Immer fehlt das Geld

Eine Petition fordert sichere Velowege im Kanton Obwalden. Mitgetragen wird sie von einer breiten Basis. Der politische Druck tut not: Der Kanton drückt sich seit Jahren vor der Umsetzung des eigenen Radroutenkonzepts.

no-image

Fabian Baumann
02.08.2018

Auf dem Papier ist die Sache klar: Mit dem kantonalen Radroutenkonzept will Obwalden dafür sorgen, dass Radfahrende auf sicheren Wegen vorankommen. Bloss: Das Konzept existiert seit mehr als 20 Jahren. Passiert ist wenig Greifbares. «Das Konzept ist seit 1996 unverändert», sagt Monika Küng, Co-Präsidentin von Pro Velo Unterwalden. «Und ich fürchte, heute ist es zu grossen Teilen überholt.» Zentrale Forderungen des Kantonsrats und von Pro Velo sind laut Küng nie umgesetzt worden. Es hapere bei der Verkehrssicherheit der Radfahrenden und insbesondere bei den Velorouten. Letzteres will die IG Velowege Obwalden mit der Petition «Ja zu sicheren Velowegen im Sarneraatal» ändern. Die Forderung: durchgehende Radwege von Alpnach bis Lungern und von Sarnen bis Kerns.

Widerstand gegen Sparmassnahmen

Der Kanton führt finanzielle Gründe ins Feld, um zu erklären, weshalb er die Veloförderung – wenn überhaupt – nur im kleinsten Gang vorantreibt. Mit der Finanzstrategie 2027+ hat der Regierungsrat ein Massnahmenpaket geschnürt, das vor allem eines soll: sparen. Im Zuge der Sparbestrebungen seien vor drei Jahren Gelder für die Projektierung und den Bau von Radrouten gestrichen und alle Infrastrukturprojekte bis auf Weiteres auf Eis gelegt worden, berichtet Küng im Gespräch mit Velojournal.

Im Jahr 2017 formierte sich darum die Interessengemeinschaft. Die Federführung obliegt Pro Velo. Doch auch der VCS, ein Tourismusvertreter sowie eine Kantonsrätin und ein Kantonsrat sind mit im Boot. Zusammen bilden sie auch eine Arbeitsgruppe, die sich um die politischen Aspekte der lokalen Veloförderung kümmert. Das Anliegen der Petitionäre ist breit abgestützt. «Rund 50 Firmen, Institutionen und Gemeinderäte stellten sich hinter die Forderung nach sicheren Veloverbindungen entlang der Kantonsstrassen», erklärt Monika Küng. Darunter sind auch Namen, die sich sonst nicht hinter politische Forderungen stellen, etwa die Obwaldner Kantonalbank oder ein auf Felstechnik spezialisiertes Bauunternehmen.

Der Obwaldner Regierungsrat Josef Hess hat die Petition im Mai entgegengenommen. Zuvor konnte sich der kantonale Baudirektor auf einer Velofahrt im Feierabendverkehr von Sarnen nach Kerns ein Bild des aktuellen Zustands verschaffen. Die Strasse sei eng und gefährlich, sagt Küng: «Auf dieser Strecke würde ich nicht mal meinen Kindern im Teenager­alter raten, auf der Strasse zu fahren.» Der Kanton ist sich des problematischen Stras­senabschnitts wohl bewusst. Radfahrende dürfen hier aufs Trottoir ausweichen. Das Freigeben von Trottoirs für den Veloverkehr wird laut Monika Küng im Kanton oft und gerne angewandt. Sie nennt es die «Obwaldner Velolösung». Eine Lösung mit Konfliktpotenzial. Nicht umsonst wehrt sich Fussverkehr Schweiz dagegen, «dass mittels Ausnahmeregelungen das Trottoir zunehmend als Fahrbahn missbraucht wird».

Mittel wären vorhanden

Baudirektor Hess sagte anlässlich der Petitionsübergabe, dass er die Unzufriedenheit verstehe. Die Sparmassnahmen erlaubten aber keine grossen Sprünge. Sobald wieder Geld vorhanden sei, wolle man den Ausbau der lange versprochenen Velorouten vorantreiben. Was Hess nicht erwähnte: Der Zentralschweizer Kanton verfügt durchaus über Mittel, bei den Radrouten vorwärtszumachen. Velojournal zeigte bereits 2016 auf, dass dem Kanton Obwalden aus der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) jährlich mehr als 2 Millionen Franken zufliessen. Mindestens ein Fünftel des Betrags müsste für Langsamverkehrs- und Sicherheitsanliegen verwendet werden.

Das sieht das kantonale Gesetz vor, das die Verteilung der LSVA-Gelder regelt. Mit der stillschweigenden Zustimmung des Kantonsparlaments floss in den vergangenen Jahren aber jeweils eine erhebliche Summe sang- und klanglos in den Strassenunterhalt. Für die Veloinfrastruktur bleibt nichts übrig. Ein Umstand, den der Obwaldner Regierungsrat Christoph Amstad gegenüber Velojournal schon damals kritisierte. «Politischer Druck ist nötig, sonst passiert nichts», sagte der CVP-Politiker. Pro Velo und die IG Velowege Obwalden verstärken den Druck nun noch einmal. Monika Küng ist überzeugt, dass die Kantonsregierung jetzt Stellung beziehen muss. «Sie kann die Petition nicht einfach ignorieren.»

Empfohlene Artikel