Während fast eineinhalb Jahren schaute die Welt eifersüchtig nach Taiwan, auch bekannt als Republic of China. Der Inselstaat unterzog alle aus China einreisenden Passagiere schon ab 31. Dezember 2019 scharfen Kontrollen und machte die Grenzen dann per 18. März 2020 komplett zu. Nach Taiwan wurden seither nur noch Taiwaner, Ausländer mit einer Niederlassungsbewilligung, Fremdarbeiter mit einem laufenden Arbeitsvertrag sowie Diplomaten und wichtige Geschäftsleute hinein gelassen - aber für all diese galt eine strenge Quarantänepflicht. Bis Mitte Mai wurden in Taiwan bei 23.5 Millionen Einwohnern so nur etwas über 1000 Fälle von Covid-19 registriert. Dafür spielten Impfungen gegen Covid-19 in der Strategie von Taiwan lange kaum eine Rolle

Das Epizentrum des Covid-19-Ausbruchs lag rund um die Hauptstadt Taipeh, die
Agglomeration New Taipeh und die Flughafengemeinde Taoyuan. Bilder: zVg
Luftfracht als Einfallstor
Aber als Exportnation konnte Taiwan die Kontakte zum Rest der Welt nicht einfach so komplett einfrieren. Prompt erwies sich die Güterfracht per Luft als Schwachstelle: Über Piloten und Besatzungsmitglieder der nationalen Fluggesellschaft China Airways, die nur 3 statt 14 Tage Quarantäne absitzen mussten, gelangte das Virus doch noch nach Taiwan und in die Bevölkerung - ausgehend vom internationalen Flughafen Taoyuan, dem Novotel beim Flughafen und dann die Metropole Taipeh. In nur einem Monat kamen über 13'000 Ansteckungen beisammen, und 600 Menschen verloren wegen der Pandemie binnen weniger Wochen das Leben. Die Regierung reagierte schnell - und verhängte am 15. Mai mit Level 3 die zweithöchste Alarmstufe über Taipeh und New Taipeh City. Am 19. Mai folgte die Ausdehnung auf das komplette Land.

Distanzvorgaben beschränken, wie vielel Angestellte sich zugleich in einem Bereich
der Fertigung aufhalten dürfen. Dadurch nimmt die Produktion ab. Foto: LvR
Level-3-Massnahmen mindern Fertigung
Damit sind strengere Massnahmen verbunden, als sie in der Schweiz je in Kraft waren - etwa eine generelle Tragepflicht für Schutzmasken ausserhalb der eigenen Wohnung. Während Kind Shock dank der eben erst bezogenen, neuen Firmenzentrale die Produktion trotz dieser Level-3-Massnahmen laut eigenem Bekunden auf dem gleichen Niveau halten kann, sieht es für die Fertigung von Sram (und Rock Shox) weniger günstig aus: Diese Fabrik ist älter und weist kaum ungenützte Flächen auf. Distanzgebote führen darum hier unweigerlich dazu, dass weniger Angestellte zugleich arbeiten können - und dadurch die Produktion geringer ausfällt. Genau davor warnt Sram Asia in einem Brief an Velohersteller. Vor dem Hintergrund gestörter Zulieferketten und weit verbreiteter Warenengpässe sind das keine guten Nachrichten.

Mitte Mai sah sich Taiwan mit rasch steigenden, täglichen Fallzahlen konfrontiert.
Sechs Wochen später scheinen die Level 3-Massnahmen zu greifen.
Tendenz stimmt hoffnungsvoll
Zumindest sind die Landkreise Taichung, Changhua, Yunlin und Tainan als Schwerpunkte der Veloindustrie in Taiwan bisher nicht die Schwerpunkte der Ansteckung. Diese liegen noch immer im Norden der Insel, um Taipeh und die Flughafengemeinde Taoyuan. Die per 18. Mai verhängten und zunächst für zwei Wochen gültigen Massnahmen sind inzwischen zum dritten Mal verlängert worden - neu gelten diese bis mindestens 12. Juli. Diesen Schritt begründet das zentrale Seuchen-Kontrollzentrum Taiwans damit, dass sich die Situation mit zuletzt vier Tagen mit weniger als 100 neu registrierten Ansteckungen zwar in die gewünschte Richtung bewege, aber das Ausmass der Verbesserung noch keine Lockerung zulasse. Aus Sicht der Velobranche ist zu hoffen, dass die Tendenz weiter so anhält und die Massnahmen in Taiwan daher bald reduziert werden können.







