Pro Velo nimmt Stellung

Der Bundesrat lehnte kürzlich zwei Motionen ab, die das Fahrrad zum Thema hatten. Einmal ging es um den Überholabstand, einmal um schnelle E-Bikes.

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12.03.2019

Das Schweizer Strassenverkehrsrecht regelt nicht, mit wie viel Abstand ein Velo überholt werden soll. Der Gesetzestext ist schwammig. Im entsprechenden Artikel heisst nur, dass beim Überholen auf die übrigen Strassenbenützer «besonders Rücksicht» zu nehmen sei. In der Praxis führt das immer wieder zu knappen Überholmanövern, wie Tests auf der Strasse zeigen

Überholabstand muss sein

FPD-Nationalrat Rocco Cattaneo wandte sich darum in einer Motion an den Bundesrat. Er forderte die Landesregierung auf, per Gesetz einen seitlichen Abstand für das Überholen von Velofahrerinnen und Velofahrern festzulegen. Cattaneo schlägt eine differenzierte Regelung für den Mindestabstand vor. In Zonen mit beschränktem Fahrzeugverkehr (Begegnungszone, Tempo-30-Zone) könnte der Abstand auf einen Meter, auf allen übrigen Strassen auf 1,50 Meter festgelegt werden.

Die Antwort der Magistraten fällt ablehnend aus. Der Bundesrat hält die aktuell geltenden Bestimmungen «für ausreichend». Ausserdem sei der Überholabstand kaum zu kontrollieren und ein allfälliges Gesetz damit auch nicht durchsetzbar.

Pro Velo verstimmt

Pro Velo bedauert die Antwort des Bundesrates. Es gebe bereits heute Radargeräte, mit denen seitliche Abstände gemessen werden können, heisst es beim Interessenverband der Schweizer Velofahrenden. Bei Geschwindigkeitskontrollen und Abstandskontrollen auf Autobahnen werde diese Technologie bereits angewendet.

Darüber hinaus wäre es ein wichtiges und wirksames Zeichen sowie eine Interpretationshilfe für Verkehrsteilnehmende, wenn die seitlichen Abstände beziffert würden. Es sei davon auszugehen, dass viele nicht wissen, was unter dem Begriff «genügender Abstand» zu verstehen ist. Entsprechende Regelungen gebe es in verschiedenen europäischen Ländern bereits. Es leuchte nicht ein, warum dies in der Schweiz nicht möglich sein sollte.

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Pro Velo erfreut

Während Pro Velo beim Überholabstand mit der Antwort des Bundesrats nicht einverstanden ist, zeigt sich der Verband über eine zweite Stellungnahme der Magistraten erfreuter. So schlägt der Bundesrat schlägt vor, die Motion von Thomas Hardegger abzulehnen. Der Fussverkehr-Schweiz-Präsident und SP-Nationalrat wollte, dass schnelle E-Bikes nicht mehr als Motorfahrräder, sondern zu Kleinmotorrädern umklassiert werden.

«Pro Velo Schweiz teilt die Ansicht des Bundesrates, dass die Umklassierung von schnellen E-Bikes Probleme nur verlagern und nicht lösen würde», sagt Claudia Bucher. Laut der Kommunikationsverantwortlichen ist Forderung von Thomas Hardegger auch aus Praktikabilitätsgründen wenig sinnvoll: In der Freizeit sind viele Paare, Familien und Gruppen mit verschiedenen Velotypen unterwegs; ein gemeinsames Fahren auf Velorouten wäre nicht mehr möglich, wenn schnelles E-Bikes als Kleinmotorräder eingestuft wären.

«Es ist auch nicht so, dass Velofahrende mit einem schnellen E-Bike in jedem Fall schnell fahren, sondern damit vielleicht einfach einen (Kinder-)Anhänger ziehen wollen», sagt Bucher. Es sei unbestritten, dass Fahrzeuge mit Beleuchtung besser gesehen werden als andere. Ein Obligatorium würde jedoch zu weit gehen und nicht-beleuchtete Velos benachteiligen. Pro Velo lehne daher eine solche Pflicht ab.

Hingegen könne man dem Obligatorium eines Tachometers für schnelle Elektrovelos Positives abgewinnen. Diese Massnahme würde es – in Zusammenhang mit einer Anpassung von Art. 42 Abs. 4 der Verkehrsregelverordnung – erlauben, zu schnell fahrende E-Bikerinnen und -biker zu büssen. Heute sei lediglich eine Verzeigung möglich, da Geschwindigkeitslimiten für Velos und Mofas nicht gelten. «Eine solche Massnahme wäre ein wirksameres Mittel gegen zu schnell fahrende E-Bikes als die vorgeschlagene Umklassierung», so Claudia Bucher.

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Foto: Mirjam Graf