So gefragt wie nie

Neue Velos sind derzeit stark nachgefragt. Käuferinnen und Käufer müssen mit langen Lieferzeiten rechnen. Das Geschäft der grossen Fahrradbranchenakteure läuft auch Hochtouren.

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Laurens van Rooijen
12.06.2020

Velos sind derzeit eine gefragte Ware. Die Fahrradbranche arbeitet darum auf Hochtouren, um der hohen Nachfrage gerecht zu werden. Und dennoch: Wer aktuell ein neues Fahrrad kaufen will, muss mit langen Wartezeiten rechnen.

Temporäre Fertigungsstopps wegen Covid-19, zunächst in Fernost, dann in Europa und schliesslich auch in Nordamerika, erschweren die Lage. Hinzukommen Engpässe bei der Logistik, insbesondere bei der Containerfracht per Schiff. Während aus Käufersicht die Situation nicht erfreulich ist, läuft das Geschäft der grossen Velofirmen auf Hochtouren.

Shimano AktienkursDer Aktienkurs von Shimano gab ein erstes Mal Mitte Februar und dann nochmals Mitte ?März nach, erholte sich danach aber schnell und erreicht seither neue Höhen.

Bei Shimano läufts rund

Ein Musterbeispiel dafür ist Shimano: Im Geschäftsbericht zum ersten Quartal des laufenden Jahres meldete der japanische Komponentengigant einen Einbruch bei den Komponentenverkäufen ab Mitte März und zog darum die Prognose fürs gesamte Jahr zunächst zurück.

Auch die an der Tokioter Börse gehandelte Aktie von Shimano verlor von Mitte Februar bis Ende März deutlich an Wert. Seither hat sich der Wert der Shimano-Aktie aber nicht nur erholt, sondern er ist in neue Höhen geklettert.

Laut Firmenchef Yozo Shimano haben Velohersteller in Europa wegen der erhöhten Nachfrage nochmals deutlich mehr Komponenten bestellt, während Fachhändler in Nordamerika ihre Lager wieder auffüllen mussten. Für Engpässe sorgen bei Shimano aber pandemie-bedingte Werksschliessungen in Malaysia und Singapur.

Reifenlager von SchwalbeEin Blick ins Reifenlager am Hauptsitz von Schwalbe: Die erhöhte Nachfrage in diesem Frühjahr macht sich bei allen grossen Branchenakteuren bemerkbar.

Nachfrage so hoch wie nie

In einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Bloomberg verwies auch John Burke als Präsident von Trek Bicycles darauf, dass die aktuelle Nachfrage ein Ausnahmefall sei: Er sei seit 37 Jahren in der Branche und habe noch nie eine derart hohe Nachfrage erlebt – und das praktisch quer durch alle Marktsegmente. Als Folge davon trockne der Markt anbieterseitig aus: Die Lager in der Firmenzentrale seien leer und alle Velos an die Fachhandelspartner ausgeliefert.

Besonders im unteren Preissegment scheint die Velo-Nachfrage im Moment sehr hoch zu sein. So vermeldete der deutsche Zweirad Industrie Verband (ZIV) jüngst hohe Verkaufszahlen von Rädern unter 1000 Euro. Dieser Umstand könnte auch Indiz dafür sein, dass die Corona-Pandemie Menschen aufs Velo gebracht hat, die bislang nicht Rad gefahren sind.

Brompton VerkaufsentwicklungAuch ohne absolute Zahlen zeigen die Verkäufe pro Monat beim Faltvelo-Spezialisten Brompton, dass dieses Frühjahr alles andere als normal war.

Weltweite Entwicklung

Dass auch teurere Velos hoch im Kurs stehen, zeigt die Entwicklung der Verkäufe des britischen Faltvelospezialisten Brompton. Dessen Absatzzahlen vervielfachten sich im Mai (siehe auch Grafik). Mit Giant Manufacturing meldet der umsatzstärkste Velohersteller der Welt nach einem Einbruch der Absätze zu Beginn des Frühjahrs eine stark erhöhte Nachfrage aus Übersee ab Ende April und im Mai.

Dies gelte laut Giant-Sprecher Ken Li insbesondere für Länder, in welchen Subventionen für den Kauf von E-Bikes ausbezahlt würden, wie Deutschland, Italien, Südkorea, Japan und Teile der USA. Die starke Nachfrage übersteige zurzeit die Produktionskapazitäten, was Engpässe zur Folge habe. Mit der anstehenden Eröffnung des Assemblage-Werks im ungarischen Gyöngyös sollte der Engpass diesen Sommer aber behoben sein.

Mit Merida meldet auch die Nummer Zwei unter Taiwans Veloherstellern eine stark erhöhte Nachfrage im April und Mai. Dies besonders in China, Italien sowie in Deutschland als dem wichtigsten Exportmarkt.

FlyerDie Mitarbeiter der Velohersteller sind bei der Montage auf eine funktionierende Zulieferkette angewiesen.

Fotos: Google Finance, www.pd-f.de, ZVG