und die Temperaturen schwanken zwischen 17 und 20 Grad. Für unsere erste Etappe von 50 Kilometern benötigen wir nicht weniger als neun Stunden. Kein Wunder: Die Strecke fordert uns. Sie führt zu einem grossen Teil über unwegsames Gelände und ermüdenden Sandboden entlang von Salinen. Natürlich halten wir immer wieder an, um uns neugierig umzublicken.

In Portugal ist es auch, wo wir zum ersten Mal die Wegmarkierung der «EuroVelo»-Route 1 finden. Die Beschilderung ist gross­artig. Noch wissen wir nicht, dass es in Spanien schwierig sein wird, die «EuroVelo»-Route ausfindig zu machen, und wir uns auf unsere eigene Streckenplanung werden verlassen müssen.

In Nova Vila de Cacela, einer Kleinstadt kurz vor der spanischen Grenze, stellen wir erstaunt fest, dass die Einheimischen Englisch und auch Französisch sprechen – aber von Spanisch nichts wissen wollen. Im Restaurant spricht die Chefin sogar Schweizerdeutsch. «Wir mögen kein Spanisch», sagt sie und lacht. Nicht einmal hier, kurz vor der Grenze. So ist das halt mit kleinen und grossen Nachbarländern. 

In Portugal ist es auch, wo wir zum ersten Mal die Wegmarkierung der «EuroVelo»-Route 1 finden. Die Beschilderung ist gross­artig.

Zurück zu unserem unvergleichlichen Sandstrand in Nova Vila de Cacela, der jetzt, im Frühling, fast menschenleer ist. Trotzdem müssen wir uns vom kleinen Ort mit dem im wundervollen Violett blühenden Palisanderholzbaum auf dem Dorfplatz verabschieden und weiterfahren, über die Grenze nach Cartaya, Spanien. 

Für den Grenzübertritt nutzen wir die Fähre, die einmal pro Stunde zwischen Vila Real de Santo António und Ayamonte verkehrt. Eine Minute vor Abfahrt erreichen wir den Hafen und schaffen es knapp an Bord. Bei der Ankunft ist die Strömung so stark und das Timing der beiden Matrosen so schlecht auf den Kapitän angepasst, dass wir drei Anläufe brauchen, bis wir anlegen können. Sicher wieder an Land, müssen wir die Uhren umstellen: Spanien ist Portugal um eine Stunde voraus. 

Weite Leere

Im andalusischen El Real de la Jara gelangen wir auf die Via de la Plata. Sie ist Teil des südlichen Jakobswegs und führt von Sevilla nach Astorga. Auf den über 500 Kilometern, auf denen wir sie befahren, entdecken wir keinen einzigen Pilger. Kein Wunder: Der südliche Jakobsweg besteht aus fast unmenschlich langen Etappen von 40 Kilometern – zu Fuss sehr schwierig.

Zwischendrin: nichts. Kein Haus, keine Übernachtungsmöglichkeit, keine Verpflegung. Nur endlose Olivenhaine und Korkeichenplantagen. Wer hier pilgert, schätzt ganz besonders die ursprünglichen Werte, die beim «Camino francés» – dem berühmten, klassischen Jakobsweg im Norden – verloren gegangen sind. Ruhe und Zeit für innere Einkehr. 

Auch den bekannten «Camino francés» befahren wir auf unserer Reise während zweier Tage, allerdings erst knapp vor unserem Ziel. Wir sehen in der kurzen Zeit so viele Menschen, dass wir schlicht überfordert sind – das krasse Gegenteil zum Start der Reise. Überhaupt gefällt uns der Süden viel besser. Und das nicht nur wegen des vor allem in Andalusien vorherrschenden Erdbeerduftes, der uns entlang der Felder täglich begleitet.

Nein, wir lieben den Süden, weil hier mindestens einmal pro Tag Autofahrerinnen und Autofahrer einen freudig anhupen. Manchmal fahren sie sogar kurz neben uns her, um zu fragen, wohin wir radeln. Das geht einfach direkt ins Herz. 

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