Wie beim Geschirr ist es auch bei Autos in der Regel ressourcenschonendender, sie von einer Maschine reinigen zu lassen als von Hand.
Bei Velos hat sich diese Methodik allerdings noch nicht etabliert. Bis vor Kurzem gab es in der Schweiz keine einzige Fahrradwaschanlage.
Duschkabine für Drahtesel
Dass die Erfindung aus Deutschland stammt, erläutert ein Artikel der Tageszeitung TAZ aus dem Jahr 1995. Darin wird die erste serienmässige Fahrradwaschanlage der Welt angekündigt – «eine Duschkabine für Drahtesel» – mehr als dreissig Jahre nach der Erfindung der Autowaschanlage.
Ein Journalist stattete der Neuheit damals einen Besuch ab. Zieldestination: «Hempelmanns Fahrradladen» im ostwestfälischen Kleinststädchen Lage. Im TAZ-Artikel beschreibt er die Maschine wie folgt: «Ein PVC-Plattenbau mit Schiebetüren, vier Meter breit, 1,80 Meter lang, 1,70 Meter hoch.»
«Der Erfolg ist umwerfend», konstatierte Dieter Hempelmann, stolzer Besitzer von Fahrradladen und Erfindung.
Waschanlage in Baselland
Erfolg erhofft sich auch der TCS mit seiner schweizweit ersten Velowaschanlage in Füllinsdorf an der kantonalen Veloroute, die der Ergolz entlangführt.
In der Box, die um einiges kleiner ist als jene von 1995, können sogar E-Bikes gewaschen werden, wie Telebasel berichtet. Dadurch, dass die Maschine nicht mit Hochdruck, sondern mit Bürsten arbeitet, kann verhindert werden, dass Wasser in die Akkus eindringt. Zudem wird das Öl an der Velokette dank eines speziellen Waschmittels nicht abgespült.
Ein Waschgang verbraucht 0.5 Liter Wasser und dauert je nach Programm zwischen sechs und zwölf Minuten – lange im Vergleich zur fünfminütigen Prozedur des wenn auch deutlich weniger modernen Vorgängers aus dem Jahre 1995. Kosten tut der Spass mindestens sechs Franken. Hempelmann verlangte seinerzeit fünf Mark für einen Waschgang.
Fluch oder Segen?
Vier Euro kostete eine Säuberung 2005 in Bremens einziger Fahrradwaschanlage. Auch darüber berichtete die TAZ.
«Unser Ex-Betriebsleiter hat die Anlage 1996 für 60'000 Mark gekauft. Viele Maschinen dieser Art gibt es nicht in Deutschland», sagte der Verkäufer Peter Prieser damals der Zeitung. «Geld verdienen kann man damit nicht.»
Erklärungen, weshalb sich die Anlage am Markt nicht durchgesetzt hatte, offerierte Jürgen Wiese vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub ADFC. «Vielleicht haben die Leute Angst, dass Wasser in die Lager eindringt. Und viele Menschen lassen ihr Fahrrad dreckig – als Diebstahlschutz. Oder sie putzen ihr Rad selbst.»
Weiterhin Zurückhaltung
Das alles gilt wohl auch noch heute. Doch mit dem Velo-Boom in den letzten Jahren und der Tatsache, dass teure E-Bikes mitunter auch Statussymbole sind, erscheint der Versuch des TCS mit seiner Anlage in Füllinsdorf nicht abwegig. Ganz im Sinne des Visionärs Dieter Hempelmann, der schon 1995 felsenfest überzeugt war von der bahnbrechenden Zukunft der Maschine.
Der damals 53-Jährige forderte von der Politik Vision und Innovation, um das Fahrrad als Verkehrsmittel zu fördern. Auch seinem eigenen Umfeld begegnete er kritisch: «88 Prozent der Branche haben noch gar nicht kapiert, dass das Rad mittendrin in der innovativen Weiterentwicklung steckt. Wer macht das Rad sauber von Herrn Rechtsanwalt und Herrn Arzt? Kein Arsch!»
Seine Rede gipfelte in einer These: «In fünf Jahren wäscht kein Mensch mehr sein Rad per Hand.»
Heute, 2022, können wir sagen: So weit ist es bisher nicht gekommen, weder in Deutschland noch in der Schweiz.
Ob der Visionär Hempelmann am Ende doch ein bisschen recht behält, wird sich zeigen.







