Die Kehrseite der E-Bike Akkus

Die Lithiumionen-Technologie lässt uns mobil sein. Ohne sie gäbe es keine Smartphones, keine Akkuschrauber, aber auch keine Elektrovelos. Sie hat aber auch ihre Schattenseiten. 

no-image

Dominic Redli
22.02.2019

Im Jahr 1800 erfand der italienische Physiker Alessandro Volta den Prototyp der modernen Batterie. Seither hat sich die Technologie stets weiterentwickelt. Die heutigen Lithiumionen-Akkus sind so leistungsfähig wie nie zuvor und haben mobile Geräte erst möglich gemacht. Denn sie weisen eine hohe Energiedichte auf, vertragen viele Ladezyklen und verlieren bei frühzeitigem Wiederaufladen keine Kapazität (Memory-Effekt).

So speisen Lithiumionen-Akkus nicht mehr nur alltägliche Gebrauchsgegenstände wie Smartphones, Rasierapparate oder Akkuschrauber, sondern auch immer mehr Teile am Velo wie Wireless-Schaltungen, Leistungsmesser, Navigationsgeräte oder E-Bike-Antriebe

«Sony brachte die Lithiumionen-Technologie
1991 zur Marktreife.»

Und auch das «Smart Bike», das stets mit dem Internet verbunden ist, allerlei Daten sammelt, bei einem Unfall direkt um Hilfe ruft und seinem Fahrer sowie dessen Servicemann wohl schon bald automatisch Bescheid gibt, sobald die Bremsbeläge verschlissen sind oder die jährliche Sicherheitskontrolle ansteht, wäre ohne die aktuelle Lithiumionen-Technologie undenkbar.

Obwohl Sony die Technologie 1991 zur Marktreife brachte, hat sie heute schon 40 Jahre auf dem Buckel. Gleichwohl werden Lithiumionen-Zellen auf absehbare Zeit der marktbeherrschende Typ für Hochleistungsakkus bleiben. Zwar ist um die Erforschung, Entwicklung und Industrialisierung von Festkörperbatterien ein weltweiter Wettlauf im Gange, Allerdings befindet sich dieser Batterietypus erst im Entwicklungsstadium.

Experten schätzen, dass der Markteintritt frühestens in zehn Jahren gelingen dürfte. Diese als zukünftige Alternative zu den Lithiumionen-Batterien propagierte Technologie kommt ohne Flüssigkeiten aus und soll eine noch höhere Energiedichte – also mehr Energie pro Kilogramm Batterie – sowie eine schnellere Aufladung der Akkus ermöglichen.

Von Asien nach Europa

Für hochwertige Lithiumionen-Akkus werden am häufigsten Zellen des Typs NCA (Nickel Cobalt Aluminium), NMC (Nickel Mangan Cobalt) und LCO (Lithium Cobaltoxid) eingesetzt. Um diese herzustellen, benötigt es in erster Linie folgende Rohstoffe: Cobalt, Lithium, Grafit und Mangan. Alles wertvolle Erden. Und der weltweite Bedarf nimmt zu. Die rasch wachsende Elektromobilität, die Medizintechnik, Meerwasserentsalzungsanlagen aber auch Technologien für erneuerbare Energien gehören zu den grössten Abnehmern.

«Cobalt, Lithium, Grafit, Mangan:
Alles wertvolle Erden.»

Zurzeit wird die Zellherstellung von asiatischen Firmen dominiert, vor allem aus China und Südkorea. Bei der Herstellung hochwertiger Zellen, aus denen bei sogenannten Assemblern wie dem taiwanischen Unternehmen Hitech Energy E-Bike-Akkus zusammengebaut werden, haben sich vor allem die folgenden vier Konzerne einen Namen gemacht: LG Chem, Panasonic, Samsung und Sony.

Bei Hitech Energy in Taiwan werden aus Zellen E-Bike-Akkus.
Beim taiwaner Assembler Hitech Energy werden aus Zellen E-Bike-Akkus.

Um weniger von Asien abhängig zu sein, die Wertschöpfung zu erhöhen – aber auch um Akkus umweltschonender zu fertigen – will die Europäische Union eigene Produktionskapazitäten aufbauen, die von der Beschaffung der Rohstoffe bis zum Recycling der Akkus reichen sollen. So liegen die CO2-Emissionen der Stromerzeugung in Europa mit rund 520 Gramm pro Kilowattstunde deutlich tiefer als in China oder Südkorea, wo jede produzierte Kilowattstunde mehr als 800 Gramm CO2 freisetzt. Dazu kommen die kürzeren Transportwege des schweren Gefahrenguts Akku, was sich auch auf die Kosten auswirkt. 

Kehrseite Cobalt

Das Wunderwerk Lithiumionen-Akku hat aber auch seine Schattenseiten. So werden die benötigten Rohstoffe zu einem grossen Teil in Ländern abgebaut, die politisch instabil sind, wie zum Beispiel in der Demokratischen Republik Kongo. Cobalt etwa wird vor allem dort abgebaut.

Studien zufolge beliefert das Land rund 60 Prozent des Weltmarkts. Die politische Instabilität führt zu hohen Preisschwankungen für den Rohstoff. Zudem gehört die Demokratische Republik Kongo wegen jahrzehntelanger Kriegswirren zu den ärmsten Ländern der Welt. Ensprechend geht der Cobaltbergbau dort menschen- und umweltfeindlich vonstatten. In der Umgebung der Minen sind häufig Böden und Gewässer verseucht und die Menschen krank. Wälder werden abgeholzt, um Platz für den Bergbau zu machen. 

Laut Amnesty International arbeiten in den Minen Kinder im Primarschulalter. Das zu verändern, liegt auch in der Verantwortung der Zellhersteller.

[[YoutubeVideo? &file=`ll7aUgeK3-o`]]


Das Wichtigste in Kürze

• Die Lithiumionen-Technologie hat E-Bikes und Smartphones erst möglich gemacht.

• Obwohl die Technolgie schon 40 Jahre alt ist, bleibt sie in den nächsten zehn Jahren marktbeherrschend.

• Heute dominiert Asien die Fertigung, Europa will nachziehen.

• Der Rohstoffabbau für Lithiumionen-Akkus erfolgt teilweise unter menschen- und umweltfeindlichen Bedingungen.
 

 

Update: 01.03.19

Fotos: Stefano Schröter, Laurens van Rooijen