Die Zeit ist reif

Mit der Annahme des «Bundesbeschlusses Velo» ist die Arbeit für Pro Velo nicht vorbei. Nun gilt es, den Rückenwind zu nutzen und den Druck auf die Behörden aufrechtzuerhalten.

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Fabian Baumann
29.11.2018

Im September hat das Schweizer Stimmvolk Ja zum «Bundesbeschluss Velo» gesagt. Der Gegenvorschlag des Bundesrats zur Veloinitiative von Pro Velo wurde an der Urne aber nicht einfach nur durchgewinkt, sondern vielmehr mit einer überwältigenden Zustimmung angenommen. Die Abstimmung vom 23. September hat endgültig mit der Mär des Velolands Schweiz aufgeräumt. Wäre die Schweiz im Jahr 2018 das real existierende Veloparadies, sähe das Resultat ganz anders aus. Eine so breite Zustimmung in allen Kantonen hätte der «Bundesbeschluss» dann nicht erfahren. Das Fundament für eine verstärkte Förderung des Zweirads auf Bundesebene ist nun gelegt. In der Pflicht stehen auch die kommunalen Behörden. Die Pro-Velo-Regionalverbände sorgen dafür, dass der Ruf der Bevölkerung nach mehr Veloförderung nicht verhallt. «Im Allgemeinen stellen wir fest, dass nach der Abstimmung bei verschiedenen Kantonen eine noch grössere Eigendynamik entstanden ist», sagt Juerg Haener, Leiter Kommunikation bei Pro Velo Schweiz. Diese Dynamik will genutzt sein. Beispiele dafür gibt es bereits.

Winterthur

Winterthur gilt als Velostadt. Der Modalsplit, also der Fahrradanteil am Gesamtverkehr, kann sich hier mit rund 15 Prozent sehen lassen. Auch beim Velostädte-Rating schneidet die Stadt regelmässig gut ab. Laut der ortsansässigen Pro Velo darf sich die Eulachstadt aber nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. Die Initiative «Verbesserung der Veloinfrastruktur in allen Stadtkreisen» soll dafür sorgen, dass es in Winterthur weiterhin velotechnisch vorwärtsgeht. «Abseits der Grossprojekte im Bereich des Masterplans Bahnhof ist die Weiterentwicklung der Velostadt Winterthur zum Stillstand gekommen», so die Bilanz von Pro Velo. Aufgrund des Bevölkerungswachstums, knapper werdenden Verkehrsraums und steigenden E-Bike-Anteils stosse die In­frastruktur vielerorts an Grenzen. Mit der Initiative verlangt Pro Velo, dass für Planung, Projektierung und Realisierung von Massnahmen ein Rahmenkredit von 8 Millionen Franken bereitgestellt wird. Die Forderung wurde rege unterstützt. Bereits am 24. September konnten der zuständigen Stadträtin Christa Meier 1500 Unterschriften übergeben werden. Bis die Initiative an die Urne gelangt, dauert es allerdings noch eine Weile. Pro Velo schätzt, dass es in der zweiten Jahreshälfte 2020 so weit sein könnte.

Genf

Anders als in Winterthur steht das Velo als Verkehrsmittel in Genf bis heute nicht hoch im Kurs. Genfs Modalsplit nimmt sich mit 5 bis 6 Prozent eher bescheiden aus. «Die Annahme des ‹Bundesbeschlusses Velo› ist die Gelegenheit, das Fahrrad stärker aufs politische Parkett zu bringen», sagt darum Olivier Gurtner, Vizepräsident von Pro Velo Genf. Für die lokale Lobbygruppe ist es jetzt an der Zeit, zu handeln. In einer gemeinsamen Erklärung forderten Pro Velo und VCS kürzlich von den Genfer Behörden die Ausarbeitung eines Aktionsplans. Die zwei Organisationen beliessen es nicht bei der blossen Forderung, sondern brachten konkrete Vorschläge zuhanden von Stadt und Kanton zu Papier: etwa, auf welchen Strassen die Velostreifen physisch von der Fahrspur abgetrennt werden sollten oder wo Parkplätze gegen Radwege getauscht werden sollten. Die Forderung nach mehr Sicherheit für den Veloverkehr dürfte bei der Genfer Bevölkerung auf offene Ohren stossen, erreichte der «Bundesbeschluss Velo» im Kanton doch Zustimmungsraten von nahezu 90 Prozent.

Zug

Im Zentralschweizer Kanton hat Pro Velo zusammen mit den Grünen und dem Verkehrsclub der Schweiz (VCS) die «Zuger Velonetz-Initiative» lanciert. Die Forderung: eine fahrradfreundliche In­frastruktur, die den Ansprüchen aller Radfahrenden und unterschiedlicher Velo­­typen Rechnung trägt. Vor allem soll der Kanton die Lücken im Routennetz schliessen und dafür sorgen, dass «alle wichtigen Wohn- und Arbeitsgebiete im Kanton durch ein direktes, durchgehendes und komfortables Veloverkehrsnetz verbunden werden», wie es im Initiativtext heisst.


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