Zwangsarbeit? US-Zoll stoppt Giant-Lieferungen

Vorwürfe im Umgang mit Kontraktarbeitern in Taiwan haben zu einem Importverbot für Giant-Produkte in die USA geführt. Das Problem betrifft die ganze Velobranche und erfordert grundlegende Reformen. Die Hintergründe.

Laurens van Rooijen, Autor (lvr@cyclinfo.ch)
News, 22.10.2025

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Ende September erschütterte eine Nachricht Taiwans Veloindustrie: Die US-Zollbehörde CBP hat entschieden, Lieferungen der Giant Group zu stoppen. Der Grund sind schwere Vorwürfe im Umgang mit ausländischen Kontraktarbeitern. Viele Unternehmen in Taiwan setzen auf Arbeitskräfte aus Südostasien. Ohne sie steht die Produktion still – nicht nur bei Fahrrädern, sondern in fast allen Branchen.

Missstände in der Fahrradindustrie

Dass sich der problematische Umgang mit solchen Kontraktarbeitern und deren rechtlich prekärer Status nicht nur auf die Veloindustrie beschränken, zeigt das im März 2025 veröffentlichte Dossier des dänischen Journalisten Peter Bengtsen.

Ausser der Giant Group führt Bengtsen auch Merida Industries und Cheng Shin Tires als Konzern hinter Maxxis als Unternehmen mit Bezug zur Velobranche auf, bei denen er auf Grund von Interviews mit Kontraktarbeitern aus Südostasien Missstände ortet.

Weitreichende Palette an Vorwürfen

Was wird den Veloherstellern vorgeworfen? 

Die Vorwürfe reichen von hohen Rekrutierungs- und Vermittlungsgebühren über die Kosten für Reisedokumente, medizinische Kontrollen sowie Kost und Logis bis zu Einschüchterung, Drohungen und schlechten Bedingungen in den Unterkünften. 

Eine Besonderheit von Taiwans System der Kontraktarbeiter ist, dass deren Aufenthaltsbewilligung erstens zeitlich befristet und zweitens an den Arbeitgeber gekoppelt ist. Wie beim in der Schweiz bis 2002 existierenden Saisonnier-Statut ist auch ein Familiennachzug nicht vorgesehen.

Giant will Situation der Arbeiter verbessern

Der von der US-Zollbehörde CBP verhängte, provisorische Importstopp hat in Taiwan eine Reihe von Reaktionen ausgelöst: Das Wirtschafts- sowie das Arbeitsministerium haben der Velobranche bereits ihre Unterstützung zugesichert. 

Zudem arbeitet die Giant Group an einem Dossier zuhanden der CBP, das die erhobenen Vorwürfe entkräften und zum Rückzug der provisorischen Verfügung führen soll. In diesem Dossier werden eine Reihe von kurzfristig umgesetzten Massnahmen aufgeführt, die teils schon per Anfang 2025 eingeführt wurden.

Reformen sind notwendig

So hat die Giant Group neue Unterkünfte für ihre rund 400 Kontraktarbeitenden erstellen lassen, zudem übernimmt sie deren Vermittlungsgebühren nun auch rückwirkend und nicht nur für seit 1. Januar 2025 in Diensten genommene Personen. 

In Zukunft sollen auch keine Teile des Lohns mehr zurückgehalten werden, um Gebühren von lokalen Dienstleistern zu decken. Mittelfristig dürfte Taiwan kaum darum herum kommen, klare Reformen am Kontraktarbeiter-Modell vorzunehmen, wenn es sich als Fertigungsort für Premium-Produkte behaupten will.

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