«Wer mit Kopfhörern fährt, meint, er habe alles im Griff.»

Man kennt die Sicherheitskampagnen von Suva und BfU, etwa zum Helmtragen. Die aktuelle Kampagne des Fonds für Verkehrssicherheit widmet sich der Kontrollillusion. Was steckt hinter dem Begriff? Wir haben nachgefragt.

Pete Mijnssen, Chefredaktor (pete.mijnssen@velojournal.ch)
Hintergrund, 21.11.2025

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Velojournal: Hinter vielen Unfällen steht die sogenannte Kontrollillusion. Wie sind Sie auf diesen Begriff gekommen?

Andreas Schumacher, Geschäftsführer Fonds für Verkehrssicherheit FVS: In der Fachwelt gilt die Kontrollillusion als oft unterschätztes Risiko, das alle Verkehrsteilnehmenden betrifft, also auch Velo- und E-Bike-Fahrende.

Die Kampagne basiert auf Studien von Markus Hackenfort, Professor an der ZHAW. Was sind seine Erkenntnisse?

Die Studien zur sogenannten Human Factors Psychology zeigen, dass Unfälle häufig mit einer Überschätzung der eigenen Kontrollmöglichkeiten zusammenhängen. Menschen, die Regeln missachten oder Risiken eingehen, halten die Situation oft für weniger gefährlich als sie tatsächlich ist.

Gefahren wie Tramschienen, sich öffnende Autotüren oder Ablenkung durch das Smartphone sind das eine. Immer mehr Velofahrende fahren «verstöpselt» und hören unterwegs etwa Podcasts. Wurde das auch untersucht?

Indirekt, ja. Es ist ein gutes Beispiel für die Kontrollillusion: Wenn jemand oft mit Kopfhörern fährt, ohne dass etwas passiert, entsteht der Eindruck, man habe alles im Griff. So gesehen ist das eine klassische Gewöhnung an Risiko. Man weiss zwar, dass man weniger hört, versucht das aber durch mehr Umschauen auszugleichen – was objektiv wenig nützt. Unsere Erklärfilme greifen genau solche Alltagssituationen auf. Sie zeigen, wie leicht Routine und Ablenkung zu gefährlichen Momenten führen können.

Was ist mit dem motorisierten und dem öffentlichen Verkehr? Hier passieren noch immer die meisten und schwersten Unfälle.

Wirksame Präventionsarbeit entsteht immer im Zusammenspiel aller Verkehrsteilnehmenden. Einzelne Massnahmen und Veranstaltungen sind dabei wie Puzzleteile, die gemeinsam ein umfassendes Bild der Verhaltensprävention ergeben.

Die jetzige Kampagne richtet sich ausschliesslich an Velofahrende. Gibt es auch Kampagnen, die sich an Autofahrende richten, etwa zum Thema Dooring?

Der FVS finanziert Projekte und Kam­pagnen, die sich an unterschiedliche Verkehrsteilnehmende und Mobilitätsgruppen richten. Ein Beispiel ist die jährliche Schulwegkampagne, die sich primär an Auto­fahrende richtet und schweizweit lanciert wird. Zum Thema Dooring – den plötzlich sich öffnenden Autotüren – unterstützen wir derzeit ein Projekt im FVS-Lab. Dort werden neue Ideen und Ansätze zur Förderung der Verkehrssicherheit und Verhaltensprävention entwickelt und erprobt.

Was tut der FVS für die Autoausbildung, um z. B. den «Holländergriff» gegen Dooring im Gesetz zu verankern?

Der FVS hat keinen direkten Einfluss auf die gesetzliche Ausbildung. Die freiwillige Weiterbildung fördert der FVS aber durch ergänzende Angebote.

Die Beratungsstelle für Unfallverhütung beklagt in einem aktuellen Bericht steigende Unfallzahlen, auch beim Veloverkehr. Obwohl die Helmtragquote Jahr für Jahr steigt, nimmt die Zahl der Verkehrsopfer nicht ab. Müssten nun nicht rigorosere Tempobeschränkungen folgen?

Der FVS spricht keine verkehrspolitischen Empfehlungen aus.

Was raten Sie Alltagsvelofahrenden, die auch im Winter fahren möchten?

Im Winterhalbjahr sind gute Ausrüstung und eine an die Strassenverhältnisse angepasste Fahrweise entscheidend für sicheres Velofahren. Helles Licht und Reflektoren sorgen dafür, dass man auch bei Dunkelheit gut gesehen wird. Reifen mit griffigem Profil oder Spikes bieten Halt auf glatten Strassen. Ebenso wichtig sind ein hochwertiger Velohelm und reflektierende, wetterfeste Kleidung für gute Sichtbarkeit und Schutz.

Die Unfallprävention des FVS hat zum Ziel, die Zahl von Todesfällen und Verletzungen im Strassenverkehr zu senken. Er fördert, unterstützt und initiiert Massnahmen, um die Verkehrssicherheit zu steigern und schwerwiegende Verkehrsunfälle zu reduzieren.

fvs.ch

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