Verkauft Dr. V. Love seinen Namen?

Ein Grossverteiler führt Produkte mit dem Label «V Love» im Sortiment. Hat der Doktor seinen guten Namen verkauft?

Dr. V. Love, Velosoph (dr.v.love@velojournal.ch)
VLove, 17.09.2021

Ich bin verwirrt. Kürzlich sah ich ein Werbeplakat eines grossen Schweizer Detailhändlers, der mit M beginnt. Auf dem Plakat prangte in grossen Lettern Ihr Name: V Love. Bei der Werbung geht es aber nicht ums Velofahren, sondern um vegetarische Fertiggerichte, die in viel Plastik verpackt sind. Warum geben Sie für so etwas Ihren guten Namen her?

Freundliche Grüsse

B. Roccoli, Niederurnen

Lieber Herr B. Roccoli

Ich will ganz offen reden: Die goldenen Tage sind vorbei. Nicht nur im Musikbusiness oder im Tennisgeschäft, auch in der Velomagazin-Kolumnisten-Szene. Es waren schöne Zeiten, als ich jeweils meinen Velojournal-Scheck einlöste, danach den Business-Class-Flug Richtung Ibiza buchte, um meine Jacht «Love V» klarzumachen und ein paar Wochen vor den Balearen zu segeln. Gern in Begleitung meiner Bordköche, die nicht nur den Jahrgangs-Champagner kühlstellten, sondern auch frischen Hummer oder die fünf Finger dicke Bistecca alla fiorentina vom Chianina-Rind servierten.

Zusätzliche Entspannung in der milden Mittelmeerbrise verschafften dem hart arbeitenden Kolumnisten auch zuvorkommende Bord-Stewardessen sowie eine schöne Auswahl an Stimmungsmodulierern. Muss ich weiter ins Detail gehen? Ich denke nicht.

Braun gebrannt und tiefenentspannt kehrte meinereiner von diesen Törns zurück, um sogleich angetörnt die nächste Kolumne in die Tasten der Hermes Baby zu hämmern, als wäre sie ein Boogie-
Woogie-Piano.

Tempi passati. Der Markt ist rau, das Geld knapp, die Klugen diversifizieren: Längst verdient Rihanna mehr Geld mit ihrer Beauty- und Kosmetiklinie als mit Musik. Roger Federer mag auf den Courts der Welt langsam seine alten Knochen spüren, als Jung-Entrepreneur bei einer Schweizer Turnschuhmarke ist er aber gerade dabei, sich doch noch eine anständige Rente zu sichern.

Und auch mir als gestandenem Velojournal-Kolumnisten bleibt im Rat Race des späten Spätkapitalismus nichts anderes übrig, als nach neuen Einnahmequellen zu suchen. Für jeden Blödsinn gebe ich meinen Namen nicht her: Anfragen von E-Trottel-Trotti-Unternehmen lehnte ich ebenso ab wie die Offerte der Credit Suisse – dort wollten sie mich zum Nachhaltigkeits-Ambassador machen. Hahaha.

Mit oder von vegetarischen Fertiggerichten kann ich zumindest leben. Wobei: Unter «pflanzenbasiertem Genuss» hätte der grosse Lee Perry (R.I.P.) damals natürlich auch etwas ganz anderes verstanden.

In diesem Sinne: Clip, clop, cloppity cloppity cloppity high, Ihr Dr. V. Love