1993 läutete die IG Velo Zürich (heute Pro Velo) eine neue Ära ein: Seit 1986 hatte Zürich seine «Veloziitig», Basel und Bern hatten ihre «Veloblätter». Daraus wurde das Velojournal, dem sich später auch Bern, Basel und weitere Regionalverbände anschlossen. Die beiden Initianten, Martin Hecker und Pete Mijnssen, wollten die Popularität des Mountainbikes auch für das Alltagsvelo nutzen. Mit journalistischen Mitteln wollte man für politische Anliegen kämpfen und gleichzeitig ein modernes Magazin schaffen, das durchaus auch etwas Lifestyle enthalten durfte. Der damals noch neue Ausdruck kam in der Zürcher Veloszene nicht nur gut an, die ältere Winterthurer Kerngruppe war zudem müde und gab die Leitung an das neue Redaktionsteam ab. Mit dem Magazin, das zehnmal pro Jahr erschien, sollte ein veloaffines Publikum angesprochen werden. Mit dem «Kochkomix» gelang es, den damals noch nicht sehr bekannten Zeichner Mike van Audenhove ins Boot zu holen, der dann leider 2009 viel zu früh verstarb. Sein Wortwitz zaubert beim Zurückblättern noch immer ein Schmunzeln hervor.
Breite Themenpalette
Was gab es denn vor 25 Jahren im Velojournal zu lesen? Da waren Reportagen über die inzwischen verschwundenen Schweizer Velohersteller Villiger, Condor, Cortebike und Ferraroli. Andere Artikel behandelten den Dauerbrenner Veloregistratur, der 2011 mit der Abschaffung der Velovignette entsorgt, aber nicht gelöst wurde. Auch die Eröffnung des Solothurner Radwegnetzes, des Vorläufers von Veloland Schweiz, war ein Thema. Über die Landesgrenzen hinaus widmete sich das Heft dem damals lancierten Masterplan Velo in den Niederlanden oder stellte die Velostadt Münster vor. Ein Kuriosum waren die schon damals populären Reiseberichte, die teilweise über drei Nummern ausgewalzt wurden. Niemand reklamierte.
Der Fokus war noch stark auf Zürich gerichtet. Schrieb Hanspeter Guggenbühl in der ersten Ausgabe noch, dass 1993 im nationalen Parlament wegen Lenkungsabgaben und Umweltschutzmassnahmen ein grünes Jahr werden müsste, war zwei Seiten davor zu lesen, dass der bürgerlich dominierte Kantonsrat die Ausgaben für den vorgeschriebenen Ausbau von Velowegen gekürzt habe.
Der im Jahr zuvor gegründete Verein Umverkehr stellte sich vor, und Greenpeace-Verkehrskampagnenleiter François Meienberg postulierte: «Die Stadt von morgen ist autofrei.» Am Velotag sprach er zum gleichen Thema, zusammen mit dem Präsidenten von Pro Velo Schweiz, Paul Günter, und der heute noch immer aktiven Kantonsrätin Gabi Petri. Eine Umfrage dazu brachte ein gemischtes Echo: Die einen schätzten das jährliche Velodemo-Ritual, für andere war es zu «insiderisch» und zu viel Gerede.
Ozon war in den Neunzigerjahre noch immer ein Reizthema, weshalb wir mit dem Wirtschaftsjournalisten Beat Glogger ein Interview dazu führten. Das Thema Energie beschäftigte uns im Zusammenhang mit Kuba, das dannzumal wegen des US-Wirtschaftsembargos zwangsläufig zum Velo zurückfand. Am Interview mit der kubanischen Soziologin Milagros Cabrera war der Stadtforscher Richard Wolff beteiligt, der heutige Zürcher Stadtrat. Und der Berner «Velopapst» Oskar Balsiger referierte zum Thema «Velo in Bedrängnis – Planung am Ende?».
Wie es weiterging
Es war das heilige Feuer zu spüren für die Sache des Velos. Ein Jahr später wurde Velojournal offizielles Organ der IG Velo Schweiz, später von Bern und Basel. Seither erscheint das Magazin als Mantelblatt, in das die regionalen Verbände ihre Nachrichten einlegen. Die Auflage beträgt heute 22?000 Exemplare. Der Velotag wurde schweizweit noch bis Anfang der Nullerjahre weitergeführt und starb danach einen sanften Tod. Er wurde durch die Critical Mass abgelöst, die noch immer ein Manifest für das simpelste und ökologischste Fortbewegungsmittel ist. Heute, da das Velo in der Verfassung steht, kann man über Vieles schmunzeln. Aber der Weg dahin war lang.
Save the date: 25 Jahre Velojournal
25. Januar 2019, Casa Mondiale, Zürich







