Ein ständiger Kampf gegen die Schwerkraft

Mit der Volksabstimmung zum «Bundesbeschluss Velo» müssen Strassen angepasst und Verkehrsregeln geändert werden. Wie mit einer sinnvollen Veloförderung auch die Sicherheit steigen kann, das thematisierte die Beratungsstelle für Unfallverhütung BfU an einem Forum diese Woche vor 250 Fachleuten.

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Pete Mijnssen
16.11.2018

Als Input referierte der renommierte Sicherheitsexperte Gert Jan Wijhiuzen aus dem niederländischen Den Haag über die Erkenntnisse aus der Unfallforschung. Sein Institut SWOV untersucht, wie Velofahren in den Niederlanden bei 15 Milliarden km/Jahr auf den 33'000 Velowegen des Landes noch sicherer gemacht werden kann.

Im Gegensatz zur Schweiz, wo die Unfallrate im Veloverkehr konstant hoch bleibt, sind die tödlichen Unfälle in den Niederlanden rückläufig – trotz Zunahme der gefahrenen Personenkilometer. Grundlage dafür ist das 1992 eingeführte Konzept «nachhaltige Sicherheit». Ihm liegt primär eine Trennung der «verletzlichen Verkehrsteilnehmer und des motorisierten Schnellverkehrs» zugrunde. Eine gemeinsame Verkehrsführung ist nur bei tiefen Geschwindigkeiten vorgesehen. Wijhiuzen: «Velofahren ist ein ständiger Kampf gegen die Schwerkraft. Denn der menschliche Körper ist nicht dafür gemacht, zu fallen...» Das gelte es sich vor allem bei Velofahrenden vor Augen zu halten. Diese zu schützen ist der Hintergrund der seit den Siebzigerjahren verwurzelten, vom Staat gestützten Veloförderungspolitik. Mit CycleRap, hat das Institut ein Entwicklungsinstrument für Sicherheit und Veloinfrastruktur in der Hand.

Das anschliessende Podiumsgespräch unter der Leitung von Stefan Siegrist wurde ergänzt durch Regula Rytz, Thierry Burkart, Patrik Eberling (Leiter Verkehrstechnik BfU) und Stéphane Bolognini (Velobeauftragter Stadt Lausanne). Dabei ging es um Schweizer Kreiselplanung, Rechtsabbiegen bei Rot, und natürlich die Frage, wie die Velounfallzahlen reduziert werden könnten.

Gerade beim Thema Kreiselplanung zeigte sich, auf wie viele Akteure in der Schweiz die Planer Rücksicht nehmen (müssen). Die Velofahrenden haben hier bislang keine Priorität gehabt. Kein Wunder sind die Unfallzahlen hoch. Die Runde war sich grundsätzlich einig, dass es auch hierzulande Instrumente braucht, um zu einer verbesserten Veloinfrastruktur zu kommen.

Deutlich wurde auch die unterschiedliche Haltung zu Sicherheitsfragen und Unfallverursacher. Auf die Frage, wer denn Schuld trage an der Dunkelziffer von 50% selbstverursachter Velounfälle, war der holländische Experte am zurückhaltendsten. Velofahren ist eben ein ständiger Kampf gegen die Schwerkraft. Ob alleine unterwegs oder im Konflikt mit anderen Verkehrsteilnehmern: Es gilt, Unfälle zu verhindern. Wohltuenderweise fiel am Anlass kein einziges Mal das Wort «Velohelm».

 

Foto: pixabay.com