Das Gute liegt so nah

Vom Velosattel aus lässt sich immer wieder Neues entdecken. Und das Beste: Dafür muss man gar nicht erst um die halbe Welt reisen. Denn in der Schweiz warten zahlreiche tolle Strecken und Ausflugsziele vor der Haustüre. Velojournal gibt Tipps für entspannte Sommerausflüge.

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Bettina Maeschli, Mirjam Graf, Pete Mijnssen, Julie Nielsen, Marius Graber, Fabian Baumann
02.07.2020

Die Redaktion ist losgeradelt und mit tollen Ausflugstipps zurückgekehrt. Mit im Gepäck sind Tagestouren über die Hügel des Zürcher Oberlands, sportliche Runden im Säuliamt, prähistorische Entdeckungen im Jura, Flussfahrten im Aargau oder mystische Touren am Vierwaldstättersee.

Säuliamt

Säuliamt

Im Pferdeland

mae. Ganz ohne Steigungen gehts nicht auf meiner Hausstrecke. Doch der Ausflug lohnt sich. Wir starten in Zürich beim Goldbrunnenplatz. Gleich zu Beginn folgt der anstrengendste Teil: Es sind bei der Fahrt aus der Stadt – bei mässiger Steigung – etwa 200 Höhenmeter zu überwinden. Wir fahren die Birmensdorferstrasse hoch, am Triemlispital vorbei bis nach Uitikon-?Waldegg. Dort angekommen, biegen wir nach links ab und fahren durch ein schönes Waldstück hinunter ins Reppischtal. Wir fahren dieses grüne Tal hinter dem Üetliberg hoch, an grasenden Kühen, schottischen Hochlandrindern und Schafen vorbei – sogar ein stillgelegtes Bergwerk gibt es zu besichtigen – bis zum Türlersee.

Dieser stille Waldsee mit Campingplatz, Badi und Grillplätzen ist der perfekte Ort für einen Halt und einen Sprung ins Wasser. Nach dem See biegen wir zweimal rechts ab und gelangen nach Aeugst am Albis. Dabei ist nochmals eine kurze Steigung zu überwinden. Belohnt werden wir mit einer wunderbaren Aussicht auf Rigi, Pilatus und – bei guter Sicht – das ganze Alpenpanorama. Nach dem Dorf biegen wir rechts ab und folgen einem kleinen Weg zum Waldrand hoch und bis zu einem Pferdehof.

Hier erwartet uns ein Aussichtsbänkchen, denn wir haben uns eine weitere Rast verdient. Dann gehts nach Müliberg. Wir queren dort die Strasse und fahren weiter über zum Teil unbefestigte Feldwege, die aber auch mit dem Rennrad gut befahrbar sind, an weiteren Pferdehöfen vorbei, bis wir zur Bonstetterstrasse kommen, die ins Reppischtal zurückführt. Die kurze Abfahrt endet bei einer alten Mühle. Nun fahren wir auf dem gleichen Weg nach Zürich zurück, auf dem wir gekommen sind.

Dauer: ca. 2 Stunden
Distanz: 40 km, ca. 480 Höhenmeter
Besonderes: Nach Hofläden Ausschau halten und selbst gemachtes Gebäck oder frische Eier einkaufen.
GPS-Track:Hier herunterladen

Jura

Jura

Auf Kopfsteinen in die Kreidezeit

mig. Der Bahnhof St-Ursanne liegt erhöht. So macht gleich die erste Abfahrt ins alte Städtchen über Kopfsteinpflaster Freude. Unten angekommen, lohnt es sich, das um 600 entstandene Städtchen zu besichtigen. Durch das Stadttor führt der Weg weiter über eine Brücke und flussabwärts dem Doubs entlang. Bis nach Vaufrey schlängelt sich eine ruhige Strasse im grünen Tal.

Der kurze Abstecher durchs Nachbarland Frankreich bringt eine Entscheidung mit sich. In Brémoncourt gibts rechts des Doubs eine kleine Strasse mit Anstiegen oder links die flache Hauptstrasse nach Glère. Beim vierköpfigen Löwenbrunnen in Vaufrey verlässt die Tour den Doubs und steigt nordwärts über einen kleinen Pass nach Le Grottes. Seitlich der Kirche im Jardin Biologique de Vaufrey gibt es zur Stärkung saisonales Gemüse und Früchte. Die etwas anstrengenden ca. vier Kilometer zurück zur Schweizer Grenze lohnen sich. Denn auf der Passhöhe im Wald warten bereits die lebensgrossen Dinos.

Damit ist der Spass noch nicht vorbei. Die Abfahrt nach Réclère und über Roche-d’Or nach Rocourt ist das schnellste Stück der Runde. Hier befinden wir uns in der Haute-Ajoie, das hübsche weite Tal ist die pferdereichste Region der Schweiz. Ab Chevenez nimmt der Verkehr auf der Hauptstrasse etwas zu. Darum lohnt sich der Umweg über den ausgeschilderten Veloweg mit anfänglich ausschweifender Wegführung nach Porrentruy. Für eine weitere prähistorische Begegnung gibts da die Dino-Kreisel-Kunst.

Dauer: ca. 5½ Stunden
Distanz: 44 km, ca. 263 Höhenmeter
Besonderes: ID mitnehmen.
Info: www.prehisto.ch 

Zürcher Oberland

Zürcher Oberland

Nicht ganz so flach

pmh. Der Start in Wetzikon erfolgt nach einer S-Bahn-Fahrt (20 Minuten von Zürich HB) und führt über Dürstelen nach Bauma. Das ist mit einem mässigem Aufstieg verbunden, mit schönem Ausblick und der Fahrt vorbei an Bauernhöfen und lauschigen Weilern. Von dort startet der 250 Meter hohe Anstieg auf den Sternenberg. Wenn die Höhe erreicht ist, entschädigt ein Rundblick für die Strapazen – oder ein kühles Getränk im bekannten Restaurant.

Für uns geht es weiter Richtung Gfell unterhalb des Hörnli, wo wir mit 900 Metern den höchsten Punkt der heutigen Tour erreichen und in den Kanton Thurgau wechseln. Weiter gehts Richtung Zinggen und Sitz­berg, immer auf einer Panoramaroute mit abwechlsungreichem, wellenartigem Verlauf. Wir passieren Höfe und kleine Weiher, viele davon mit Blick auf Säntis oder Glarner Alpen.

Es ist eine abgeschiedene Welt, kein Wunder, gibt es in der Nähe auch eine bekannte Esoteriker-Kommune, wo mit Ausserirdischen kommuniziert wird. Gleich neben der ehemaligen Bloodhound-Station notabene, wo bis 1999 der Schweizer Luftraum verteidigt wurde.

Wir aber fahren auf meist festem Asphalt weiter, erst kurz vor Wila stürzen wir uns hinunter ins Tösstal. Dort könnten wir bequem weiterrollen bis Winterthur. Wir biegen aber links ab, Richtung Pfäffikersee. Der glänzt schon von Weitem blau in der Sonne.

Dauer: ca. 2½ Stunden
Distanz: 52 km, 900 Höhenmeter
Besonderes: E.T. lässt grüssen
GPX-Track:Hier herunterladen

Aargau

Aargau

Kleine Änderungen können Grosses bewirken

jn. Wir haben uns auf das Wesentliche unserer Ferien konzentriert – die Essenz, die uns entspannt und glücklich macht – und dabei gemerkt: Durch einen einfachen Perspektivenwechsel und kleine Interventionen kommt auch zu Hause richtiges Feriengefühl auf. Und darum geht es ja. Aus dem Alltag ausbrechen und neue Eindrücke sammeln.

Da wir über keinen Garten verfügen, jedoch eine grös­sere Dachterrasse haben, bauten wir ein Zelt in luftiger Höhe auf und erschufen uns damit eine gemütliche Oase über den Dächern unserer Stadt. Während wir uns der Leichtigkeit des Seins hingaben, schmiedeten wir jeweils Pläne für den nächsten Veloausflug.

Um flexibel zu bleiben, wenn die Velotour der achtjährigen Tochter zu lang wird, und um allen Krempel für einen langen Tag am Wasser einfach vorne in die Kiste werfen zu können, haben wir über Carvelo2go zu guten Konditionen ein Lastenrad gemietet. Frei nach dem Motto «Der Weg ist das Ziel» radelten wir jeweils kreuz und quer durchs Quartier. Abseits der gewohnten Strecken, die wir im Alltag benutzen, haben wir so einige hübsche Flecken entdeckt.

Am liebsten verbrachten wir die Zeit aber am Wasser. Besonders in Erinnerung bleibt uns die Tour bis zum Wasserschloss nach Brugg. Wir folgten der ebenfalls über den Fischerweg verlaufenden Veloroute 66 bis nach Wettingen. Dort verliessen wir den Verlauf der Limmat und fuhren an Birmensdorf vorbei auf der Route 5 über die Reuss bis nach Windisch. Von da aus nahmen wir die letzten paar Kilometer bis zum Wasserschloss bei Vogelsang in Angriff. Dort, wo sich Aare, Reuss und Limmat vereinen.

Dauer: ca. 3½ Stunden
Distanz: 30 km, 136 Höhenmeter
Besonderes: Badevergnügen für Klein und Gross im «Reussbädli» in Gebenstorf

Zentralschweiz

Zentralschweiz

Am Vierwaldstättersee

mg. Eine flache Tour mit viel See, Bergsicht und einer schönen Fährenfahrt. Start- und Endpunkt ist der Bahnhof Luzern. Von da gehts über die Allmend, durch Horw und dem See entlang nach Hergiswil, dann nach Stansstad. Weiter über Stans bis Beckenried, wo einen die Fähre auf die andere Seeseite übersetzt.

Von dort führt der Weg dem Rigi-Südhang entlang durch Vitznau und Weggis und über Küssnacht zurück Richtung Luzern. In Küssnacht lohnen sich die steilen 150 Höhenmeter hoch auf den Hügelzug der Veloroute 38 entlang. Dafür wird man mit einem grossartigem Blick in die Alpen belohnt.

Die Tour eignet sich bestens auch bei Regenwetter. Auf der Fähre fühlt man sich dann wie in Norwegen in einem tiefen Fjord und lässt den Blick in die unergründliche Ferne schweifen. In Weggis lässt sich gemütlich Kaffee trinken, und wenn einem ob der nassen Regenkleider klamm ist, setzt man sich ins warme Dampfschiff und fährt so zurück nach Luzern. Bei gutem Wetter: Badehose einpacken, Gelegenheiten für einen Sprung in den See gibt es genügend. Besonderes: Glasi in Hergiswil mit einer tollen Chügelibahn. Dorfplatz9 in Stans: Der Laden vereint lokale Metzgerei, Bäckerei, Käseladen – ideal, um ein leckeres Picknick einzukaufen. Fährenfahrplan: www.autofaehre.ch

Dauer: ca. 4 Stunden
Distanz: 55 km, 630 Höhenmeter
Besonderes: Glasi in Hergiswil mit einer tollen Chügelibahn. Dorfplatz9 in Stans: Der Laden vereint lokale Metzgerei, Bäckerei, Käseladen – ideal, um ein leckeres Picknick einzukaufen.
Fährenfahrplan: www.autofaehre.ch
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Velotour mit Kindern

Zürich Affoltern

Ab ins Grüne

fb. Unsere Tochter fährt – was Papa etwas stolz macht – für eine Viereinhalbjährige ordentlich Velo. Doch mit nur einem Gang und kleinen 16-Zoll-Rädern ist der Radius, den sie im Sattel zurückzulegen vermag, eingeschränkt. So unternehmen wir des Öfteren kleine Familientouren, die sie dafür durchgehend selbst fahren kann. Ihr kleiner Bruder sitzt jeweils im Lastenrad.

Bewährt haben sich Ausflüge, die folgende Kriterien erfüllen: wenig Steigung, wenig Schotter, wenig Verkehr. Idealerweise gibt es auf der Strecke Möglichkeiten für Zwischenstopps. Der Waidhof, ein Bio-Bauernhof in Zürich Affoltern, wird damit zum idealen Ziel.

Wir starten beim SRF-Fernsehstudio und folgen dem Chatzenbach. Der Velo- und Fussweg ist von der Strasse abgetrennt. Das macht das Radeln mit Kind sorgenfrei. In Seebach müssen wir die stark befahrene Schaffhauserstrasse überqueren. Also absteigen und das Velo über den Fussgängerstreifen schieben. Danach gehts weiter dem Bach entlang.

Wir stoppen, um einen Fischreiher zu beobachten, der durch den Bach stolziert. Etwas weiter blöken die Schafe auf der Wiese. Die Kinder grüssen mit lautem «Määääh!» inbrünstig zurück. Bis zum Hof sind es jetzt nur noch wenige Meter. Die kurze Steigung wird mit etwas «Rückenwind» – also Schiebehilfe der Eltern – bezwungen.

Auf dem Hof gibts für die Kinder immer viel zu sehen. Sie beobachten die Kühe auf der Weide, grunzen mit den Schweinen um die Wette und füttern die Hühner mit Löwenzahn. Ab und zu gibts eine Glace aus dem Hofladen. Sind die Beine der Kleinen fit, machen wir einen Schlenker durch den Wald. Sonst gehts auf gleichem Weg zurück. Dafür winkt noch ein Halt auf einem Spielplatz am Weg. 

Dauer: 2 Stunden (je nach Pausen auch mehr)
Distanz: 7,2 km, 70 Höhenmeter
Besonderes: Glacé schlecken und Kühe beim Weiden beobachten.
GPS Track:Hier herunterladen